Taxis und Transen, Parken und Pöbeln

Einen Punkt, den wir alle heute Abend dringend noch an unser umfangreiches Nachtgebet anhängen sollten: Danke, lieber Gott, dass wir nicht in San Francisco leben müssen! Ein paar Vaterunser extra sollten dafür schon drin sein, denn wie man hört, ist dieser Ort ein grausliges Dreckloch, wo Transvestiten die Taxis blockieren und aufrechte Bürger nicht zu jeder beliebigen Uhrzeit im T-Shirt umherspazieren können, was natürlich eine bodenlose Frechheit von diesem dämlichen Scheißwetter ist.

Findet jedenfalls Peter Shih, Gründer des Startups Celery (einer Bezahl-App, die Unternehmen hilft, Kreditkarten zu akzeptieren). Er veröffentlichte am Mittwoch einen dampfenden Anti-San-Francisco-Rant (hier ein Screenshot des inzwischen gelöschten Posts) auf der Meinungsplattform Medium und wird seitdem in Blogs und Foren als veritabler Dummbatz verlacht.

Die Liste der Punkte, die er an San Francisco zu bemängeln hat, ist lang: Das Wetter! Die Fahrradfahrer! Der öffentlicher Personennahverkehr! Klassische Lamentier-Themen greiser Meckeropas also, die von ihrem Fensterplatz mit Unterlegekissen falschkackende Hunde bepöbeln. Mit dem kleinen Unterschied, dass Peter Shih kein hutzliger Frustrentner ist, sondern privilegierter Teilnehmer am hochrenommierten Y-Combinator-Programm, einem der exklusivsten Startup-Inkubatoren.

Das Wetter: „Wie eine Frau mit Dauer-PMS!“

Nach Art eines gehätschelten Edelsöhnchens echauffiert er sich nun darüber, mitunter einstündige Busfahrten zusammen mit Obachlosen antreten oder immerzu ein Jäckchen mit sich führen zu müssen – das Wetter verhalte sich in SF nämlich wie eine „Frau mit niemals endendem PMS-Syndrom“.

Überhaupt, die Frauen! Von denen gibt es in San Francisco – oder in Shihs lustiger Ballaballawelt – genau zwei Kategorien: „Ladies“, die man bitteschön nicht mit Techcrunch-Schwadronagen belästigen soll, und so genannte „49ers“: Frauen nämlich, die in Shihs Bewertungssystem von 1 bis 10 nur eine 4 bekommen, „sich aber benehmen, als seien sie eine 9“: „Just because San Francisco has the worst Female to Male ratio in the known universe doesn’t give you the right to be a bitch all the time.“ Schlimmer sind dann wirklich nur noch Obdachlose und Fahrradfahrer. Oder obdachlose Fahrradfahrer – the horror, the horror!

Ungut auch, findet Shih: Die hohe Kriminalitätsrate. Zumindest die Tatsache, dass all die lästigen Verbrechen so nah an seiner Wohngegend begangen werden: „Imagine taking The Bronx and just having it take a shit in the middle of Manhattan“.

Zwischenzeitlich hatte Peter Shih seinem Post einen Disclaimer hinzugefügt, der seine Meckerliste als Satire kennzeichnet. Er hatte seinen Eintrag zusätzlich entschärft, die wüstesten Pöbeleien rausgenommen. Und er bat darum, bei allen Hassreaktionen doch bitte sein Startup aus der Sache rauszuhalten. Schließlich löschte der den Post ganz.

Vermutlich vergebliche Liebesmüh in einer Kultur, die Gründer und Gründung gerne gleich setzt. Und natürlich viel zu spät, denn der Shitstorm schleudert längst fröhlich Fäkalien in Richtung Shih und Celery – und nimmt gleich alle zugezogenen Startup-Typen mit in Sippenhaft: „Meine Liste der Dinge, die ich an San Francisco hasse“, postet ein Blog-Kommentator: „The entitled ,visionary‘ assholes moving here“. Den tröstlichsten Kommentar indes liefert ein anderer Kommentierer: „Don’t worry, he won’t live here in a year.“

PS: Die poetischste Reaktion – ein eigens verfasstes Gedicht.

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