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Gründerszene-Redakteurin Jana Kugoth hat sich den CityTree im Euref-Campus in Berlin angeschaut.

275 Bäume auf drei Quadratmetern. Geht nicht? Geht doch, sagt ein Berliner Startup. Zumindest was die Fähigkeit angeht, Luft zu reinigen. Genau das soll der CityTree erreichen, der Feinstaub, Stickoxide und CO2 filtert. Der Baum, der eigentlich keiner ist, wird vom jungen Unternehmen Green City Solutions entwickelt, das die langjährigen Freunde Dénes Honus, Peter Sänger, Zhengliang Wu und Victor Splittgerber gegründet haben.

Das Berliner Startup hat die bemerkenswerten Statistiken auf seiner Seite: Weltweit atmen 90 Prozent aller Menschen laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation täglich verschmutzte Luft ein. Als Konsequenz sei bereits heute jeder siebte Todesfall auf die Folgen von Luftverschmutzung zurückzuführen. Gleiches gilt für einen ökonomischen Schaden von mehr als fünf Billionen US-Dollar.

Green City Solutions verspricht viel. Und verlangt auch nicht ganz wenig. 25.000 Euro kostet einer der künstlichen Bäume. Die sehen eher wie ein rechteckiges, vier mal vier Meter großes und vor allem senkrecht stehendes Gemüsebeet aus, das auf beiden Seiten mit Moos und Pflanzen bewachsen ist. Das Moos ist dann auch das, was die unglaubliche Luftreinigungsleistung ermöglicht, erklärt Mitgründer Liang Wu gegenüber Gründerszene: „Es kann viel besser als jeder Baum Feinstaub aus der Luft filtern. Und das ganzjährig.“

Ein 100.000-Euro-Kredit für die ersten Prototypen

Das Projekt des High-Tech-Baums beginnt im Jahr 2013 in Dresden. Dort lernen sich die Gründer beim Studium kennen, der heutige CityTree ist so etwas wie das Ergebnis zweier Abschlussarbeiten, die eine zum Thema Urban Gardening, die andere zum Thema Stadtentwicklung. Drei der Gründer finanzieren ihren Lebensunterhalt für ein Jahr durch Fördergelder, um danach weitermachen zu können, nehmen sie einen Kredit von 100.000 Euro auf. Mit dem Geld entstehen erste Prototypen, Pflanzen wachsen vertikal an der Wand. „Unser Bewässerungssystem ist so intelligent, das möglich zu machen“, sagt Wu.

Mit seiner Idee hat das Unternehmen schon einige Wellen geschlagen. CEO Dénes Honus schaffte es zum Beispiel in die europäische Auswahl der Forbes 30-unter-30. Beim internationalen Social-Startup-Wettbewerb The Venture der Whiskymarke Chivas gewann Green City Solutions den nationalen Entscheid. Hinzu kommen mehrere Greentech-Awards. Auch eine erste Finanzierungsrunde hat Green City Solutions zum Jahresbeginn abgeschlossen, mehrere Geldgeber stellten einen Millionenbetrag zur Verfügung. Es besteht Interesse an frischer Luft.

Die soll der High-Tech-Baum verlässlich liefern und dabei vor allem wenig Platz verbrauchen. Dreieinhalb Quadratmeter Stellfläche reichen aus – inklusive Sitzbank. Eine Slimline-Version findet auf nur eineinhalb Quadratmetern Platz. Unterschiedliche Designs sind verfügbar, damit soll sich der Green City Tree gut in seine Umgebung einpassen. „Aufgestellt wird er dort, wo der Wind viel Luft vorbeibläst“, erklärt Mitgründer Wu, in Straßenschluchten zum Beispiel. Mittlerweile verfügt der CityTree aber auch über eine eigene Ventilation, wodurch er sich an deutlich mehr Orten sinnvoll aufstellen lassen soll.

Sponsoren sollen den High-Tech-Baum in ärmere Regionen bringen

Auf der Konstruktion sei darüber hinaus „die Darstellung von analogen Informationen in Form von Schriftzügen, Bildern oder eines QR-Codes möglich“, wirbt das Unternehmen. Will heißen: Der Baum kann als Infotafel oder Werbefläche dienen. Mit diesen Elementen und der Integration von iBeacon, NFC oder Screens werde die kommerzielle Nutzung zum Bestandteil des Produktkonzepts, verspricht das Unternehmen. Das soll zum einen ein weitere Erlösquelle für das Startup werden. Zum anderen sollen so aber auch Sponsoren die City Trees in Kommunen bringen, die sich anders keinen leisten können. Die Hoffnung: dass sich vor allem große Konzerne im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility Aktivitäten mit einem der High-Tech-Bäume engagieren.

Während der Baum nach außen erst einmal wie eine simple Kastenkonstruktion aussieht, steckt im Inneren modernste Internet-of-Things-Technologie, verspricht der Mitgründer. Die soll nicht nur in Echtzeit Umweltdaten liefern, sondern auch umfangreiche Leistungs- und Zustandsdaten. Zusammen mit einer vollautomatisierten Bewässerung und einer eigenen Stromversorgung durch Solarzellen soll der Stadtbaum weitestgehend ohne viel Zutun funktionieren. Allerdings bietet das Berliner Startup auch alle denkbaren Dienstleistungen rund um sein Produkt an. Ermittlung des besten Standorts, Genehmigungsmanagement, Marketing – all das will Green City Solutions auf Wunsch für die Kunden erledigen.

Derzeit arbeiten zirka 30 Mitarbeiter für das junge Unternehmen. Bislang hat Green City Solutions etwa 40 Bäume verkauft, hinzu kommen eine Reihe an Testinstallationen. Irgendwann soll es auch weitere Versionen des High-Tech-Baums geben. Kleinere etwa, es seien schon viele Anfragen für Varianten eingegangen, die man im Büro oder zuhause aufstellen kann. Auf dem Moos könnten theoretisch auch Erdbeeren oder Tomaten angebaut werden. Erst einmal gehe es dem Team aber um die Beseitigung von Feinstaub-Partikeln. Wu: „Natürlich können die Pflanzen, die auf dem Moos wachsen, auch Sauerstoff produzieren. Aber dafür kann der CityTree echte Bäume nicht ersetzen“.

Green City Solutions hat seine Büros am bekannten Euref-Campus, den NGIN Mobility derzeit in der Erstausgabe des gedruckten Magazins porträtiert. Und hier im Video:

Bild: Gründerszene / Screenshot