Philippa Pauen im Büro von Home Eat Home in Berlin-Kreuzberg

Philippa Pauen war jahrelang ganz oben auf den Listen der Berliner Startup-Gründerinnen. Als CEO des Bastelbox-Unternehmens Wummelkiste, das sie Anfang 2012 zusammen mit Team Europe startete, gehörte sie anfangs zu den wenigen Frauen mit Führungsposition in der Szene. Im Sommer 2014 verließ Pauen dann überraschend ihr Startup, der damalige Marketingleiter Gordon C. Thompson übernahm die Geschäftsführung. Zuletzt wurde für das Startup ein Käufer gesucht, vor wenigen Tagen hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet.

Philippa Pauen ist seit Herbst vergangenen Jahres als COO bei dem Berliner Startup Home Eat Home beschäftigt, das Kühlschränke mit fertig abgepackten Kochzutaten betreibt und dabei von Coca Cola unterstützt wird. Wir haben Philippa Pauen zur Insolvenz von Wummelkiste und dem ersten Jahr bei Home Eat Home befragt.

Philippa, Du hast Wummelkiste im vergangenen Sommer verlassen. Wolltest Du gehen oder musstest Du gehen?

Ich wollte gehen. Ich hatte damals das Gefühl, dass es für mich und die Firma sinnvoll ist, da frischen Wind reinzubringen. Gerade weil ich drei Jahre lang ganz allein Geschäftsführerin war. Außerdem wollte ich gerne mal wieder etwas Neues machen. Allerdings war es mir schon wichtig, dass ich einen Sitz im Beirat der Firma behalte.

Warum brauchte Wummelkiste damals „frischen Wind“?

Ich habe die Firma geliebt. Ich habe das Team geliebt. Aber im Nachhinein hätte ich lieber einen Mitgründer gehabt, der meine Perspektive teilt. Außerdem war ich insgesamt drei Jahre bei Wummelkiste, das ist ganz schön lang – ich habe vorher noch nie so lange einen Job gemacht (lacht).

Wieso musste Wummelkiste nun Insolvenz anmelden?

Da gibt es verschiedene Gründe: Die Produktionskosten für jede Box sind sehr hoch, wir hätten viel zu viel Geld in Marketing stecken müssen, um neue Kunden zu gewinnen, und außerdem haben die Deutschen immer noch Angst vor einem Abo. Die Menschen hier haben nicht das Gefühl, dass es ein Service ist. Sie sehen ein Abo eher als eine Einschränkung – auch wenn man es jederzeit kündigen kann.

Hältst Du noch Anteile an Wummelkiste?

Ja.

Wie hast Du also reagiert, als Du erfahren hast, dass Wummelkiste Insolvenz angemeldet hat?

Ich finde es super schade. Ich glaube, dass ginge niemandem in meiner Position anders. Ich liebe das Produkt immer noch. Aber wenn man sich unseren Wettbewerber Tollabox anguckt, der ja auch aufgegeben hat, muss man wahrscheinlich realisieren, dass das Modell einfach nicht funktioniert. Aber es war und ist mein Baby.

Mittlerweile arbeitest Du als COO bei Home Eat Home. Wie bist Du dort gelandet?

Ich bin im Juni 2014 bei Wummelkiste ausgestiegen. Danach habe ich erst einmal Urlaub gemacht und meine Eltern besucht. Irgendwann hat mich dann Sebastian (Esser) angerufen, den ich noch von meiner Zeit bei Team Europe kannte. Er hat mich gefragt, ob ich nicht zu Home Eat Home dazukommen möchte. Erst habe ich als Beraterin angefangen, aber schnell wurde klar, dass ich fix dabei sein möchte.

Als Gründerin von Wummelkiste warst Du stark im Fokus. Vermisst Du das Rampenlicht?

Man muss sich natürlich erst daran gewöhnen, aber ich finde es total angenehm, dass ich die Firma nicht mehr ganz alleine nach außen vertrete. Natürlich gehe ich noch gerne auf organisierte Abendessen oder trete bei Paneldiskussionen auf, aber ich habe auch mehr Zeit für meine eigentlichen Aufgaben.

Warum hast Du Dich für Home Eat Home entschieden?

Ich kann nur für ein Unternehmen arbeiten, dessen Produkt ich wirklich mag. Der Unterschied zu Wummelkiste ist allerdings, dass ich das Produkt von Home Eat Home selbst viel nutze. Mein Freund und ich laden beispielsweise häufig Freunde ein und kochen dann die Gerichte von Home Eat Home. Und ich bekomme sehr viel Feedback von engen Freunden, das war bei Wummelkiste nicht so.

Home Eat Home ist jetzt seit rund einem Jahr am Markt. Wie läuft es bisher?

Wir sind gut in der Zeit, aber natürlich hat die technische Entwicklung der Kühlschränke sehr lange gedauert. Mittlerweile haben wir aber schon 29 Stationen in Berlin.

Wer Eure Kühlschränke per App öffnet, kann theoretisch ein teureres Gericht rausnehmen – oder sogar gleich alle Gerichte mitnehmen. Wie verhindert Ihr, dass das passiert?

Unsere Stationen sind mit Gewichtsplatten ausgestattet, so dass unser System in Echtzeit den Warenbestand jeder einzelnen Station weiß. Da die Station mit einem Schloss versehen ist und nur registrierte Kunden den Kühlschrank öffnen können, haben wir auch kein Problem mit Missbrauch: Der Abgleich des Warenbestandes vor und nach Öffnen des Kühlschranks erlaubt uns eine exakte Abrechnung über das Kundenkonto. Falls von einem Kunden wiederholt andere Waren als bestellt entnommen werden, sperren wir diesen. Bisher mussten wir allerdings erst zwei Kunden sperren.

Ich glaube auch, dass die Hemmschwelle für Kunden sehr hoch ist, falsche Gerichte oder zu viele Gerichte zu nehmen, weil die Kühlschränke ja nicht im öffentlichen Raum stehen, sondern in einem Laden, Fitness-Studio oder in der Empfangshalle eines Unternehmens.

Welche Ziele wollt Ihr in den nächsten zwölf Monaten erreichen?

Wir wollen in mindestens zwei Städte, Hamburg und Frankfurt, expandieren. Wenn es gut läuft, gehen wir sogar in weitere Städte. Außerdem wollen wir unsere Technologie auch mit anderen Anbietern teilen. In dieser Woche haben wir eine Kooperation mit dem Berliner Startup Kukimi gestartet, die mit ihrem Produkt unser Sortiment optimal um eine Mittagessen- und Diätoption ergänzen, da man Kukimi nur erwärmt und nicht kocht. Und wir planen weitere Partnerschaften.

Wer packt Eure vielen Tüten?

Wir sind an einen Großmarkt angeschlossen, der uns auch einen Teil der Produkte verkauft. Zusätzlich arbeiten wir mir regionalen Anbietern, wie einem Jäger aus Brandenburg, einem lokalen Metzger oder einer Pastamanufaktur zusammen. Deren Produkte werden zentral angeliefert und dann von Mitarbeitern einer Zeitarbeitsfirma im Großmarkt vor Ort in unserer Tüten gepackt.

Bild: Philippa Pauen