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konstantin-mehl-kaia Konstantin Mehl

Es ging los, als Konstantin Mehl in New York studierte. „Mir ging es damals so krass schlecht“, erzählt er. Zwei Jahre lang litt der Gründer unter chronischen Rückenschmerzen. Der Auslöser? „Ich glaube, ich habe übertrieben viel Tennis gespielt.“ Über die Schmerzen gesprochen hat er allerdings wenig. „Im Master-Studium sind ja alle zu cool drauf“, sagt Mehl und lacht.

Auf einen Therapieplatz musste er damals lange warten. „Da ist der Drang zur Selbsthilfe groß.“ Heute, zwei Gründungen und vier Jahre später, will Mehl sein altes Problem unternehmerisch angehen – mit Kaia Health. Das neue Startup hat der 27-Jährige vor einem Jahr gemeinsam mit Manuel Thurner gestartet. Mit ihm gründete Mehl 2014 bereits das Lieferstartup Volo. Später wurde es unter dem Namen Foodora bekannt, nachdem es das Gründerteam an Rocket Internet verkauft hatte.

Kurz darauf verließen Mehl und Thurner Foodora – und begannen mit der Entwicklung ihres ersten Produktes von Kaia. Dabei unterstützten sie Experten des „Klinikums rechts der Isar“ der TU München. Herauskam eine App gegen Rückenschmerzen.

Kaia soll Kranken helfen, die in ärztlicher Behandlung sind, ihre Therapien erfolgreicher zu machen. Dazu bietet die App verschiedene Optionen: Zunächst können die Nutzer ein Übungsprogramm zusammenstellen und ihre Fortschritte verfolgen. Die Übungen werden von einem Trainer in Videos erklärt. Patienten können bewerten, welche sie leicht und welche sie zu schwierig finden. So soll sich das Programm an die persönlichen Bedürfnisse anpassen. Außerdem geben die Patienten jeden Tag an, wie schlimm ihre Schmerzen sind und wie gut sie geschlafen haben. Weiter gibt es Entspannungsübungen und einen Chatbot in der App, der Wissen über die Krankheit vermitteln soll. Die Patienten sollen so detaillierter mit ihrem Arzt über ihre Entwicklung sprechen können und regelmäßig zur Physiotherapie animiert werden.

Ein neues E-Health-Projekt zur Therapie von Rückenschmerzen, bei welchem unter anderem Kaia und auch die AOK Bayern Partner sind, wird nun mit fünf Millionen Euro gefördert. Die Förderung zahlt der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses – eine Organisation der Ärzte und Krankenkassen, die zum Beispiel den Leistungskatalog für gesetzliche Krankenkassen definiert. An einer Finanzierungsrunde für mehr Kapital arbeitet das Startup außerdem gerade.

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kaia-screenshots So sieht es in der App aus

Denn Konstantin Mehl plant, zu expandieren: Im Januar wird ein Büro in New York eröffnet. Später einmal soll Kaia in asiatischen Märkten starten. „Die Probleme dort sind ganz andere“, sagt der Gründer. „Man stellt sich die Frage, wie man die Menschen überhaupt an das Gesundheitssystem anschließen kann. Sobald etwas physisch vor Ort sein muss, wird es meist zu teuer. Viele Ärzte und Klinikbesitzer, die ich getroffen habe, glauben, dass nur Digital Health das lösen kann.“

Digital Health boomt

In dem Bereich tut sich derzeit auch in Deutschland viel. Zum Beispiel sicherte sich das Berliner Startup NewSenseLab vor kurzem für seine Idee eine Finanzierung des High-Tech Gründerfonds. Es entwickelt eine App, die Erkrankten dabei helfen soll, mit ihrer Migräne umzugehen. Näher an Kaias Ansatz ist das neue Startup der Food-Express-Macher Max von Waldenfels und Benjamin Pochhammer. Sie wollen mit Caspar-Health verschiedene Reha-Therapien digitalisieren. Im Sommer investierte unter anderem der bekannte Business Angel Christophe Maire in das Unternehmen.

Der Gesundheitsbereich ist zwar streng reguliert, doch es steckt viel Geld für die Startups darin. Konstantin Mehl hat sich verschiedene Möglichkeiten überlegt, um mit Kaia etwas zu verdienen. Im Moment vertreibt er seine App vor allem an Versicherungen und Unternehmen, welche dann die gekauften Accounts an ihre Versicherten oder Mitarbeiter verteilen. Denkbar sei außerdem ein Monatsabo für Privatleute. „Die Zahlungsbereitschaft ist hoch“, glaubt der Gründer. „Die meisten Menschen, die schlimme Schmerzen haben, haben schon viel ausprobiert, was teuer ist und nicht hilft.“ In Zukunft soll die Abrechnung seines Programms über verschiedene Versicherungen möglich sein.

Die Betaphase der App ist seit kurzem abgeschlossen, bei einem kurzen Test in der Gründerszene-Redaktion läuft Kaia reibungslos. Mehl sagt, er versuche bei Kaia einen Mittelweg zwischen Produktfokus und schneller Expansion zu finden. Anders als bei Foodora.

„Zurück auf Null zu gehen, das macht mir einfach Spaß“

Der Gründer erzählt: „Bei Foodora hatten wir am Anfang eine Liste mit 100 Innovationen.“ Doch er habe nach dem Einstieg von Rocket Internet davon kaum welche umsetzen können. Denn: „Will man mit dem Modell erfolgreich sein, muss man schnell skalieren und in viele Märkte gehen.“

Als Mehl dann seine neue Idee kam, verließ er das Lieferstartup. „Zurück auf Null zu gehen, das macht mir einfach Spaß.“

Von vorn angefangen hat Konstantin Mehl schon ein paar Mal. Seine erste Unternehmensidee kam ihm nach dem Abitur bei einem Besuch auf den Philippinen. „Ich habe da sehr gerne Kokoswasser getrunken“, erzählt Mehl heute. „Also dachte ich, meine Freunde zu Hause würden das garantiert auch tun.“ Der Gründer importierte 50 Liter, lud Freunde in seine Wohnung ein und servierte das Getränk. Doch deren Begeisterung hielt sich in Grenzen, Mehl blieb auf seinem Wasser sitzen.

Während seines Chemie- und BWL-Studiums startete er dann 2013 den zweiten Versuch: ein Blumen-Startup in Amsterdam. Das Konzept: Personalisierte Sträuße sollten von dort nach Europa verschickt werden. Doch das Management-Team und die Investoren hätten einfach nicht zusammengepasst, erinnert sich Mehl. „Ich hätte das eigentlich merken müssen, als wir die Finanzierungsrunde auf der Yacht eines Investors in Monte Carlo gefeiert haben“, er lacht. Nach knapp einem Jahr verließ er sein Startup wieder.

Die Projekte des Gründers sind mit den Jahren komplizierter geworden. Mit Kaia steht er zwar noch am Anfang, doch sein letztes Startup soll das Unternehmen nicht bleiben. „Ich habe eine ganze Liste an Dingen, die ich bauen will“, so Mehl. „Wäre ja schade, wenn die liegen bleiben.“

Bild: Konstantin Mehl