Michael Brandkamp ist seit der ersten Stunde beim High-Tech Gründerfonds. Er ist Sprecher der Geschäftsführung.
Michael Brandkamp ist seit der ersten Stunde beim High-Tech Gründerfonds. Er ist Sprecher der Geschäftsführung.

Der neue Seedfonds des Hightech-Gründerfonds ist auf mehr als 300 Millionen Euro gewachsen. Für Gründer sind die Hürden gesunken. Die Investitionssumme ist auf bis zu eine Million Euro gestiegen – für Anschlussfinanzierungen stehen weitere zwei Millionen Euro zur Verfügung. Doch um das Ziel des ersten Closing von 245 Millionen Euro zu erreichen, hatte der Fonds mehr als ein Jahr benötigt. Das Fundraising war begleitet von kritischen Berichten über die Erfolgsquote des halbstaatlichen Investors. Dennoch haben sich Schwergewichte des DAX beteiligt, darunter zuletzt der Energieversorger RWE mit einem einstelligen Millionenbetrag. Mit zwei Fonds ist der HTGF bereits am Markt. Sie haben ein Gesamtvolumen von rund 576 Millionen Euro. Geschäftsführer Michael Brandkamp verrät im Interview Hintergründe.

Nach dem Einstieg von RWE in Ihren Fonds scheint es, als sei das Interesse der Industrie an Startups gestiegen.

Michael Brandkamp: Unbedingt. Die Aufgeschlossenheit der großen Unternehmen ist sehr stark gewachsen. Heute ist es für Unternehmen ein ganz tragendes Element, auf Startups zu schauen. Sie sind darauf angewiesen, Innovationen in ihr Unternehmen zu holen. Startups gelten als agil, schnell und risikobereit, weil sie neue Dinge versuchen. Sie sind als Quelle für externe Innovation prädestiniert. Deshalb nimmt die Aufgeschlossenheit der großen Unternehmen und der Mittelständler stark zu.

Ändern Interessen der Industrie die Investitionspraxis des HTGF? 

Unsere Investoren haben sich an dem Fonds beteiligt, weil sie gesehen haben, was wir in den ersten beiden Fonds getan haben. Und das wollen wir in Zukunft auch fortsetzen. Wir wollen aber flexibler und noch marktorientierter handeln als in der Vergangenheit.

Sicherlich ist nicht jedes Startup für den HTGF interessant?

Wir setzen auf innovative Wachstumsunternehmen, die neue Geschäftsmodelle umsetzen und neue Technologien voranbringen. Dabei verstehen uns auch weiterhin als Frühphaseninvestor. 

Worin unterscheidet sich der HTGF von anderen Wagniskapitalgebern?

Zunächst darin, dass wir in die ganz frühe Phase investieren. Wir wollen der erste institutionelle Investor sein. In der Regel investieren wir 500.000 bis 600.000 Euro – in Ausnahmefällen bis zu einer Million Euro. Darüber hinaus unterstützen wir die Gründer mit unseren Netzwerken. Diese werden von Gründern als sehr wertvoll eingeschätzt. Dadurch ergeben sich inzwischen sehr gute Resultate, etwa was die Anschlussfinanzierung betrifft. Wir haben seit 2005 in 480 Technologieunternehmen investiert, die fast 1.200 Folgefinanzierungen im Wert von 1,5 Milliarden Euro abschließen konnten. Wir selber haben nur 320 Millionen in diese Unternehmen gesteckt.  

Lässt sich die Investorenszene überhaupt noch überblicken? 

Diese Märkte werden unübersichtlicher. Immer mehr Privatinvestoren und Corporates engagieren sich. Die führen wir über unsere Kontakte an die Unternehmen heran. Wir geben den Gründern die Chance, mit diesen Investoren in Kontakt zu kommen und auf diese Weise Anschlussfinanzierungen einzuwerben.

Welche Startups haben die höchsten Chancen auf ein Investment des HTGF?

Als High-Tech Gründerfonds sind wir überzeugt, dass technologiebasierte Innovationen für Startups eine wichtige Grundlage darstellen. Allerdings nähern wir uns dieser Frage eher vom Markt und schauen, ob die Startups am Markt ein Alleinstellungsmerkmal haben, das Wachstum verspricht. Chancen ergeben sich aus Innovationen. Und von denen sind nun mal die meisten technologiebasiert.

Sie sind bereits mit zwei Fonds auf dem Markt. Bringt der neue Fonds Änderungen?

Die Unternehmen dürfen bis zu drei Jahre alt sein – bisher lag die Grenze bei einem Jahr. Wir haben gelernt, dass sich die Seedphase nicht an zwölf Monate hält. Auch die Investmentsumme ist auf drei Millionen Euro gestiegen. Wir werden für kapitalintensivere Startups ein attraktiverer Partner. Auch der obligatorische Eigenanteil ist nicht mehr zwingend. 

Können Gründer direkt bei Ihnen pitchen? 

Jeder Gründer kann uns ein Pitchdeck schicken. Wir beantworten alle Anfragen – das sind im Jahr rund 2.500. Wir sind auch auf sehr vielen Veranstaltungen unterwegs, sind in Jurys der Businessplan-Wettbewerbe und Förderprogrammen präsent und gehen zu Beratertagen an den Universitäten. 

Welche Cluster sind für den HTGF besonders interessant?

Wir investieren über die Branchen hinweg. In allen Clustern gibt es Trends, in die wir investieren und damit auch prägen. Wir haben also nicht einzelne Felder, die wir ausschließen wollen. 

Trifft es noch zu, dass Startups in Deutschland unterfinanziert sind?

Bei Hardware-Themen, Lifescience und Chemie brauchen wir noch mehr Kapital. Aber generell hat sich die Situation für Startups deutlich verbessert. 

Bild: HTGF