Das Gründerteam von Heartbeat (von links): Yannik Schreckenberger, Marc Tiedemann, Yunus Uyargil und Sebastian Tilch

Ein Medtech-Startup aufzubauen ist schwer. Denn kaum eine Branche ist der Digitalisierung gegenüber so verschlossen wie die Medizin. Selbst der Bundesverband für Medizin-Technik schrieb in einer vor Kurzem veröffentlichten Studie, „der Grad der Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung in Deutschland“ sei noch gering.

Dennoch – oder gerade deshalb – wollen Yannik Schreckenberger, Marc Tiedemann, Yunus Uyargil und Sebastian Tilch in diesen Markt. Die Gründer von Heartbeat Medical haben eine Software für Ärzte und Krankenhäuser entwickelt, mit der die Behandlung eines Patienten einfacher und zeitsparender dokumentiert werden soll. Jeder Patient hat eine digitale Akte, die dem behandelnden Arzt einen schnellen, aber genauen Überblick über das Krankheitsbild gibt. Bis hierhin erinnert das Konzept an das Hamburger Medtech-Startup LifeTime, das Krankenakten digitalisieren will.

Der Fokus von Heartbeat Medical liegt jedoch auf der Chirurgie. Vor und nach einer Operation beantwortet der Patient digitale, medizinisch validierte Fragebögen wie der SF-36 oder KOOS, heißt es vom Startup. Die beantworteten Fragebögen liegen dann dem behandelnden Arzt zur Beurteilung des Patienten während des Arztbesuches vor. Die digitale Anamnese und Begleitung der Genesung nach einer Operation spart Ärzten Zeit – und das wiederum Geld.

Nach der Operation wird dem Patient in regelmäßigen Abständen ein Fragebogen per Mail geschickt, um den Gesundheitszustand nach der OP zu analysieren. Das erste Mal sechs Wochen nach der OP, dann alle sechs Monate. Dadurch will Heartbeat erfassen, wie erfolgreich ein Eingriff langfristig gewesen ist. In den Mails müssen Fragen wie „Wie gut können Sie sich hinknien?“ beantwortet werden.

Auf lange Sicht lasse sich auch vergleichen, welche Methode besser funktioniere, wenn es verschiedene Arten von chirurgischen Eingriffen für ein Krankheitsbild gibt, so Schreckenberger. Als Beispiel nennt er das Ersetzen des Kreuzbandes, bei dem es verschiedene Möglichkeiten gebe, etwa wo am Körper das Transplantat entnommen werde.

Der 28-Jährige hat Heartbeat Medical gemeinsam mit Tiedemann, Uyargil und Tilch im Januar 2014 gegründet. Bereits vorher hatte Schreckenberger neben seinem Studium eine gleichnamige Agentur für Marketing und Business Development im Bereich Medizin geführt. Durch seinen Vater, der als Chirurg arbeitet, bekam der Physiker Schreckenberger bereits früh einen Einblick in die Medizin-Welt. Einen medizinischen Hintergrund hat keiner der Gründer, dafür habe man ein vierköpfiges Beirat zusammengestellt, das aus Chirurgen besteht.

Für die Software bekam das Quartett direkt zu Beginn eine sechsstellige Kapitalspritze von zwei Business Angels. Anfang dieses Jahres investierten dann der High-Tech Gründerfonds und der Investment-Arm Guano der Kölner Medizin-Plattform DocCheck in das Startup. So sind insgesamt etwa eine Million Euro in das junge Unternehmen geflossen, erzählt Schreckenberger. Bisher haben die Jungs fünf Krankenhäuser von der Software überzeugen können. Pro Monat kostet diese zwischen 89 und 1.200 Euro – je nach Nutzerzahl.

Zwar hat Heartbeat Medical noch immer ein Büro in Köln-Ehrenfeld aus Agenturtagen, doch gegründet wurde die GmbH in Berlin. Dort wenigstens ein Standbein zu haben, sei für Gründer aufgrund der ausgeprägten Startup-Szene vor Ort unumgänglich, findet Schreckenberger.

Bild: Michael Lämmler