Guerilla Marketing Tipps

Ein Beitrag von Stefan Frisch. Er ist seit 18 Jahren im Bereich Low-Budget Marketing und als Sprecher und Workshopleiter selbstständig. 

Überraschen statt unterbrechen

Klassisches Marketing ist wie ein verzweifelter Betrunkener in der Disko: Er stört die Frauen beim Tanzen und spricht so lange jede auf der Tanzfläche an, bis er vielleicht bei einer von ihnen landet. Das dauert unter Umständen lange und ins Marketing übertragen heißt das: Es kostet viel Geld.

Guerilla-Marketing setzt dem eine Alternative entgegen: Durch Überraschung Aufmerksamkeit erregen. Meist spielt dabei Ungewöhnliches, Unerwartetes, oft auch Humor eine Rolle. Denn: Humor kommt an – nicht nur bei den Frauen, auch bei den Kunden da draußen. Beispiele für überraschendes Guerilla-Marketing sind hier zu finden.

Wer lacht, ist offen – offen für Botschaften

Der Humor dient dabei meist als Türoffner zur Aufmerksamkeit der Menschen, etwa wenn die Filmgesellschaft Werbung für den aktuellen Monsterfilm mit 4 Meter großen Fußabdrücken am Badestrand macht. Nach dem ersten Erstaunen kommt dann das Lachen. Und das führt dazu, dass sich der Film ins Gedächtnis einprägt: Guerilla-Marketing-Mission erfüllt.

Doch die Marketing-Guerilleros gehen mittlerweile weiter und haben den Gedanken weiterentwickelt. Längst steht nicht mehr nur die spektakuläre Aktion im Vordergrund, die für einen Brüller und die virale Verbreitung in den sozialen Netzwerken sorgt, sondern der künftige Kunde wird anderweitig überrascht und fasziniert.

Guerilla Marketing 2.0: Unterstützen statt unterbrechen

Beeinflusst durch die Ergebnisse der neuen Disziplinen wie des Service-Designs, Touchpoint Managements und der User Experience sowie der immer weiter grassierenden Werbemüdigkeit rückt man vom Gedanken des (wenn auch humorigen) Unterbrechens ab und wendet sich ganz dem Kunden zu: Er soll unterstützt, begleitet, beraten werden. Service ist das neue Marketing – auch im Guerilla-Marketing! Es sind dabei vor allem fünf Fragen, die sich dem Guerilla-Marketeer stellen:

Frage eins: Wo trifft man den Kunden?

Für den Guerilla-Denker ist der Ort, an dem der Kunde angesprochen werden soll, extrem wichtig. Der früheren Frage im klassischen Marketing: „In welchem Medium soll inseriert werden, um den Kunden anzusprechen?“, wird die Frage nach dem Ort entgegengesetzt: Wo bewegt, lebt, vergnügt sich der künftige Kunde, wo kauft er ein et cetera.

An welchem dieser Orte trifft man ihn in einer Situation, in der man ihn nicht stört, sondern ihm in seinem Entscheidungsprozess behilflich sein kann? Es wird also nicht mehr unbedingt versucht, den Kunden zu überfallen – sondern zum richtigen Zeitpunkt bereit zu stehen um ihm behilflich zu sein.

Frage zwei: Wie kommuniziert der Kunde?

Welche Medien und sonstigen Kommunikationskanäle, welche Einkaufsquellen nutzt der künftige Kunde und wie kann man ihn dort treffen, abholen und mit ihm ins Gespräch kommen? Von Anfang an haben sich unter dieser Fragestellung die sozialen Netzwerke als ein wichtiger Kommunikationskanal für jeden Guerilla-Marketeer entwickelt: Hier kommuniziert nicht nur der Kunde, hier verbreiten sich auch die Meldungen der Guerilla-Marketing-Aktionen so schnell und einfach wie nie zu vor. Social Media Marketing ist deshalb heute integraler Bestandteil einer jeden Guerilla-Marketing-Strategie!

Oft bieten sich aber auch Nischenmedien wie Vereinszeitschriften, Branchenmedien oder Special-Interest-Portale an, um dort die Kommunikation zu den zukünftigen Kunden auf zu nehmen. 

Frage drei: Was erwartet der Kunde?

