ibrahim ibo evsan social trademark sevenload

Ibrahim Evsan über das Ende von Sevenload und sein neues Projekt

„Seit langer Zeit“, schrieb Ibrahim Evsan Anfang Januar auf Facebook, „spüre ich wieder den Gründergeist in mir und die dazugehörige Kraft, Großes zu schaffen“. Nach dem Videoportal Sevenload, dem Social-Gaming-Anbieter Fliplife und einem Beratungsjob für die Deutsche Post wagt sich „Ibo“ an ein neues Projekt.

Mit Social Trademarks (www.socialtrademarks.de‎) will Evsan eine Agentur für Reputation-Management etablieren. Worin das Geschäft genau besteht, was er über die Abwicklung von Sevenload denkt und wie er die aktuellen Entwicklungen der Startupszene sieht, erklärt der Seriengründer im Interview.

Vor fast acht Jahren hast du das Videoportal Sevenload gegründet – in dieser Woche hat der Burda-Verlag verkündet, den Geschäftsbetrieb einzustellen. Dein Kommentar?

Traurig zu sehen, dass sie das Thema Video nun Google überlassen. Aber Burda muss es wissen. Sie sind der Verlag. Ich persönlich kann nur sagen: Ich danke allen Kollegen, die geholfen haben, eine Idee umzusetzen. Es war supergeil.

Nach Sevenload hast du 2009 die Spieleschmiede Fliplife gegründet, die 2012 von KaiserGames übernommen wurde. Dein neuestes Projekt ist die Profilagentur Social Trademarks. Gibt’s da eine rote Linie?

Klar. Social Trademarks ist so etwas wie die Konsequenz aus all dem, was ich vorher gemacht habe. Schon bei Sevenload haben wir das Web 2.0 genutzt. Wir wollten Künstler unterstützen, damit sie ihre eigene Stimme verbreiten können. Jetzt geht es um eine große Entwicklung: Die Menschen verbringen immer mehr Zeit im Internet, sie gehen immer authentischer mit ihren Daten um, kommunizieren viel offener. Individuen müssen sich jetzt im Netz präsentieren, damit sie nicht vergessen werden. Wer auf dem Markt sichtbar sein will, muss da mitmachen. Und mir ging es immer um den Menschen – bei Fliplife konnten die Leute sich fragen: Welchen Beruf will ich eigentlich haben. Da habe ich auch Gamification und Storytelling genutzt – also Sachen, die wir im Bereich Social Media brauchen.

Mal angenommen, ich wäre ein bekannter Starjournalist. Was würdet ihr für mich machen?

Zuerst führen wir immer Gespräche mit den Leuten. Wir müssen herausfinden: Wo willst du dich positionieren? Unter welchen Stichworten soll man dich finden können? Welche Nutzerprofile brauchst du? Und als Profi hast du keine Zeit. Wir sorgen dafür, dass es trotzdem Content von dir gibt, dass du eine Social Trademark bekommst.

Deine Leute pflegen dann meinen Blog? Sieht das nicht komisch aus, wenn ich den nicht selbst bestücke?

Ja, es gibt tolle Leute, die komplett selbst schreiben können. Aber manchmal hast du einen Top-Unternehmer, der zwar unfassbar tolle Gedanken hat, aber nicht so gut schreiben kann. Wir würden dann den Text verfassen, aber er würde noch einmal korrigieren und seine Magic reinbringen.

Okay. Der Blog steht also im Zentrum?

Nein, das ganze Paket. Wir schauen auch: Sind die Bilder, die von dir zu finden sind, aktuell? Sind Videos zu finden? Wenn das nicht der Fall ist, drehen wir Video-Interviews. Wir machen auch Konferenzmanagement. Oder wir motivieren die Person, ein Buch zu schreiben oder in der Presse aufzutreten. Und wenn jemand sagt: Ich möchte gar nicht mit meinem Namen im Vordergrund stehen – dann können wir für die Person Themenportale bauen.

