Ein Beitrag von Christian Siegele, Managing Partner und Initiator des Risikokapitalgebers Capnamic Ventures.

Die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland ist auf einem Rekordtief; eine Besserung ist nicht in Sicht. Zu diesem düsteren Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, die von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft in Auftrag gegeben wurde. Wir von Capnamic Ventures können diesen Trend nicht beobachten. Im Gegenteil: Jahr für Jahr fragen immer mehr Startups Finanzierungen bei uns an, allein im ersten Halbjahr erreichten uns 600 Anfragen. Die Stimmung in der deutschen Gründerszene ist unverändert gut.

Wann der ideale Zeitpunkt zum Gründen ist, muss jeder für sich entscheiden – es bedarf natürlich der richtigen inneren Einstellung. Aber die externen Faktoren sind derzeit besser als je zuvor! Unsere Top-5-Gründe, warum man das Projekt Startup gerade jetzt wagen sollte:

1. Geringe Kosten

Die Kosten für den Markteintritt sind durch das Internet auf ein nie zuvor da gewesenes Niveau gesunken. Reichweite lässt sich ganz einfach per Knopfdruck hochfahren. Wer zum Beispiel eine App veröffentlicht, kann diese über die bestehende Infrastruktur mit nur wenigen Klicks in über 100 Ländern gleichzeitig live schalten und so weltweit Kunden ansprechen. Mit dieser schnellen Marktdurchdringung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Gründer die kritische Anfangsphase überstehen.

2. Einfache Finanzierung

Der Markt für Wagniskapital in Deutschland ist gereift und bietet immer mehr Finanzierungsquellen. Somit kommen Gründer auch immer einfacher an Kapital. Das gilt insbesondere in der Frühphase. Die Anzahl der Seed- und Frühphaseninvestoren steigt seit Jahren kontinuierlich an. Das sind unabhängige oder von Unternehmen finanzierte Fonds, aber auch erfolgreiche Gründer, die ihr privates Kapital auf Grund der Rendite-Chancen in das Ökosystem reinvestieren. Das gewachsene Finanzierungsangebot und die niedrigen Start-Kosten haben den Markteintritt also deutlich erleichtert.

3. Digitalisierungstrend schafft grüne Wiesen

Die Digitalisierung erobert fast alle Branchen. Schon lange beschränkt sich die digitale Revolution nicht mehr nur auf E-Commerce und Online-Medien. Immer mehr Sektoren wie zum Beispiel das Finanz- oder Gesundheitswesen werden digital. FinTechs und E-Health-Anbieter schießen wie Pilze aus dem Boden. Da wir die Brücke zwischen Old und New Economy schlagen, bekommen wir die Digitalisierung alter Industrien hautnah mit. Es lohnt sich, als Unternehmer auf diesen Zug aufzuspringen, denn es gibt immer noch viele grüne Wiesen, die es zu bespielen gilt. Wir jedenfalls sind gespannt, welche zukünftigen Produkte und Services unser Leben bereichern werden.

4. Gründen als Selbstverwirklichung – der Zeitgeist passt

Wenn wir Gründer fragen, was sie antreibt, hören wir häufig Argumente wie „Ich wollte etwas machen, was mich erfüllt“ oder „Mir ist wichtig, dass mir die Arbeit Spaß macht“. Die Motivation von Jungunternehmern ist heute meist intrinsisch – sie wollen keinen Nine-to-five-Job, mit dem sie sich nicht identifizieren können. Sie wollen die Welt bewegen. Natürlich müssen Gründer gegenüber ihren Geldgebern Rechenschaft ablegen. Aber unter dem Strich haben Gründer weit mehr Freiräume als Angestellte. Hinzu kommt der gesellschaftliche Mehrwert, den Unternehmer schaffen, indem sie für technischen Fortschritt, mehr Wettbewerb und neue Arbeitsplätze sorgen. Dieser Beitrag zum gesellschaftlichen Wohlstand ist nicht nur ein befriedigendes Gefühl für Gründer, sondern wird auch zunehmend stärker von der breiten Bevölkerung respektiert und gewürdigt.

5. Auch wer scheitert, verdient Respekt

Viele gute Ideen bleiben ein Gedankenspiel, weil die Angst vor dem Scheitern so groß ist. Doch auch hier ändert sich die Einstellung zugunsten von Gründern: Wer mit einer guten Idee auf Grund läuft, erntet auch hierzulande immer mehr Anerkennung dafür, dass er oder sie es versucht hat. Was in der amerikanischen Mentalität tief verankert ist, ist somit auch in Deutschland angekommen: Keiner wird mehr ausgegrenzt, nur weil sein Plan nicht aufgegangen ist. Man findet vielmehr Zuspruch, nochmals an den Start zu gehen. Von den Bruchpiloten unter den Gründern hören wir oft, dass sie nichts bereuen. Gerade Startup-Unternehmer müssen sich als Experten auf diversen Gebieten, von der Entwicklung, über das Recruiting bis hin zum Marketing und Vertrieb beweisen. Neben einer ordentlichen Portion Mut gehört zum Gründen auch viel Engagement und Leidenschaft. Das verdient auch Respekt.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Capnamic Ventures

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