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Was das Wall Street Journal im Umfeld von Alphabet Inc. aufgeschnappt hat, klingt auf den ersten Blick unlogisch: Google, dessen Einnahmen vor allem aus der Online-Werbung fließen, überlegt demnach, seinen erfolgreichen Browser Chrome mit einem automatischen Adblocker auszustatten. 

Die Funktion soll als Erweiterung automatisch jedem Chrome-Nutzer (Desktop und Mobile) zur Verfügung stehen und standardmäßig angeschaltet sein. Das WSJ beruft sich für seinen Bericht auf anonyme Quellen im Unternehmensumfeld. 

Allerdings soll der Adblocker nur besonders störende Anzeigen ausfiltern – damit ergibt der Plan wiederum Sinn. Denn darunter fallen Formate wie Popups, automatisch abspielende Videos mit Ton oder Vorschaltanzeigen mit Countdown-Timer. Diese Werbeformen werden etwa auch von der Brancheninitiative „Coalition for Better Ads“, in der auch der deutsche Bundesverband Digitale Wirtschaft Mitglied ist, als für Verbraucher unakzeptabel eingestuft.

Die Überlegung von Google: Wenn Nutzer kaum noch auf derart störende Werbung stoßen, sind sie weniger geneigt, Adblocker anderer Anbieter zu installieren. Dabei geht es vor allem um Adblock Plus, die populäre Anwendung des Kölner Unternehmens Eyeo, die nach eigenen Angaben auf mehr als 100 Millionen Geräten installiert ist. Gegenüber Gründerszene wollte ein Unternehmenssprecher von Eyeo die Google-Pläne nicht kommentieren. 

Google soll genauso wie Amazon oder Apple regelmäßig hohe Summen an Eyeo überweisen, um mit seinen Anzeigen auf die Whitelist von Adblock Plus zu kommen und somit nicht vom Werbefilter erfasst zu werden. Für viele Kritiker grenzt die Geschäftspraxis des „Freikaufens“ an Erpressung.

Die Google-Pläne sind also als Versuch zu verstehen, sich aus dem Abhängigkeitsverhältnis mit Eyeo zu lösen. Gleichzeitig geht es aber auch darum, die zunehmende Verbreitung von Adblockern insgesamt zu stoppen. In den USA nutzen mehr als ein Viertel aller Nutzer einen Adblocker, in Deutschland sind es fast ein Drittel. 

Denn gelingt es Google nicht, Online-Werbung als für Nutzer akzeptablen Teil der Internet-Erfahrung zu erhalten, dann wäre das Geschäftsmodell des Suchmaschinenkonzerns bedroht: 2016 machten Werbeeinnahmen etwa zwei Drittel des Konzernumsatzes von knapp 90 Milliarden US-Dollar aus.

Laut dem WSJ kursieren bei Alphabet Inc. noch radikalere Pläne zu dem Thema: So könnte der Chrome-Adblocker auf Websiten, die störende Anzeigenformate enthalten, sämtliche Werbung sperren. Damit wären Seitenbetreiber gezwungen, für all ihre Anzeigenplätze zu garantieren, dass die Werbung den vorgegebenen Standards entspricht.

Bild: Getty Images / Justin Sullivan