Thoennessen

#DHDL: Aus dem Leben gegriffen – oder doch nur Show?

Morgen startet auf Vox die Startup-Castingshow „Die Höhle der Löwen“. Der Düsseldorfer Gründercoach Felix Thönnessen hat die dort auftretenden Startups im Vorfeld ihrer Pitches vor den den fünf Investoren Vural Öger, Judith Williams, Frank Thelen, Lencke Wischhusen und Jochen Schweizer beraten.

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Im Interview verrät Thönnessen, wie sich die Gründer geschlagen haben, was einen guten Pitch ausmacht und ob die „Höhle der Löwen“ nicht eher eine Höhle für Schmusekatzen ist – wie es im Vorfeld mitunter geheißen hatte.

Felix, Du hast die Teilnehmer der Höhle der Löwen bei der Vorbereitung zu den Pitches begleitet. Was genau waren Deine Aufgaben?

Ich habe vorab Unterlagen gesichtet und dann mit den teilnehmenden Unternehmen Kontakt aufgenommen, um die Unterlagen durchzusprechen. Dabei habe ich darauf hingewiesen, wie man sich am besten vor einem Investor präsentiert und seine Ideen darstellt.

Wie viele Teilnehmer haben es eigentlich insgesamt vor die Jury geschafft?

Das kann ich gar nicht so genau sagen. In jeder der Sendungen werden sieben bis acht Gründer ihre Ideen präsentieren.

Bei den Präsentationen gab es sicherlich große Unterschiede. Was waren denn die größten Schwachstellen?

Die größte Schwachstelle war, dass die Gründer nicht schnell genug auf den Punkt kamen. Es geht ja darum, in einer recht kurzen Zeit zum einen die Geschäftsidee zu erklären – und das dann auch noch so, dass potenziell jemand Geld in sie investiert.

Und wie macht man das?

Indem man sich auf die entscheidenden Fakten konzentriert. Und indem man sich schon vorher genau überlegt, welche Informationen der potenzielle Geldgeber braucht und insbesondere auch: welche nicht. Daran scheitern Startups oft.

Was heißt das konkret – wie ist ein guter Pitch aufgebaut?

Schon vorab muss ich mich fragen: Was ist mein Ziel? Im Fall der „Höhle der Löwen“ heißt das etwa: Will ich einen bestimmten Investor ansprechen oder alle auf einmal? Entsprechend muss ich mich auf ein Thema konzentrieren, etwa Online für Frank Thelen oder Touristik für Vural Öger. Generell sollte ein Pitch die Lust auf Fragen steigern. Nur dann ist er für die Investoren auch interessant, andernfalls werden sie sich nicht weiter mit der Idee beschäftigen.

Waren die unterschiedlichen Präsentationen im Großen und Ganzen gleichwertig?

So unterschiedlich wie die Bedürfnisse waren auch die Präsentationen. Hinzu kommt, dass der eine vielleicht mehr kennzahlenfokussiert argumentiert, der andere will eher ein Marketing-Feuer entfachen, wieder ein anderer stellt das Innovative in den Vordergrund.

Laufen die Pitches in der Show insgesamt also eher realistisch ab?

Die Präsentationen der Gründer sind absolut realistisch. Allerdings sitzen den Startups im wirklichen Leben meist nicht mehrere und dann noch derart unterschiedliche Investoren gegenüber. Sagt man etwas Falsches, haben es gleich zehn Ohren gehört und nicht nur zwei. Hinzu kommt der Faktor Fernsehen – Kameras und Scheinwerfer steigern das Spannungslevel bei den Gründern sicherlich.

Und die Show im Ganzen? Ist die „Höhle der Löwen“ eine Fernseh-Event oder ein Ausschnitt aus dem richtigen Leben?

Wenn man sich die US-amerikanischen oder britischen Formate ansieht, findet man dort jedenfalls mehr „Fernsehen“ als bei der „Höhle der Löwen“. Ich denke, es gibt ausreichend Realitätsbezug. Auch weil es am Ende ja zu Verträgen kommen kann und tatsächlich Geld fließt. Natürlich war allen Beteiligten dennoch klar, dass das Ganze im TV ausgestrahlt wird – mit der Konsequenz, dass vielleicht etwas mehr auf Außenwirkung geachtet wurde als das normalerweise der Fall wäre.

Die Teilnehmerliste ist ja recht bunt gemischt. Was war Dein Gesamteindruck von den Startups?

Es ist tatsächlich eine interessante Mischung von Startups aus unterschiedlichen Branchen, und auch die Gründer beziehungsweise Gründerteams sind durchaus verschieden. Aus Diversitäts-Sicht war der Eindruck also durchaus positiv.

 Aber waren sie auch gut vorbereitet?

Keiner der Gründer hat TV-Erfahrung. Darauf kann man sich aus dem Stegreif auch nicht recht vorbereiten – und es sollte ja auch ganz bewusst nicht so sein. Natürlich hatten sich einige im Vorfeld etwas mehr Gedanken gemacht als andere.

Und die Geschäftsmodelle? Wie ausgefeilt wirkten die?

Einige stehen noch ganz am Anfang, ohne dass man absehen könnte, wie sich die Idee später im Markt entwickelt. Gleichermaßen gab es Konzepte, die es so oder so ähnlich schon eine Weile gibt und die womöglich nur noch etwas Finanzierung brauchen, um eine kritische Masse zu bekommen.

Mal etwas abstrahiert: Sind die Kandidaten repräsentativ dafür, was gerade in der deutschen Gründerszene passiert?

Die deutsche Startup-Szene wird ja gerne einmal mit dem beschrieben, was in Berlin passiert. Deshalb werden oftmals nur die wenigen Leuchtturm-Startups betrachtet, die aber die Szene gar nicht wirklich wiedergeben. In der Show gibt es große und kleine Startups aus unterschiedlichen Branchen und in unterschiedlichen Phasen – insgesamt passt die Mischung schon im Groben zu dem, was in der „richtigen Welt“ passiert.

Im Vorfeld war vereinzelt zu hören, die Juroren seien den Gründern gegenüber zu sanft. Wurde zu viel auf „heile Welt“ gemacht?

Das würde ich nicht sagen. Es gab durchaus Momente, in denen ich nicht hätte mit den Gründern tauschen wollen.

Was ist der wichtigste Rat, den Du den Gründern gegeben hast?

Dass sie ihre eigene Überzeugung von der Idee auf die Investoren übertragen müssen. Gründer sollten ihre Pitches nicht allein auf Fakten aufbauen, sondern durchaus Emotionen mit in den Pitch einbauen. Immerhin will der Investor ja auch begeistert werden – nicht nur von der Geschäftsidee, sondern auch von dem Gründer oder den Gründern.

Felix, vielen Dank für das Gespräch!

Bild: Felix Thönnessen