Vom Service Design Thinking inspiriert, stellt sich vor allem die Frage: Was erwartet der Kunde in der jeweiligen Situation und wie lassen sich diese Erwartungen positiv übertreffen? Denn werden die Kundenerwartungen übertroffen, dann beginnt das Buzz-Marketing: Er beginnt darüber zu sprechen, empfiehlt weiter, lobt, schreibt positive Kritiken im Netz.

Dabei hilft die sogenannte Customer Journey, eine Analyse der einzelnen Stationen eines Kunden im Unternehmen, die jeden Schritt, den der Kunde im Unternehmen macht analysiert. Zu jeder Situation werden seine Erwartungen mit den tatsächlichen Erfahrungen abgeglichen und systematisch verbessert, so lange, bis das Einkaufserlebnis zu einem einzigartigen Erlebnis wird! 

Frage vier: Da, Da, Da: Davor, Dabei, Danach

Die klassische Aufteilung des Kaufprozesses in Pre-Sales, Sales und After-Sales wird übernommen und auf die Einkaufssituation durch das Touchpoint Management übertragen: Was macht der Kunde typischerweise, bevor er kommt und was macht er, nachdem er hier war? Welche Möglichkeiten gibt es, ihn früher als bisher abzuholen oder länger als bisher zu begleiten?

Wenn es gelingt, den Kunden frühzeitig anzutreffen, ihn länger auf seinem Weg der Kaufentscheidung zu begleiten, dann schlägt sich das direkt in Umsatz nieder. Zudem bietet es die Chance, die letzte Frage für sich zu entscheiden:

Frage fünf: Wie baue ich eine Beziehung auf?

Vor allem für kleinere Marktteilnehmer ist die Beziehung DAS entscheidende Kriterium. Beim Preiskampf können sie gegen die großen Mitbewerber nicht ankämpfen – bei der Kundenbeziehung schon! Deshalb steht der Beziehungsaufbau ganz vorne in den Bemühungen der Marketing-Guerilleros. Eine Beziehung baut auf Vertrauen, wer Vertrauen hat, kauft – und zwar beim Händler seines Vertrauens!

Auch hier helfen die gedanklichen Ansätze des Service Designs weiter, denn sie schaffen Ideen, wie der Service so gut gestaltet werden kann, dass er den Kunden begeistert. Wer fürchtet, keine Ideen zu generieren, der greift zurück auf Kreativitätstechniken wie die Methode 6-3-5, sie liefern innerhalb kürzester Zeit Dutzende, ja Hunderte neuer Ideen.

Die obigen fünf Fragen müssen so beantwortet werden, dass etwas passiert, das der Kunde hier, in der Situation, an diesem Ort, in dieser Branche zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet, das ihn überrascht, fasziniert, erstaunt. Und natürlich geht es dabei nicht darum, nur belangloses Feuerwerk zu inszenieren: ein Unternehmen wird nicht dadurch besser, dass es seine schlechte Ware plötzlich mit tanzenden Funkenmariechen verkauft. Der Kunde muss einen echten Mehrwert, einen dicken Mehrnutzen erfahren, damit er überrascht und begeistert wird, damit er anderen davon erzählt, damit er wiederkommt.

Für Startups ist Guerilla-Marketing erst der Anfang

Für Startups bedeutet das vor allem eines: Guerilla-Marketing-Aktionen sollten niemals nur spektakulär und witzig und am Ende nur Selbstzweck sein, sie müssen eingebettet werden in eine Gesamtstrategie. Die große, lustige, überraschende Aktion steht am Beginn einer Kundenbeziehung. Wenn Guerilla-Marketing es schafft, die Aufmerksamkeit des Kunden auf sich zu ziehen, dann fängt richtiges Guerilla-Marketing erst an.

Und so ist erfolgreiches Guerilla-Marketing vor allem eine Frage der richtigen Fragen – und der passenden Antworten!

Guerilla-Marketing als Gründerszene-Seminar

Stefan Frisch gibt für Gründerszene am 11. Juni 2014 ein Seminar zum Thema Guerilla-Marketing und wird Dir zeigen, wie auch Du erfolgreich eine Guerilla-Marketing-Kampagne planen und aufsetzen kannst.

Bildquelle: Stefan Frisch