Internationalisierung Wissenswertes
Ein Beitrag von Alaitz Anasagasti, Geschäftsführerin der Internationalisierungsagentur Kolibri Kommunikation in Hamburg.

Vorbereitung und strategische Planung unumgänglich

Angesichts unserer globalisierten und transparenten Welt ist der Sprung ins Ausland für viele Startups eine lukrative Chance – wenn nicht sogar mittlerweile ein Muss –, um sich gegen Wettbewerber durchzusetzen und Marktpotenziale optimal auszuschöpfen. Wer Chancen ergreifen möchte, darf Herausforderungen nicht scheuen. Besonders das Internet bietet zwar die Möglichkeit einer schnellen Expansion ins Ausland, wird aber von vielen Unternehmen schlichtweg unterschätzt. Denn Internationalisierung online ist nicht das einfache Übersetzen einer Webseite, sondern bedarf einer gut durchdachten Vorbereitung und strategischen Planung.

Je früher Startups Internationalisierungsvorhaben in ihre Strategie mit einbeziehen, desto einfacher die Umsetzung und desto größer die Erfolgsaussichten. Was im heimischen Markt gut funktioniert, kann auch im Ausland erfolgreich sein – vielleicht aber über einen anderen Weg und mit einer eine anderen Zielsetzung. Es gilt, sich zwar herausfordernde, aber realistische Ziele zu setzen, die je nach Unternehmen, Produkt, Zielgruppe und gewünschtem Markt variieren können. Zur Messung der Zielerreichung können Kennzahlen aus dem Heimatmarkt wie Absatzzahlen, Registrierungen, Traffic et cetera eingesetzt werden.

Zusätzliche Ressourcen bereitstellen

So attraktiv die Expansion via Internet in jeglicher Hinsicht sein mag – der Eintritt in neue Märkte kostet Zeit, Geld und Personal. Der Internationalisierungprozess ist ein langfristig geplanter und Startups sollten nicht nicht gleich den Kopf hängen lassen, wenn der Erfolg nicht auf Anhieb zu sehen ist. Eine Expansion ist kostenaufwändig, aber es handelt sich um eine Investition in eine aussichtsreiche Zukunft. Um sich nicht zu verkalkulieren, sollte das Budget mit ausreichend Puffer in die strategische Planung mit einbezogen werden.

Es ist ratsam, eine bestimmte Person einzuplanen oder ein kleines Team aufzustellen, das für die „new markets“ verantwortlich ist. Für den Anfang kann bereits vorhandenes, kompetentes Personal umdisponiert werden. Die Expansion sollte allerdings nicht als zusätzliche „Nebenaufgabe“, sondern als gänzlich neuer Einsatzbereich wahrgenommen werden. Eine Doppelbelastung bestehender Mitarbeiter ist nicht effektiv, denn Internationalisierung bedarf zusätzlicher Ressourcen.

One fits all oder ausgewählte Märkte?

In welche Zielländer Startups expandieren wollen, hängt von den eigenen Vorlieben, der angebotenen Produktart sowie der individuellen Risikopräferenz ab.

Einige Webshopbetreiber lassen die Website nach der Maxime one fits all von Anfang an in zahlreiche Sprachen übersetzen, um somit nach dem Gießkannenprinzip möglichst vielfältige Märkte anzusprechen. Im nächsten Schritt wird dann geschaut, wo die Saat auf fruchtbaren Boden getroffen ist, um die entsprechenden Märkte stärker zu penetrieren. Das Erfolgspotenzial ist dabei, auf einigen Märkten als First Mover ohne Konkurrenzdruck Verkäufe zu generieren und sich einen Namen zu machen. Eine nicht ausreichende Ausrichtung auf den Zielmarkt kann von den potenziellen Käufern allerdings auch negativ aufgefasst werden.

Andere Anbieter fokussieren sich anfangs auf ein oder zwei Zielmärkte, um sich dort durch organisches Wachstum nachhaltig zu etablieren und führen die Expansion dann stufenweise fort. Während für einige Startups kulturell ähnliche Länder interessant sind, weil dementsprechend weniger Missverständnisse und Ressourceneinsatz zu erwarten sind, können für andere das Wachstumspotenzial und die niedrigen Kosten von Schwellenländern sehr reizvoll sein.

