Clemens Kirner ist Gründer und CEO des Wiener Augmented Reality Startups Insider Navigation.
Clemens Kirner ist Gründer und CEO des Wiener Startups Insider Navigation.

Navigation endet meist dort, wo das GPS-Signal seinen Dienst versagt: in geschlossenen Räumen. Wer sich in Gebäuden orientieren will, benötigt andere Technologien. Das Startup Insider Navigation will dieses Problem mit seiner Augmented-Reality-Software (AR) lösen. Das Unternehmen aus Wien fokussiert sich dabei auf industrielle Anwendungen und verschafft dem Nutzer Orientierungen in Fabrik- und Lagergebäuden.

Augmented Reality – oder erweiterte Realität – bedeutet, dass auf dem Bildschirm eines Smartphones oder Tablets das Live-Bild der Kamera mit zusätzlichen ortsbasierten Daten angereichert wird.

Milliarden für Augmented Reality

Die Branche boomt. Die Investitionen in Augmented und Virtual Reality (VR) sind seit Mitte 2014 rapide gestiegen und erreichten im Jahr 2017 ein Volumen von 2,5 Milliarden US-Dollar, wie die Beratungsfirma Digi Capital errechnet hat. Während der VR-Hype ein wenig zurückging, legten zuletzt vor allem Investments in mobile AR zu.

Auf diesen Trend setzt das mit 16 Mitarbeitern kleine Unternehmen Insider Navigation. „Wir verschmelzen die physische Welt mit Daten“, erläutert Clemens Kirner, der Gründer und Geschäftsführer des Startups, das Konzept. Er arbeitet seit 2003 an dieser Technologie.

Etwa zur gleichen Zeit startete das Münchener Startup Metaio. Es hatte eine Plattform entwickelt, mit der sich AR-Apps bauen ließen: Ikea nutzte die Technologie für eine Katalog-App (Video). Auch Startups nutzen die Plattform: Das Berliner Startup Toywheel etwa baute eine Spiele-App für Kinder. Apple kaufte Metaio im Jahr 2015. Seitdem ist das Unternehmen von der Bildfläche verschwunden. Gewissenmaßen an seine Stelle ist Wikitude getreten – mit einer ähnlichen Softwarelösung. Wikitude war seit 2008 mit einer App für Augmented Reality bekannt geworden. Sie blendete Wikipedia-Einträge in Kamerabilder von Sehenswürdigkeiten ein. Später füllte das Unternehmen mit seinem Software Developement KIt das Vakuum, das Metaio hinterlassen hatte.

Unterdessen baute Apple seine eigene Indoor Navigation aus. Sie ist derzeit für mehr als 30 Flughäfen und diverse Einkaufszentren verfügbar. Apple setzt auf die Beacon-Technologie. Das sind Bluetooth-Sender, die in Gebäuden das GPS-Signal ersetzen und ihre Position an die iPhones der Nutzer senden. Diese Technologie wurde etwa vom Berliner Startup Sensorberg genutzt.

Kunden sollen Datenhoheit behalten

Von der Beacon-Technologie hält Insider Navigation wenig. Denn man will dort Indoor-Navigation ohne zusätzliche Hardware anbieten. Aus zwei Gründen: Erstens die Kosten für Installation und Wartung und zweitens sollen die Kunden die Hoheit über ihre Daten behalten. Orientierungspunkte für die Software sind alle 50 Meter auf den Fußboden aufgeklebte optische Marker, die man sich wie QR-Codes vorstellen kann. Sie werden von dem Programm erkannt und rechnen zentimetergenau den Standort aus. Später, sagt Kirner, soll das auch ohne Marker funktionieren.

Von Indoor-Navigation profitiert unter anderem die Warenwirtschaft – Arbeiter in Hochregallagern zum Beispiel. „Sie verwenden heute noch häufig Papiermappen und finden mit unserer Software das gesuchte Produkt schneller“, sagt Kirner. Ein Tablet zeigt ihnen in der Zukunft auf den Zentimeter genau, wo ein bestimmtes Produkt liegt. Sie erkennen zugleich den Warenbestand und können ein Produkt bei Bedarf nachbestellen. In der Zukunft könnten auch Flugdrohnen oder selbstfahrende Gabelstapler, die eine Produktion mit Waren beliefern, mit dem System ausgestattet werden, blickt Kirner in die Zukunft.

Volkswagen will die Logistik optimieren

Die Industrie zeigt sich interessiert. Gründer Kirner nennt neben den Autokonzern Volkswagen, der mit der Software seine Logistik optimieren will, sowie mehrere Flughäfen als Partner. Allerdings soll der Fokus zunächst auf der Industrie liegen, „weil sich dort der Return of Investment in der Zahl der eingesparten Minuten am besten abbilden lässt.“

Bislang hielt sich das Unternehmen vor allem mit öffentlicher Förderung über Wasser. 1,5 Millionen Euro habe der österreichische Staat in das Startup gesteckt, sagt der Gründer. Für Frühjahr 2018 sei eine Investitionsrunde über eine siebenstellige Summe mit einem deutschen Industriekonzern geplant, kündigte Kirner an.

Nachdem die Technologie und ein darauf basierendes SDK einsatzfähig ist, steht nun der Ausbau des internationalen Vertriebsnetzes im Mittelpunkt.

Bild: E.Prokofieff