Hund_Geld

Ein Beitrag von Birthe Ziegler, Volontärin bei OMR.com. Sie beschäftigt sich mit Entwicklungen und Trends im digitalen Marketing.

Die Lage im Bereich Video-Advertising ist unklar

Katzen, süße Babys, verrückte Leute – viraler Content verteilt sich rasant im Netz. Videos, die in wenigen Tagen millionenfach aufgerufen werden, haben ein gigantisches Monetarisierungspotential. Auch Heftig.co begibt sich täglich auf die Suche nach solchen Inhalten. Vielleicht hat das Viral-Portal jetzt sogar eine Hintertür gefunden, um mit fremdem Content Werbeeinnahmen zu generieren.

Nach dem letzten Artikel über Heftig.co auf OnlineMarketingRockstars.de ging ein anonymer Hinweis ein, der auf den MyVideo-Channel „Viral Shit“ aufmerksam machte. Das Team von OnlineMarketingRockstars ging dem Verdacht nach, dass dieser Kanal von Heftig.co betrieben wird oder mit ihm kooperiert, da dort YouTube-Videos hochgeladen werden, die anschließend bei Heftig.co eingebunden werden. Durch Video-Ads könnte Heftig.co auf diese Weise Geld mit fremden Inhalten verdienen. Der MyVideo-Channel „Viral Shit“ wurde mittlerweile gesperrt.

Viral-Shit

Von YouTube über MyVideo bis zu Heftig.co

Am 8. Juni wurde das Video „She takes a photo: 6,5 years, Beckie“ bei YouTube hochgeladen und bis heute über sechs Millionen mal angesehen. Einige Wochen später, am 16. Juli, landete das Video bei „Viral Shit“ auf MyVideo und kurz darauf mit einem eingebetteten MyVideo-Player auch bei Heftig.co. Innerhalb weniger Tage erreichte das Video bei MyVideo über 220.000 Views.

Mit den In-Stream-Video-Ads, die vor jedem View eingeblendet werden, dürften die Channel-Betreiber ganz gut daran verdienen, denn die Werbeplätze vor den Videos werden von der ProSiebenSat.1-Tochter SevenOne Media eingebucht. Das Unternehmen wirbt dafür, dass die Video-Ads ausschließlich vor Professional Content platziert werden.

Der Tausend-Kontakt-Preis (TKP) für die In-Stream-Video-Ads, wie sie bei diesem Beispiel eingesetzt werden, liegt zwischen 60 und 80 Euro Brutto-TKP. Wenn man der Preisliste folgt, werden bei 220.000 Views mindestens 13.200 Euro Werbeeinahmen generiert, wovon ein Großteil an den Channel-Betreiber geht. Klar ist, dass – wie im Werbehandel üblich – Rabatte vergeben werden und die tatsächlichen Einnahmen deutlich geringer ausfallen.

Werbung vor User-Generated-Content

Auf die Nachfrage bei SevenOne Media, wie viel der Channel-Betreiber tatsächlich an der Werbung verdient, gab es keine Antwort. Das Video, das der Verantwortlichen als Beispiel genannt wurde, zeigte ein Mädchen, das aus Angst, dass ihr kleiner Bruder wächst, weint. Bei YouTube brachte es das Homevideo bereits über 25 Millionen Views. Zu der Frage, ob es ein Versehen ist, dass Video-Ads vor User-Generated-Content anstelle des versprochenen Professional Contents ausgespielt werden, wollte sich SevonOne ebenfalls nicht äußern. Das Video ist mittlerweile bei MyVideo gesperrt und dementsprechend auch bei Heftig.co nicht mehr zu sehen.

Heftig-Video-existiert-nicht

In den AGBs weist MyVideo darauf hin, dass die Inhalte der Nutzer grundsätzlich nicht kontrolliert werden. Sie behalten sich aber das Recht vor, Videos ohne Angaben von Gründen zu sperren oder zu löschen.

Eigener pseudo-redaktioneller Vorspann vor fremden Content

Laut MyVideo sei es durchaus üblich, viral starke Videos auf anderen Plattformen zu verbreiten, da sie scheinbar einen gewissen Newsgehalt für die Öffentlichkeit hätten. Man verwies unter anderem auf Bild.de, die mit Zoomin zusammenarbeiten und nach ähnlichem Prinzip unter „Top Videos“ Inhalte zeigen, die sich schnell im Netz verbreiten. Vor den Videos sind ebenfalls Ads geschaltet.

Der entsprechende MyVideo-Ansprechpartner erklärte, dass diese Methode legitim sei, sobald einem Video ein eigener redaktioneller Beitrag hinzugefügt würde – und sei es nur ein Vorspann mit kurzer Erklärung. Die meisten Videos bei „Viral Shit“ haben so einen Vorspann. Darin wird das Logo des Channels abgebildet und anschließend teasert ein Sprecher den Inhalt an. Bei dem gesperrten Video wurde beispielsweise gesagt: „Dieses Video ist so süß. Da kann sich doch wirklich niemand ein Schmunzeln verkneifen bei diesem Anblick. Wir können es gar nicht oft genug sagen, aber überzeugt Euch bitte selbst.“

Ab wann eine Bearbeitung eines Videos als journalistischer Beitrag gewertet wird, ist offensichtlich nicht eindeutig definiert.

Aktualisierung, 18. August, 13.25 Uhr: Der Myvideo-Channel “Viral Shit” wurde mittlerweile gesperrt. Der Link zum Kanal wurde aus dem Artikel entfernt. Außerdem wurden die Angaben zum TKP-Preis präzisiert – in der vorherigen Version wurden die Preisangaben nicht als brutto ausgewiesen.

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Artikelbild: © panthermedia.net / Ivonne Wierink