Was ist da los, beim Stuttgarter Ecommerce-Verbund Internetstores? Nach der umfangreichen Finanzierung über 30 Millionen Euro stellte das Unternehmen einige seiner Marketingkanäle ein und beendete seine Aktivitäten in Großbritannien. Gründerszene sprach mit Geschäftsführer René Köhler zu den Plänen von Internetstores und erfuhr von einer ambitionierten Neuausrichtung.

Internetstores Neuausrichtung

Was war los bei Internetstores?

Seit Gründerszenes Besuch in den Hallen von Internetstores, das Onlineshops wie Fahrrad.de, Campz, Livingo oder Fitness.de betreibt, hat sich so einiges getan. Das schwedische Private-Equity-Unternehmen EQT (www.eqt.se) investierte stolze 30 Millionen Euro im Austausch für eine Minderheitsbeteiligung an Internetstores. Daneben initiierte Internetstores (www.internetstores.de) allerdings auch Umstellungen, die von außen betrachtet eher ein Krisenbild zeichneten: Die Abteilungen Affiliate-Marketing und Display-Advertising wurden von Internetstores ebenso geschlossen wie dessen Fahrrad-Shop in Großbritannien.

Gründerszene sprach ausführlich mit Internetstores-Gründer und -Geschäftsführer René Marius Köhler und was den Eindruck von Krisenreaktionen erweckte, scheint vielmehr das Ergebnis einer Neu-Fokussierung zu sein, die in dieser konsequenten Ausführung positiv überascht. Während Internetstores im letzten Geschäftsjahr um 37,5 Prozent gewachsen sein will, soll für dieses Jahr sogar ein Umsatzwachstum von 60 Prozent in den Büchern stehen. Damit dieser Wachstumstrend auch weiter anhält, fokussiert Internetstores derzeit seine Marketingkanäle und wird neben der Schließung seiner Fitnesssparte auch sein Möbelgeschäft veräußern. Fortan wird sich das Unternehmen aus Stuttgart dafür gänzlich auf die Bereiche Fahrrad und Outdoor konzentrieren und diese international ausbauen.

Internetstores stößt einige Shops ab

Um sich gezielt auf jene Bereiche konzentrieren zu können, die den meisten Umsatz produzieren, plant Internetstores, auch einige Shops abzustoßen, da diese die eigenen Aufwände in die Höhe treiben, gleichzeitig aber eine solche Defokussierung der eigenen Ressourcen in der Bilanz des Stuttgarter Unternehmens nicht rechtfertigen. So steht etwa der Möbelshop Livingo zum Verkauf und wird mit dem bestehenden Management-Team ausgegründet.

Derzeit soll Livingo einen einstelligen Millionenbetrag an Umsatz einfahren und das Interesse verschiedener Strategen und Finanzinvestoren geweckt haben. Neben Onlinewettbewerbern wie Home24 (www.home24.de) oder Avandeo (www.design2desire.com) könnte Livingo vor allem für stationäre Marken einen verkürzten Weg des Onlinegehens bedeuten. Die notwendigen SEO– und SEM-Bespielungen sind bereits vorhanden und die jeweiligen Käufer können mit entsprechendem Kapital aufwandsarm ins Möbel-Segment einsteigen.

Die Standalone-Shops zum Thema Fitness werden derweil komplett eingestellt, während jene Fitnessprodukte, die auch für Radkunden interessant sein könnten, in den Bikeshops von Internetstores weiter verkauft werden. So soll die Hälfte des Fitnessumsatzes mitgenommen werden, während sich Internetstores gänzlich auf seine Kernkategorien konzentriert. Doch waren diese Segment-Intermezzos in erster Linie denn notwendig? Die anstehenden Shopschließungen sowie die vorangegangen Abwandlungen der eigenen Strategie dürften Internetstores entsprechende Kosten verursacht haben. Gleichzeitig präsentiert sich die Neuausrichtung der Süddeutschen konsequent und logisch angesichts des anziehenden Wettbewerbs und der prozessualen Komplexität der unterschiedlichen Produktkategorien.

Neuer Fokus: Fahrräder und Outdoor

Für Internetstores könnte sich diese Reduktion rechnen: Je mehr Shops ein Unternehmen betreibt, desto mehr Aufwand und höhere Kosten entstehen. Ohne entsprechende Fokussierung droht den eigenen Shops dann schnell ein verlangsamtes Wachstum, während etwa im Möbelsegment Wettbewerber wie Home24 oder Avandeo die Marketingpreise in die Höhe treiben – von den zahlreichen Shoppingclubs für Möbel oder Design bis hin zu Anbietern von Wohnaccessoires ganz zu schweigen.

