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Ingo-Mierswa-RapidMiner-Startup-Helden RapidMiner-Gründer und -CEO Ingo Mierswa

„Startup-Held“ Ingo Mierswa im Interview

An der TU Dortmund entstand 2001 eine Datenanalyse-Technologie, die Jahre später zu den bekanntesten der Welt gehören sollte. RapidMiner, so der heutige Name des Tools, unterstützt Unternehmen dabei, ihren Daten Zukunftstrends zu entnehmen. Ingo Mierswa hatte RapidMiner 2006 gemeinsam mit Ralf Klinkenberg gegründet. Ihr Big-Data-Analyseinstrument erhielt Ende 2013 eine Finanzierung in Höhe von fünf Millionen US-Dollar, das Unternehmen verkündete US-Pläne. Über 250.000 User weltweit weisen die RapidMiner-Tools auf, davon zählen 400 zu zahlenden Kunden. Zu letzteren gehören Konzerne wie Ebay, Cisco, VW, Paypal und ThyssenKrupp.

In der Reihe „Startup-Helden“ spricht CEO Ingo Mierswa über die Idee hinter RapidMiner, den jüngsten Zukauf in Ungarn und die USA-Pläne.

Wie sind Sie auf die Idee zu RapidMiner gekommen?

RapidMiner war eine echte Gruppenleistung. Ich war Teil eines Teams erfahrener Datenanalysten. Wir stellten damals fest, dass wir uns immer wieder mit den gleichen Arbeitsschritten beschäftigten. Eigentlich wollten wir die Welt verändern, indem wir basierend auf Datenanalysen in die Zukunft blicken. Aber in Wahrheit verbrachten wir 95 Prozent unserer Zeit damit, Daten zu lesen und sie für die Analysen zunächst umzuwandeln.

Heute würden wir diese Leute „Data Scientists“ nennen, aber die Probleme, die diese heute lösen, sind im Wesentlichen noch die gleichen wie damals. Diese hochqualifizierten Fachleute verbringen immer noch zu viel Zeit mit Standardaufgaben statt echter Analytik. RapidMiner wurde gegründet, weil wir diesen Status Quo ändern wollten. Standardaufgaben werden beschleunigt. So können sich Analysten auf die wichtigen und innovativen Prognosen konzentrieren.

Wie genau funktioniert das RapidMiner-Tool?

RapidMiner ist eine Art Whiteboard zum schnellen Skizzieren prädiktiver Analytiklösungen mit nur wenigen Mausklicks. Dieser visuelle Ansatz unterstützt die Kollaboration von Teams mit verschiedenen Kenntnissen. Nur so können Geschäftsanwender analytische Workflows nachverfolgen und dadurch Vertrauen in die Vorhersagen aufbauen. Sie müssen es so sehen: Unsere Software sagt die Zukunft voraus und Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung, wenn es darum geht, ob ein prädiktives Modell in die Produktion gehen soll.

Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die Vielzahl von Datenquellen und Schnittstellen zu wichtigen Geschäftsanwendungen. Damit können Analysten beispielsweise die Kundenfluktuation vorhersagen und prognostizieren, welche Marketing-Maßnahmen am effektivsten für bestimmte Kunden wären. Sie können diese Vorhersagen dann in die tägliche Arbeitsumgebung einbinden und sogar Geschäftsaktivitäten automatisch auslösen.

2013 sammelte RapidMiner fünf Millionen US-Dollar ein. Wie weit ist Ihre US-Expansion fortgeschritten?

Die US-Expansion läuft sehr gut. Wir haben große Fortschritte gemacht – wir haben eine neue Firmenzentrale in Boston eröffnet, die Anzahl der Mitarbeiter weltweit ist in den vergangenen neun Monaten von 25 auf 70 gestiegen und wir konnten ein Umsatzwachstum von zirka 300 Prozent im Jahresvergleich erreichen. Darüber hinaus sind die US-Verkaufszahlen gestiegen und sind fast gleichauf mit den europäischen. Zum Vergleich: Europa machte früher ungefähr 70 Prozent des Gesamtverkaufsvolumens aus.

Weshalb haben Sie das ungarische Startup Radoop gekauft und planen Sie weitere Zukäufe?

Immer mehr Unternehmenskunden setzen die leistungsstarke Hadoop-Datenplattform für die Analytik großer Datenmengen ein. Die meisten Unternehmen nutzen allerdings nur die Datenspeichermöglichkeiten und nicht die schnellen parallelen Berechnungen, die Hadoop ermöglicht. RapidMiner in Zusammenspiel mit Radoop ist die erste und bisher einzige Lösung, die diese Art von Berechnungen in einer komplett codierungsfreien Umgebung ermöglicht.

Unabhängig von der Datenquelle und Umgebung, in der die Berechnung durchgeführt werden soll, kann RapidMiner Analysen ausführen. Was andere Übernahmen angeht: Wir haben keine öffentlichen Pläne, sind aber immer offen für strategische Geschäftschancen.

Welche Tipps geben Sie Gründern nach Ihren eigenen Erfahrungen mit auf den Weg?

Große Technologieunternehmen haben ihre Wurzeln in hervorragenden Produkten und Technologien. Genauso wichtig ist jedoch ein großartiges Team als Basis des Unternehmens. Es ist wichtig, mit den Kunden möglichst früh und möglichst oft in Dialog zu treten und eine aktive Gemeinschaft zu schaffen, die sowohl die Kunden als auch das Unternehmen unterstützt.

Das ist ein großer Vorteil von RapidMiner. Wir haben eine globale Gemeinde von über 250.000 aktiven Anwendern, die Erweiterungen prädiktiver Modelle teilen, Tipps in unseren Internet-Foren austauschen und laufendes Feedback zu unserem Software- und Services-Angebot geben.

Bild: RapidMiner