Healthy Hub Elmar Waldschmitt
Startups leisten einen wertvollen Beitrag für ein digitales Gesundheitssystem – der Healthy Hub hilft ihnen, sich im ersten Gesundheitsmarkt zu etablieren. Auf dem Bild zu sehen sind drei der Initiatoren: Lars Schreiber, Anja Schweitzer und Dr. Elmar Waldschmitt (v.l.n.r.).

 

Der Healthy Hub bringt Startups in die Gesetzliche Krankenversicherung

Wie steht es eigentlich um die Digitalisierung des Gesundheitswesens? Mit fast 240 Milliarden Euro Umsatzvolumen ist der erste Gesundheitsmarkt, also der Markt der Gesetzlichen Krankenversicherung, ein gewaltiger Wirtschaftszweig – und doch fehlt es ihm an digitaler DNA. Warum? Durch die vielen Regulationen ist es für Startups leider nicht so ganz einfach, mit ihren technologischen Innovationen hier Fuß zu fassen. Doch neue Technologien sind zunehmend gefragt, damit unsere Versorgung besser und effizienter wird.

Mit dem Healthy Hub bieten fünf Krankenkassen E-Health-Gründern jetzt ein Sprungbrett in den ersten Gesundheitsmarkt: 2018 geben BIG direkt gesund, mhplus BKK, HEK, SBK und IKK Südwest fünf Startups die Chance, ihre Lösungen unter echten Marktbedingungen zu testen. Ziel ist es, diese Lösungen systematisch zu evaluieren, ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit sicherzustellen und im Idealfall gemeinsam den Rollout durchzuführen.


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Bewerben können sich E-Health-Startups, die digitale endkundenorientierte Lösungen entwickeln, über einen Prototyp verfügen und die für ihre Angebote eine Erstattung durch die Krankenkasse anstreben.

Dr. Elmar Waldschmitt ist Geschäftsführer des Healthy Hub und Leiter Unternehmensentwicklung der BIG direkt gesund. Er gibt im Interview einen Einblick in das Programm und einen Überblick über die digitalen Ambitionen der Gesundheitsbranche.

Herr Dr. Waldschmitt, wie entstand die Idee zum Healthy Hub?

Als Krankenkasse haben wir darüber nachgedacht, wie man systematisch marktfähige und nützliche Innovationen erschließt. Wir wissen, dass sich unsere Versicherten wirklich sehr für digitale Lösungen interessieren, und es gibt ja auch bereits jede Menge Ideen für den Gesundheits- und Versorgungsbereich. Doch es ist schwierig, diese Fülle zu durchblicken und einzuordnen.

Neben BIG direkt gesund sind vier weitere Krankenkassen involviert. Wie kam diese Konstellation zustande?

Wir haben eine Ersatzkasse, zwei Betriebskrankenkassen und zwei Innungskrankenkassen an Bord. Diese Zusammensetzung ist aber nicht dem Zufall geschuldet. Es war das gleiche Ziel, das uns zusammenführte, nämlich etwas für unsere Kunden zu bewegen. Einige Krankenkassen kannten sich bereits von gemeinsamen Projekten. Das ist gut, denn so ist wichtiges Grundvertrauen da. Man darf ja auch nicht vergessen, dass wir untereinander im Wettbewerb stehen.

Elmar Waldschmitt Healthy Hub
„Wir gehen dahin, wo es wirklich zählt: zu unseren Kunden. Der Healthy Hub bietet echte GKV-Markttests. Was bei uns funktioniert, sollte in der ganzen GKV funktionieren“, sagt Dr. Elmar Waldschmitt.

Was zeichnet den Healthy Hub aus?

Wir sind überzeugt, dass wir ein sehr faires Design für unseren Wettbewerb gewählt haben. Wir wollen die Startups operativ nicht zu sehr binden. Und wir möchten ihnen die Möglichkeiten geben, mit anderen Partnern, auch mit Wettbewerbern, ihre Idee weiterzuentwickeln – es wird also keine Exklusivität gefordert. Während der zwölf Monate werden die Startups ihre Lösung im Echtbetrieb einer der fünf Krankenkassen auf Markttauglichkeit prüfen. Sie erhalten unter anderem Coaching, rechtliche Beratung und Zugang zu wichtigen Netzwerken. Außerdem bieten wir ihnen die Chance auf einen Anschlussvertrag nach der Pilotzeit.

Mit Blick auf die digitale Transformation: Was sind für Krankenkassen aktuell die größten Pain Points?