So konzentriert sich Internetstores fortan darauf, weniger Shops mit mehr Fokus und mit internationaler Ausrichtung aufzubauen, anstelle seine Ressourcen in zahlreichen Shops versanden zu lassen. Konkret will der Onlineverbund dabei in den Segmenten Fahrrad und Outdoor angreifen. Aktuell startete dazu jüngst ein entsprechender Ableger in Belgien, weitere Shops in Richtung Nord- und Südeuropa werden die europäische Expansion weiter vorantreiben. Initiator dieser Veränderungen könnte auch EQT sein, bei dessen Beteiligung an Internetstores es schon hieß, dass die Schweden in Sachen Retail-Konzepte, Beschaffungsstrategien, Internationalisierung sowie Prozessentwicklung helfen wollen.

Allein für Fahrräder soll es der deutsche Markt laut Internetstores auf ein Volumen von 3,2 Milliarden Euro bringen, gleichzeitig wird das eigene Geschäft durch die Reduktion auf Fahrräder natürlich sehr saisonal, während der Outdoor-Part ganzjährig relevant sein könnte. Auf internationalem Level wird es Internetstores dabei mit den Fahrradplattformen Wiggle (www.wiggle.co.uk) und Chain Reaction Cycles (www.chainreactioncycles.com) zu tun bekommen. Während es Wiggle als Nummer zwei im Markt etwa auf die doppelte Größe des deutschen Wettbewerbers bringt, ist Chain Reaction Cycles sogar etwa drei mal so groß. In Großbritannien vermochte sich Internetstores aufgrund des umkämpften Wettbewerbs und der erschwerten Lieferbedinungen nicht durchzusetzen und wird sich daher wohl auf Kontinental-Europa konzentrieren.

In Sachen Outdoor kriegen es die Stuttgarter auf deutschem Boden mit dem Multichannel-Anbieter Globetrotter (www.globetrotter.de) zu tun. International dürfte es derweil kaum relevante Wettbewerber geben. Gerade das Outdoor-Segment könnte also einer der Angriffspunkte von Internetstores werden, dessen Onlineshop Campz eher unprofesionell mit den Kategorien Camping und Outdoor begonnen hatte und nun vermehrt Profi-Equipment für Outdoor-Interessierte verkauft. Die Umstellung auf zwei Kernbereiche hält also spannende Möglichkeiten für Internetstores bereit und bietet gerade international noch einiges an Wachstumspotenzial.

Rechnen sich für Shops nur SEM und SEO?

Auch in Sachen Marketing schlägt Internetstores einen Kurs ein, der für E-Commerce-Unternehmen gleichermaßen ungewöhnlich wie konsequent erscheint. So stellten die Stuttgarter ihre Aktivitäten in Sachen Affiliate-Marketing und Display-Marketing komplett ein. Die Folge: Ein Aufschrei in der Community. Doch Internetstores-Gründer René Köhler ist sich sicher, dass dies der richtige Schritt gewesen sei und verweist darauf, dass Onlineshops mit Affiliate-Marketing häufig Umsätze vergüten würden, die auch so zustande gekommen wären. Die dennoch erzielten Mehrumsätze würden sich nicht mit allen Kosten des Affiliate-Marketings gegenrechnen.

Ähnlich wie TV-Spots soll auch das Display-Advertising (Bannerwerbung) eine Werbekostenrelation schaffen, die sich für gesund wachsende Onlineshops nicht rechne: „Fernsehwerbung und Display-Advertising sind beide gleichermaßen teuer und rechnen sich für Retailer mit großem Kostenapparat daher zumeist nicht“, begründet René Köhler seine Marketing-Perspektive. „Für schnelle Unternehmensaufbauten mit entsprechendem Negativwachstum ist dies vertretbar, wer sich hingegen als Onlineshop ein Werbekostenbudget von zehn Prozent setzt und gesund wachsen will, findet in anderen Kanälen bessere Relationen.“

Stattdessen setzt Internetstores nun neben Suchmaschinenmarketing (SEM) und Suchmaschinenoptimierung (SEO) vor allem auf Shopverbesserungen, um die eigenen Kunden zu Mehrkäufen zu animieren. Dazu zählen die Stuttgarter etwa ein entsprechendes Treueprogramm oder das Versandversprechen, Waren noch am selben Tag zu verschicken, sofern der Bestelleingang bis 16.00 Uhr erfolgt ist. Mit einer Zustellquote von 90 Prozent am ersten Tag nach Bestellung will sich Internetstores logistikseitig wesentlich verbessert haben. Diese neuen Marketing-Konzeptionen dürften auch durch Online-Marketing-Veteran Florian Heinemann unterstützt werden, der Teil des Bords sowie Gesellschafter von Internetstores wird.

Bildmaterial: Mantasmagorical