Im Netz ist zu sehen, dass ihr bereits einige Themenblogs angelegt habt – über Fahrradmode, Big Data, Veganismus oder über 3D-Drucker. Für wen ist der zum Beispiel gedacht?

Das ist ein Vorzeigeblog, ein Beispiel. 3D-Drucker sind mein persönliches Lieblingsthema.

Im Januar hast du öffentlich gemacht, dass ihr bislang zehn Kunden habt. Ist das noch der aktuelle Stand?

Es sind zehn Kunden, einige Sachen sind schon online. Aber du darfst nicht vergessen, dass die Firma noch nicht einmal zwei Monate alt ist. Und die Leute brauchen Zeit, sie erstmal ihre Texte verfassen, häufig noch mit der PR-Abteilung oder der eigenen Ehefrau abstimmen. Wir haben schon eine unfassbar gute technische Infrastruktur und Redaktion aufgebaut. Wir haben viele gute Domains gekauft, Yogablog.de zum Beispiel. Wir denken jetzt darüber nach: Wie kann man den Prozess automatisieren – zum Beispiel, indem man Content einfach über einen Warenkorb einkaufen kann? Der ganze Prozess ist extrem startupmäßig, das macht mich unglaublich froh. Ich habe für mich endlich das gefunden, worin ich aufgehe. Ich liebe Social Media. Ich habe immer alles ausprobiert, bis zur Grenze der Machbarkeit.

Eigentlich ist das ja klassisches Agenturgeschäft: PR, Werbung, Eventmanagement, Speaker-Vermittlung. Kann man das Konzept vernünftig skalieren?

Absolut. Es gibt tausende Themen, die im Netz noch nicht bedient werden. Um die Betreuung der Persönlichkeiten kann ich mich nur bis zu einem bestimmten Grad selbst kümmern. Dafür haben wir weitere Social Trademark Manager, von denen wir noch mehr einstellen werden. Wir können mit dem Konzept nach Berlin, München, Hamburg gehen.

Stimmt es, dass eure Kunden minimum 12.000 Euro zahlen müssen?

Ja. Es wird pro Leistung bezahlt, vollkommen transparent. Allerdings können Wissenschaftler unser System kostenlos nutzen, weil ich das wichtig finde.

Ihr seid bisher sechs Leute, wollt auf 20 wachsen…

Wir sind sogar schon neun, wir haben einen Chefredakteur eingestellt. Und ja, mein Ziel waren 20 Mitarbeiter, ich sehe aber schon, dass weit mehr möglich ist. Allerdings werden wir das nicht ohne Sinn und Verstand hochjagen. Ich will nicht mehr so performancegetrieben arbeiten, mir ist es wichtig, dass die Leute liebevoll miteinander arbeiten, ihre Kreativität und Authentizität behalten. Wir sind komplett investmentfrei, ich halte 100 Prozent an der Firma. Was ich in Berlin sehe, wo es alles so unglaublich schnell geworden ist, das schreckt mich eher ab.

Hast du den Eindruck, hier läuft die Szene heiß?

Ich glaube, die Leute verbrauchen sich sehr stark. Sie laufen einem Ideal hinterher, ich frage mich oft, ob das eine Art Sucht ist. Warum sie nicht mal über Sinn und Zweck der ganzen Sache nachdenken. Ich persönlich habe mir viele Fragen des Lebens gestellt. Ich glaube, man braucht gar nicht so viel Geld. Wenn jemand das haben möchte, soll er es machen. Zu mir passt das nicht mehr. Ich frage mich eher: Wie kann ich nachhaltig, selbstbestimmt und frei leben?

Gibt es trotzdem Startups, die dich zurzeit begeistern?

Stolz bin ich auf SoundCloud. Und ich finde es supergeil, dass überhaupt eine Kultur der Gründerszene entstanden ist, die ganzen Acceleratoren und Programme. Ich trage da auch meinen Teil bei, als Mentor zum Beispiel. Auch die Gründer müssen sich positionieren. Und am Ende geht es da auch wieder um Online-Reputation und Persönlichkeitsentwicklung. Das interessiert mich unheimlich.

Bild: Ibrahim Evsan