Marktanalyse durchführen

Für Unternehmen, die nicht nach dem Streuprinzip agieren, sondern sich von Anfang an auf ein oder zwei Zielmärkte fokussieren möchten, ist eine Marktanalyse vorab sehr sinnvoll. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten für eine erste Marktsondierung ohne professionelle Hilfe, um die Kosten für eine solche Dienstleistung begrenzt zu halten.

Erfahrungswerte aus dem eigenen Netzwerk und ein reger Austausch mit Bekannten und Freunden, die bereits international aufgestellt sind, liefern schon vorab wertvolle Informationen. Auch der Besuch von spezialisierten Messen im Ausland kann bei der Marktsondierung und beim ersten Networking hilfreich sein.

Weiterhin können bei staatlichen Einrichtungen und Handelskammern Informationen zu Komponenten erfragt werden, wie zum Beispiel das politische Umfeld (soziale Unruhen, politische Stabilität, red tape), gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen (Inflationsrate, Wechselkursrisiken), Unternehmensfreundlichkeit (Regulierung von Neugründungen, Rechte des geistigen Eigentums) und Infrastruktur vor Ort.

Nicht zuletzt hilft auch der Keyword-Planer von Google Adwords schon vorab, das Suchvolumen der eigenen Keywords in den gewünschten Zielmärkten herauszufinden und mit den Zahlen aus dem Heimatmarkt zu vergleichen. In einem nächsten Schritt können Profis herangezogen werden, um die ausgewählten Märkte auf das Potenzial des eigenen Produkts hin zu analysieren.

Übersetzen und lokalisieren

Eine erfolgreiche Expansion erfordert meist mehr als die reine Übersetzung der Webseite. Wer auch im Ausland verkaufen möchte, sollte die Sprache seiner Kunden sprechen – und zwar zielgerichtet und auf muttersprachlichem Niveau. Kulturelle Unterschiede und Kundenanforderungen an einen Onlineshop sollten immer in die Gestaltung des Internetauftritts einbezogen werden. Würden deutsche Sportmode-Kunden sich wohl von einer für den französischen Markt konzipierten, lediglich wörtlich ins Deutsche übersetzten Webseite mit französischen Sportikonen als Testimonials angesprochen fühlen?

Würden sich User über Paypal als Zahlungsmethode freuen, obwohl Paypal in ihrem Land nicht verfügbar ist? Würden potenzielle Käufer sich gut betreut fühlen, wenn sie bei Fragen eine ausländische Nummer wählen müssen? Im besten Fall kauft ein Kunde das Produkt nicht, weil er sich nicht angesprochen fühlt. Im schlimmsten Fall assoziiert er mit der Marke ein Unternehmen, das ihn nicht ernst nimmt und darum selbst nicht ernst genommen werden kann. Ein solch negatives Image im Nachhinein zu korrigieren, ist schwierig bis fast unmöglich.

Webseiten-Lokalisierung als Anpassungsprozess der Webseite an sprachliche, kulturelle, technische, funktionale, legale und andere länderspezifische Anforderungen des Zielmarktes spielt also bei der erfolgreichen Internationaliserung von Onlineshops und Webseiten eine große Rolle. Dazu gehören unter anderem die Anpassung des Aufbaus und der Navigation, die Übersetzung und kulturelle Anpassung der Inhalte und Keywords in die Kundensprache, die Anpassung der Zahlungs- und Lieferungsoptionen, die Lokalisierung der Währung und eine länderspezifische Preissetzung, die Bereitstellung eines multilingualen Kundenservices sowie die Lokalisierung der Suchmaschinenoptimierung (SEO).

Fazit

Startups sollten ihren Internationalisierungprozess langfristig auslegen und zusätzliche finanzielle, zeitliche und personelle Ressourcen einplanen. Eine gute strategische Vorbereitung steigert die Erfolgsaussichten und die Länderauswahl ist je nach Risikobereitsschaft und durch Marktanalysen herausgestellte Potentiale für jedes Startup individuell zu gestalten.

Die Autorin dieses Fachbeitrags gibt am 03. November 2014 ein Gründerszene-Seminar zum Thema InternationalisierungSichere Dir noch heute Dein Ticket und spare mit dem Code „Herbst-Special“ 20% auf die Gebühr!

Bild: © panthermedia.net / potowizard