Der Coworking-Space des Inkubators Founders Foundations
Der Coworking-Space des Inkubators Founders Foundations in Bielefeld

Die Strahlkraft der deutschen Startup-Hubs Berlin, München und Hamburg stellt die Gründerkultur kleinerer Städte und Regionen in den Schatten. Dennoch lohnt sich ein Blick dorthin. Ein Beispiel ist Bielefeld in Ostwestfalen. Dort hat die Bertelsmann Stiftung, Eignerin des gleichnamigen Medienkonzerns, vor etwa zwei Jahren Entwicklungshilfe geleistet und die Initiative Founders Foundation angeschoben. Sie soll die Unternehmer von morgen ausbilden und mit der Wirtschaft der Region vernetzen. Wie es heißt, sind 17,5 Millionen Euro in das Projekt geflossen – für die ersten fünf Jahre.

„Gründen ist nicht grundsätzlich ein Metropolen-Thema“, sagt Sebastian Borek, Mitgründer und CEO der Founders Foundation. „Wir wollen Menschen, die in der Fläche leben, fit für die Zukunft machen.“ Dazu wurde ein Ausbildungsprogramm gestartet, das sich aus einem Camp und einer Academy zusammensetzt. Die achtwöchige Academy vermittelt Erfahrungsaustausch mit Gründern. Im Camp wird anschließend sechs Monate an den Geschäftsideen gefeilt. Ein Seed-Fonds leistet Starthilfe.

Nach dem Abi zum Gründen nach New York

Borek kennt die Region und das Unternehmertum. Aufgewachsen in einem Familienunternehmen, ging er nach dem Abitur zum Gründen nach New York. Er baute mehrere Unternehmen auf, unter anderem einen digitalen Postkartenversand. Später kehrte er in die alte Heimat zurück und heuerte als Head of New Business eines TV-Senders von ProSiebenSat.1 an. Dann wechselte er in die Entwicklungsabteilung von Bertelsmann, wo man ihm den Aufbau der Founders Foundation übertrug.

„Die größte Hürde ist, Talente zu entdecken“, sagt Borek. Zwar gibt es eine Hochschule mit 24.000 Studenten in 162 Studiengängen. Doch wenn die abends in der Kneipe beim Bier sitzen, reden sie eher über ihre Dissertation als über eine Startup-Idee. „Man muss die Leute ermutigen zu gründen. Denn es gibt viele Vorurteile, dass das schief geht.“ Anders als etwa in Berlin gibt es bislang wenig Erfolgsmodelle, an denen Gründer sich orientieren können. Da ist viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Zwei Millionen Wagniskapital eingeworben

Doch erste Erfolge stellen sich ein. Bislang wurden in Bielefeld 150 Menschen zum Startup-Gründer ausgebildet. Zehn Startups wurden zur Marktreife geführt. Ihnen ist es gelungen, Investments in Höhe von zwei Millionen Euro einzusammeln – in Tickets zwischen 150.000 und 600.000 Euro.

Die Startups reichen von Valuedesk, einer Analytics-Software für den Einkauf, über den Flugdrohnen-Entwickler Third Element Aviation und Margin, ein Handelstermminal für Kryptowährungen, bis hin zu Foodtracks, einer Analytics-Software für Bäckereien. Die Region Ostwestfalen-Lippe stellt auf ihrer Website knapp 40 Gründungen vor.

Sebatian Borek ist Mitgründer und CEO der Founders Foundation

Familienbetriebe investieren in Startups

Die Voraussetzungen für das Gründerzentrum im Hinterland könnte besser kaum sein. Die Wirtschaft floriert. Die Region erwirtschaftet ein Bruttoinlandsprodukt von rund 60 Milliarden Euro pro Jahr – mehr als 30.000 Euro pro Einwohner. Das ist ein Wert, den Berlin nicht erreicht. Die 150.000 Unternehmen der ostwestfälischen Region beschäftigen etwa eine Million Menschen.

Vor allem mittelständische Unternehmen, viele in Familienbesitz und inhabergeführt, prägen die Gegend. Bertelsmann, Miele und Oetker sind die wohl bekanntesten Namen. Auch sie stehen unter dem Druck der Digitalisierung. Oetker und Miele haben ihre Fühler in Richtung Startups ausgestreckt. Der Haushaltstechnikspezialist hat eigens eine Venture-Tochter gegründet, der Lebensmittelkonzern, ein Digital Lab (in Berlin).

Sie alle geben sich am heutigen Donnerstag, 8. Februar, in Bielefeld die Klinke in die Hand, wenn die Founders Foundation ihre erste Konferenz „Hinterland of Things“ abhält

Viele Tech-Hochburgen in kleineren Städten

Auch andere Regionen haben sich als heimliche Tech-Hochburgen abseits der großen Hubs einen Namen gemacht, wie das Stellenportal Joblift anhand seiner Anzeigen herausgefunden hat. Danach sind Karlsruhe (Understand.ai oder Campusjäger), Aachen und Ingolstadt die Tech-Zentren der Zukunft in Städten mit weniger als 500.000 Einwohnern. Auf den Plätzen vier bis zehn folgen Jena, Regensburg, Erlangen, Bonn, Mannheim, Ulm und Darmstadt. Mehr als die Hälfte der Standorte liegen in Bayern und Baden-Württemberg, einzige Stadt aus den neuen Bundesländern ist Jena. Karlsruhe, Mannheim und Bonn waren auch die Städte mit den meisten offenen Startup-Stellen.

Bilder: Founders Foundation