Börse Lieferdienste

Lieferdienst-Vermittler in der Gegenüberstellung

Die großen Lieferdienste zieht es derzeit auffällig stark an die Börse: Das US-amerikanische Grubhub hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht und den IPO bei der US-Börsenaufsicht beantragt. Nun bestätigte auch das dänisch-britische Just Eat, durch ein Börsenlisting neues Kapital einholen zu wollen. Verschiedene Banken seien bereits für den IPO beauftragt. Auch beim Berliner Unternehmen Delivery Hero, das erst kürzlich mit fast 90 Millionen US-Dollar ausgestattet wurde, könnte nach einer weiteren Finanzierungsrunde ein Börsengang auf dem Plan stehen.

Natürlich sind Grubhub & Co. nicht die einzigen „Tech“-IPOs, die in den kommenden Monaten anstehen. Ganz im Gegenteil: Vom China-Google Alibaba über den Spielegiganten King.com bis Zalando reicht die Liste der Börsenkandidaten weltweit. Und doch lässt sich gerade bei den Lieferdiensten eine besondere Börsenaffinität feststellen.

Grund dafür dürfte nicht zuletzt der starke Wettbewerb in der Branche sein. Etwa in den USA: Nach dem Zusammenschluss mit Seamless ist das US-amerikanische Grubhub zwar der Platzhirsch im Heimatmarkt. Gleichzeitig muss es das unter den vier Marken GrubHub, Seamless, MenuPages und Allmenus agierende Unternehmen mit etlichen kleinerer Anbieter aufnehmen. Dem Unternehmen ist das bewusst – in den IPO-Papieren heißt es: „Wir verfügen über eine kurze operative Historie in einer sich entwickelnden Branche, was es schwierig macht, unsere Zukunftsaussichten zu beurteilen und was das Risiko erhöhen könnte, dass wir nicht erfolgreich sind.“

Grubhub gibt in den Unterlagen einen Einblick in die Geschäftszahlen – schummelt dabei aber etwas. So weist das US-Unternehmen für 2013 rund 137 Millionen US-Dollar Umsatz aus, was rund zwei Drittel mehr als im Vorjahr und mehr als doppelt so viel wie 2011 gewesen sei. Allerdings sind die Zahlen der Grubhub- und Seamless-Plattformen vor und nach dem Zusammenschluss im August 2013 nicht ganz wahrheitsgemäß aufbereitet. Tief verborgen in den Börsenunterlagen finden sich nämlich die eigentlichen Proforma-Werte: Bei denen fällt das Wachstum der beiden Plattformen mit zusammen 43 Prozent deutlich geringer aus, wie Forbes zurecht anmerkt. Zusammen wurden bislang 135 Millionen US-Dollar an VC-Geld aufgenommen.

3,4 Millionen Kunden und 107.000 Bestellungen täglich hat Grubhub nach eigenen Angaben. Nicht zuletzt angesichts des kleinteiligen Wettbewerbs dürfte das weitere Wachstum allerdings immer teurer werden. Neue Kunden müssen, abseits von Zukäufen, vom Bestellen über das Internet erst noch überzeugt oder von den Wettbewerbern abgeworben werden. Da sich die einzelnen Lieferdienste kaum voneinander unterscheiden, kostet eine Profilierung über das Marketing viel Geld. So viel Geld, dass im gegenwärtigen Tech-Hype der Schritt an die Börse wohl am vielversprechendsten ist.

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Ist Just Eat bis zu 1,5 Milliarden Dollar wert?

Auf bis zu eine Milliarde US-Dollar könnte sich die Bewertung von Grubhub belaufen. Damit wäre das Unternehmen weniger wert als der dänisch-britische Wettbewerber Just Eat. Dessen Ziel könnte bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar sein. Bei einem angegebenen Umsatz von umgerechnet gut 160 Millionen US-Dollar fällt Just Eat in die gleiche Größenklasse wie Grubhub. Mit einer Gesamtfinanzierung von 89,1 Millionen US-Dollar von Vitruvian Partners, Index Ventures, Greylock Partners und Redpoint Ventures ist Just Eat jedoch im Vergleich finanziell nicht so komfortabel ausgestattet wie die Konkurrenten aus den USA oder Deutschland. Gerade erst hat Just Eat den Wettbewerber Meal2Go übernommen.

Die hohe Bewertungen der Lieferdienst-Vermittler könnten – neben des Ausnutzens der Markenbekanntheit und des gegenwärtig positiven Umfelds – auch ein Grund sein, warum diese mit der Börse liebäugeln, statt weiter auf VC-Geld zu setzen. Mit seiner schlagzeilenträchtigen Finanzierungsrunde über fast 90 Millionen US-Dollar im Januar hat der Berliner Anbieter Delivery Hero seine Finanzierungsbasis auf 222 Millionen US-Dollar ausgebaut. Um sich international durchsetzen zu können, ist nun schnelles Handeln gefragt – und das kostet Geld. Neben einer weiteren Finanzierungsrunde, dürfte Delivery Hero daher wohl gespannt die IPO-Entwicklung bei den beiden Wettbewerbern beobachten. Sollten die IPOs erfolgreich verlaufen, wird man kaum lange fackeln.

Denn auch der in Deutschland, Großbritannien, Schweden, Finnland, Russland, China, Mexiko und Indien tätige Anbieter braucht immer mehr Geld, um den Wachstumsimpuls aufrecht zu erhalten. Zum einen sollen die Bestandsmärkte gestärkt werden, verriet Delivery-Hero-Chef Östberg im Interview. Aber auch neue Märkte hat das Berliner Unternehmen im Visier. In Vergangenheit hatte sich jedoch gezeigt, dass der Schritt in andere Länder nicht immer ganz einfach ist: Die Essens- und Bestell-Gewohnheiten sind unterschiedlich, aber auch die Verbundenheit zu lokalen Anbietern. So musste Delivery Hero die russische Marke aufgeben und arbeitet dort nun mit einem der regionalen Anbieter zusammen.

Eine halbe Milliarde US-Dollar setzt Delivery Hero nach eigenen Angeben derzeit für die angeschlossenen Restaurants um – eine durchaus imposante Zahl. Allerdings verweisen Grubhub und Just Eat mit 1,3 Milliarden respektive 1,6 Milliarden US-Dollar hier auf das gut zwei- und dreifache.

Und die Profitabilität? Delivery Hero gibt an, im Heimatmarkt bereits profitabel zu sein. Gleiches gilt gerüchteweise für den Just Eat. Beim fusionierten Grubhub war die übernommene Seamless-Plattform zwar zuvor profitabel, die Übernahme- und Integrationskosten für das Gesamtgebilde werden jedoch erst einmal rote Zahlen bedeuten – auch weil Grubhub selbst immer noch Verluste machte.

Unter dem Strich wird die Motivation der Lieferdienst-Anbieter, sich in absehbarer Zeit frisches Geld an der Börse zu holen, überaus deutlich: Bei vielen kleinen Wettbewerbern im großen Heimatmarkt und hohen Wachstums- und Internationalisierungskosten versprechen sich Grubhub, Just Eat und womöglich bald auch Delivery Hero neben finanziellen Mitteln dabei sicherlich auch den „eingebauten“ Marketing-Effekt eines IPO. Deren jeweilige Erfolge werden dabei nicht nur für die Unternehmen selbst, sondern auch für die Startup- und Tech-Szene mit großem Interesse verfolgt werden – immerhin könnten sie Wegbereiter für Börsenlistings vieler weiterer Jungunternehmen sein.

Bild: © panthermedia.net / Leung Cho Pan