Taxbutler-Gründer Matthias Raisch (48)

Seine Steuererklärungen zu erstellen – das hätte Matthias Raisch immer schon lieber einem Profi überlassen. Doch der war ihm zu teuer. Also entwickelte Raisch eine App, die die ungeliebte Aufgabe übernimmt. Nutzer müssen lediglich ein paar Fotos mit ihrem Smartphone schießen – den Rest soll eine Künstliche Intelligenz machen.

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Raisch hat 14 Jahre lang in der Versicherungsbranche gearbeitet, bevor er 2013 die Pareton GmbH gründete. Das baden-württembergische Startup ist mit der App Taxbutler auf dem Markt und bietet die Steuererklärung schon für 29 Euro an. 2017 hat Raisch über Crowdfunding 300.000 Euro für seine Firma eingenommen. Das Team ist überschaubar: Der Gründer hat nur einen Mitarbeiter. 

Matthias, Deine App Taxbutler soll bei der Erstellung der Steuererklärung helfen. Dafür gibt es auch viele andere Anbieter. Was macht Ihr besser?

Taxbutler funktioniert für den Kunden wie ein Steuerberater: Er reicht seine Belege ein und bekommt eine fertige Steuererklärung zurück. Nur dass der Prozess zu 100 Prozent digitalisiert ist.

Wie funktioniert das?

Der Kunde gibt Daten nicht manuell ein, sondern fotografiert seine relevanten Belege einfach mit dem Smartphone ab. Eine Texterkennungssoftware liest die Dokumente dann aus. Aus den Bildern werden so Daten gemacht. Und aus diesen erstellt ein Algorithmus die Steuererklärung.

Seine Belege abzufotografieren und sie von einer Software auslesen zu lassen, das traut sich vermutlich nicht jeder. Wie sicher sind die Kundendaten?

Die Daten werden mit maximalen Sicherheitsvorkehrungen auf einem deutschen Server gehostet. Das ist nicht unsicherer als eine Standardsoftware, bei der die Nutzer alle Daten mit der Hand eintippen. 

Du hast Dich nach 14 Jahren als Festangestellter entschieden, zu gründen. Wie kamst Du auf die Idee zu Taxbutler?

Ich habe meine Steuererklärung über Jahrzehnte selbst erstellt. Der Aufwand ist dabei relativ hoch, am Ende sitzt man ein ganzes Wochenende dran. Ein Steuerberater war mir aber zu teuer. Ich habe mich dann gefragt: Warum gibt es keine Künstliche Intelligenz, die genauso arbeitet – nur zu einem günstigeren Preis?

Wie lang hat es von der Idee bis zur Marktreife gedauert?

Die erste Version war nach einem Jahr marktreif. Von 2013 bis 2016 haben wir intensiv weiterentwickelt und tun das natürlich auch heute noch.

Den Preis von 29 Euro müssen die Nutzer erst zahlen, wenn sie zufrieden mit ihrer Steuererklärung sind. Was genau heißt das?

Hat der Algorithmus die Steuererklärung erstellt, können sich die Kunden auf der sicheren Oberfläche in Taxbutler einloggen. Dort werden die Steuererklärung sowie der Erstattungsbetrag angezeigt. Wenn die Nutzer feststellen, dass alles seine Richtigkeit hat, klicken sie auf „bezahlen“. Erst dann sendet die App die Steuererklärung ans Finanzamt. 

Bevor man zahlt, könnte man sich die fertig erstellte Steuererklärung doch einfach ausdrucken.

Nein, das funktioniert nicht. Den Ausdruck haben wir gesperrt. Zudem ist das Formular für die Online-Übermittlung ausgelegt und nicht in Papierform einreichbar. Natürlich könnte ein Kunde alle Daten abtippen und in Papierform übertragen – das Risiko haben wir. Ich halte es aber für gering.

Wie hoch ist die Absprungrate vor dem Bezahlen?

Die ist marginal. Eine Ausnahme sind allerdings Kunden, die nur eine sehr geringe Erstattung bekommen würden. Wer eine Rückzahlung von zehn Euro erwartet, zahlt uns natürlich keine 29 Euro für das Übermitteln der Steuererklärung. In diesem Fall liegt die Absprungrate bei 100 Prozent.

Wie viele Personen nutzen Taxbutler?

Wir sind jetzt bei rund 5.000 Nutzern. Nach der letzten Finanzierungsrunde haben wir kräftig ins Marketing investiert und im letzten halben Jahr 4.000 neue Nutzer dazu gewonnen.

Ist Dein Geschäft damit schon profitabel?

Nein, davon sind wir weit entfernt. 

Wie finanziert Ihr Euch denn?

Die ersten Schritte habe ich aus dem eigenen Geldbeutel bezahlt, 2015 und 2016 kam Kapital von Business Angels dazu. 2017 haben wir eine Kampagne bei Seedmatch gestartet und insgesamt 300.000 Euro über Crowdfunding eingesammelt. Insgesamt haben wir seit der Gründung Fremdkapital in Höhe von 395.000 Euro aufgenommen.

Du wurdest einmal dazu aufgefordert, Deine Tätigkeit zu unterlassen. Was hatte es damit auf sich?

Jemand hat damals beim Finanzamt angerufen und behauptet, ich persönlich würde Steuererklärungen erstellen. Das darf man als Nicht-Steuerberater nicht. Das Finanzamt hat dann reagiert und mir die Erstellung untersagt.

Wie bist Du da rausgekommen?

Das musste ich gar nicht, weil ich keine Steuererklärungen erstelle. Das macht der Algorithmus – und das wiederum ist zulässig.

Ist es mit solchen Vorwürfen jetzt also vorbei?

Nein. Es gab und gibt immer Menschen die nicht verstehen wollen, dass es die Digitalisierung gibt und ein Algorithmus das Gleiche kann wie ein Mensch. Und das schneller, günstiger und bequemer.

Glaubst Du, dass der Beruf des Steuerberaters durch Tools wie Deines wegfallen könnte?

Nein, er wird sich nur ändern. Reine Datenerfassung und Erstellungen von Steuererklärungen werden nicht mehr die Aufgabe des Steuerberaters sein. Es wird immer mehr in Richtung Beratung und Gestaltung gehen.

Wie hoch ist die Akzeptanz in der Gesellschaft für Produkte, die den Finanzbereich digitalisieren?

Bei neuen Produkten ist die Akzeptanz eher gering. Auch bei uns hat es lange gedauert, bis wir die ersten mutigen Nutzer gefunden haben. Bis es normal ist, dass man seine Steuererklärung auf digitalem Wege erstellt, wird es sicher noch einige Jahre dauern.

Dein Startup ist jetzt fünf Jahre alt. Wie ist das Leben als Gründer?

Spannend! Zum ersten Mal zu gründen, ist eine Reise ins Ungewisse. Man hat eine steile Lernkurve, muss immer wieder das eigene Geschäftsmodell überdenken und sich ständig verbessern.

Bild: Pareton