Zwei Routiniers: Moderator Udo von Kampen im Gespräch mit BDI-Präsident Ulrich Grillo (rechts)

So schwierig ist das doch gar nicht mit Big Data, dem Internet der Dinge und der Digitalisierung der Industrie. BDI-Präsident Ulrich Grillo gibt ein konkretes Beispiel. Seine Grillo-Werke stellen vor allem Zink her. Die Zink-Dachrinne der Zukunft meldet sich selbstständig im Werk, wenn sie fast durchgerostet ist und ersetzt werden muss. „Dann wird bei uns Zink gewalzt, die Drohne fliegt die fertige Dachrinne vom Händler zum Haus. Nur der Handwerker, der sie anbringt, ist dann noch menschlich.“

Unter den Linden in Berlin. Ein lauer Vorfrühlingsabend. Es herrscht gediegene Atmosphäre in der Hauptstadt-Repräsentanz von Microsoft. Viele Anzugträger im gesetzten Alter sind geladen. Es soll um die transatlantischen Beziehungen gehen. Was können die Amerikaner, das wir nicht können? Und andersherum. Die digitale Ökonomie zwingt deutsche Unternehmen zum Digitalisierungscheck, sagt Grillo in seiner Keynote. Nicht, dass da irgendwo ein Startup um die Ecke kommt, das plötzlich ein Geschäftsmodell zerstört.

„Da macht das Leben mehr Spaß“

Aber richtigen Angstschweiß hat Grillo bei der aktuellen Lage nicht auf der Stirn. Im Gegenteil. Der BDI-Präsident bemüht sich, Optimismus zu verbreiten. „Da macht das Leben einfach viel mehr Spaß“, sagt er mit deutlich erkennbarem Ruhrpott-Einschlag. Zufriedene Lacher im Saal. Die deutsche Industrie sei stark, so Grillo. Und sie werde auch stark bleiben. Na, wunderbar. Das hört man doch gerne.

Der deutsche Mittelstand ist das Rückgrat der heimischen Wirtschaft. Das ist Allgemeinwissen. Zum Allgemeinwissen der digitalen Ökonomie gehören Vokabeln wie Disruption, Big Data, Plattformgedanke, Cluster und Irgendetwas mit 4.0. Die hat Grillo während einer Studienreise ins Silicon Valley gelernt. Passen diese Welten zusammen? Das digitale Wissen sei im Mittelstand noch nicht sehr weit verbreitet, konstatiert Grillo. „Man weiß nicht so richtig, was Big Data eigentlich sein soll. Aber wir machen natürlich mit, sagen die Mittelständler.“

„Augen zu hilft nicht“

Den Arbeitnehmern macht Grillo Mut. Manche Branchen würden zwar verschwinden. Aber es entstünden auch völlig neue Berufsbilder. Grillo: „Wenn man sich damit beschäftigt, ist das faszinierend. Augen zu hilft nicht. Langfristig wird es mehr Beschäftigung geben. Das ist eine große Zukunftschance für die deutsche Wirtschaft.“

Und es geht weiter mit der Optimismus-Offensive. So schlecht, wie oft gesagt und geschrieben werde, laufe es in Deutschland gar nicht. Alleine bei Bosch seien 15.000 Entwickler beschäftigt. Deutschland liege in Sachen weltweit auf einem guten fünften Platz. Grillo: „Wir müssen stärker die Chancen betonen. Industrie können wir in Deutschland.“ Es brauche jetzt lediglich gemeinsame Regelungen zum Datenschutz in Europa, Breitbandnetze und innovatives Denken in neuen Geschäftsmodellen.

Jetzt erstmal Regelungen

Das Thema Datenschutz darf natürlich in dieser Diskussion auch nicht fehlen. „Ja, die Amerikaner versuchen erstmal. Die sind da anders“, sagt Grillo. Das wirke aus europäischer Sicht etwas wie Wilder Westen. Wildwest gibt es an diesem gemütlichen Abend in Berlin nicht. Es regiert die deutsche Sachlichkeit. Nur nichts überstürzen. Wir sind ja bisher auch ganz gut gefahren. Und die Digitalgiganten aus den USA will man nicht als Gegner sehen. Lieber als zukünftige Partner. Grillo: „Das Rennen ist offen. Gemeinsam mit den Amerikanern können wir erfolgreich sein.“

Offenbar werden in Deutschland und Europa zunächst Regelungen vom Gesetzgeber gebraucht – aber dann geht es mit den Innovationen und der Digitalisierung unserer Industrie so richtig los.

Foto: Frank Schmiechen