Unsere Branche ist von vielen Regulierungen umgeben. Man denke nur an den strengen Datenschutz oder die Anforderungen an Vergabeverfahren. Trotzdem brauchen wir dringend kreative digitale Ansätze, um Versorgung, Behandlung und Prävention besser, schneller und einfacher zu gestalten. Zudem gibt es bei den Akteuren noch viele Fragezeichen über den Verlauf von großen Digitalprojekten. Zum Beispiel bei der Telematik-Infrastruktur: Die Integration von digitalen Lösungen in diese Landschaft ist kompliziert, da sie bisweilen nur schemenhaft zu erkennen ist. Man darf Versichertengelder nicht einfach irgendwo investieren – aber irgendwann muss man eben auch anfangen.


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Was sind die größten Hürden für Startups, die im ersten Gesundheitsmarkt Fuß fassen wollen?

Erstens: Es mangelt Newcomern an Transparenz. Der Markt ist hochreguliert, hochpolitisiert und hochkomplex. Viele Entscheidungen werden kollektiv auf Verbandsebene getroffen, es wimmelt nur so von Gremien, Instituten und Kommissionen. Zweitens, und das bewundere ich an Startups, ihre konsequente Kundensicht. Die ist absolut richtig, muss aber im ersten Gesundheitsmarkt unbedingt um die Sicht relevanter Mitspieler wie Kassen erweitert werden. Drittens ist es einfach das Tempo. Die Gesetzlichen Krankenkassen gewähren ihre Leistungen ja nach dem Sachleistungsprinzip, das heißt Versichertenkarte zücken und fertig. Das ist bequem für Patienten, aber der Weg dahin ist lang. Bis zur Zulassung einer Startup-Lösung und bis zur Erstattung durch die Krankenkassen kann für Gründer gefühlt eine halbe Ewigkeit verstreichen, was sich mit ihrer typischen Entwicklungsgeschwindigkeit beißt.

Welche E-Health-Produkte erachten Sie als besonders wichtig und warum? Welche Wünsche hören Sie hier vielleicht auch von Versicherten?

Bei chronischen Krankheiten oder einem Leben mit Handicap haben sich digitale Assistenten bewährt – insbesondere, wenn es darum geht, mit Schmerzen umzugehen oder Einschränkungen des Alltags besser zu managen und so ein selbstbestimmteres Leben zu führen. Sie sind überall dort hilfreich, wo es auf die eigene Initiative der Patienten ankommt. Neue Technologien machen das Zurechtkommen mit der eigenen Krankheit wirklich viel einfacher. Patienten werden zudem zu echten Experten ihrer Krankheit und verhalten sich bewusster. Das ist ein enorm großer Fortschritt. Großes Potenzial sehen wir auch im Bereich der Medizinprodukte, die sich der Unterstützung bei Diagnose oder Therapie annehmen. Und auch intelligente Lösungen, mit denen Versicherte Wege, Kosten und Zeit sparen, sehe ich ganz weit oben auf der Liste.

Wie schätzen sie die Zusammenarbeit von Old und New Economy ein?

Das Interesse wächst. Vielleicht fehlt einigen Akteuren noch eine klare Zielperspektive und Strategie. Doch die Rechtsgrundlagen, um mit Startups zusammenzuarbeiten, sind prinzipiell da. Die Rahmenbedingungen mögen zwar ein wenig bremsen, aber mit einem guten Produkt und dem festen Willen beider Seiten steht einer Zusammenarbeit wenig im Wege. Man muss sich aufeinander einlassen. Zu den Eigenschaften jedes guten Unternehmers gehört es, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen und zu verstehen, was den anderen gerade umtreibt.  

Werfen wir zum Schluss einen Blick in die Glaskugel: Wie sieht das deutsche Gesundheitssystem im Jahr 2050 aus?

2050 ist wirklich noch sehr lange hin, besonders wenn man über technologische Entwicklungen sinniert. Aber es wird in der Gesundheitswirtschaft bestimmt viele Bereiche geben, die wir nicht wiedererkennen werden. Auch werden sich viele Gesundheitsberufe und Anforderungen an die dort tätigen Menschen teils radikal geändert haben. Technologie wird uns immer mehr helfen, mit Gebrechen aller Art besser zurechtzukommen. Vielleicht kommen wir auch unserem Wunschbild des mündigen Patienten näher. Wir stehen ja erst am Anfang einer Entwicklung.


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Bilder: Healthy Hub