Glenn Fogel, Priceline-CEO

Priceline ist zu einem Giganten der Reisebranche herangewachsen. Zu dem US-Unternehmen gehören großen Namen wie Booking.com, Kayak und Rentalcars. 1997 gegründet, kämpft der Konzern gegen die Konkurrenz und den zweiten am Markt: Expedia. Im vergangenen Jahr hat Priceline einen Umsatz von knapp elf Milliarden US-Dollar erzielt, der Gewinn lag bei etwa drei Milliarden US-Dollar. In diesem Jahr dürfte es noch einmal deutlich mehr werden, prognostizieren Analysten.

Der Ex-Investmentbanker Glenn Fogel sitzt seit Januar im Chefsessel, er kam bereits 2000 zu Priceline. Im Interview am Rande der Tech-Konferenz Noah in Berlin sprach der CEO über die Erfolgsstrategie seines umstrittenen Milliardenkonzerns und verriet, was er von Trumps Einreiseverbot hält.

Herr Fogel, nicht immer lief es so gut für Priceline wie heute. Rund zwei Jahre nach dem Börsengang im Jahr 1999 verlor das Unternehmen massiv an Wert. Wie kam es dazu?

Bei unserem Börsengang in den 2000er-Jahren wurden wir mit 30 Milliarden US-Dollar bewertet, obwohl wir damals nur ein kleines Unternehmen waren. Diese hohe Bewertung war das Ergebnis der ersten Dotcom-Blase. Als diese platzte – ein Jahr, nachdem ich in das Unternehmen kam – schrumpfte der Wert auf wenige Millionen Dollar zusammen.

Wie haben Sie den Sprung zurück in den Markt geschafft?

Wir haben Aufbauarbeit geleistet und beispielsweise 2005 Booking.com gekauft. Entscheidend waren die Köpfe im Unternehmen: Sie haben Technologien entwickelt, mit denen Reisen komfortabler wird. Heute sind wir der führende Reisevermittler in der Welt.

Hotelketten werfen den großen Reiseportalen vor, die Preise zu drücken – unter anderem, indem Booking.com sie dazu verpflichtet, dort immer den günstigsten Preis anzubieten. Einige Hotelketten reagieren, schließen Allianzen gegen Online-Reisevermittler und fordern ihre Kunden auf, bei ihnen direkt zu buchen. Wie reagieren Sie darauf?

Jede Firma wünscht sich, dass die Kunden bei ihnen direkt buchen oder kaufen – und niemand will in Marketing investieren. Aber so funktioniert das Geschäft nicht. Wenn Hotels viele Gäste gewinnen wollen, kommen sie um Marketing nicht herum. Dabei helfen wir.

Sie sehen sich also als Marketing-Tool für die Hotels?

Ja. Im vergangenen Jahr haben wir nahezu drei Milliarden US-Dollar für Werbung ausgegeben. Davon profitieren die Hotels, Gasthäuser, Fluglinien und Co., deren Angebote wir über unsere Webseiten vertreiben. Ein kleines Gasthaus auf dem Land könnte sich auf anderem Wege niemals Online-Werbung leisten. Bei uns bekommt es diese – ohne dafür eine Gebühr zahlen zu müssen. Die wird erst fällig, wenn tatsächlich eine Buchung eingegangen ist.

Wie wichtig ist Google für Ihre Portale?

Google ist ein Kanal von vielen, über den wir Reisende erreichen. Unser Ziel ist es, die Menschen direkt auf unsere Seite zu holen – ohne den Umweg über eine Suchmaschine und Anzeigen. Aber: Google ist ein wichtiger Player auf dem Reisemarkt. Wer seine Kunden abholen möchte, kommt nicht daran vorbei.

Ein anderes Thema: Experten sagen, dass Trumps Einreiseverbot für Menschen aus sechs muslimischen Ländern eine Bedrohung für die Tourismusbranche ist. Wie stehen Sie dem Einreiseverbot gegenüber?

Grundsätzlich glauben wir: Je mehr die Menschen reisen, desto besser ist es. Reisen fördert den Austausch zwischen den Kulturen, die Welt wächst zusammen. Aber auch wir Online-Reisevermittler nehmen wahr: Die Menschen sorgen sich um ihre Sicherheit. Darauf müssen Regierungen reagieren, das unterstützen wir. Denn: Sicheres Reisen ist die Voraussetzung dafür, dass mehr Menschen reisen.

Welchen Einfluss wird die Sicherheitsfrage auf das Reisen haben?

Ich glaube, dass neue Technologien das Sicherheitsproblem künftig entschärfen werden. In einigen Ländern gibt es am Flughafen beispielsweise schon heute Angebote, die das Einchecken für Fluggäste beschleunigen. Reisende, die als vertrauenswürdige Passagiere eingestuft werden, können den Sicherheitscheck schneller absolvieren als andere.

Aber entsteht dadurch nicht eine Zwei-Klassengesellschaft?

So würde ich das nicht nennen. Unterm Strich profitieren doch alle von einem solchen System. Auch, wenn ich als Reisender beim Boarding eines Flugzeugs als weniger vertrauenswürdig eingestuft werde und das Einchecken deshalb mehr Zeit in Anspruch nimmt, spare ich im Endeffekt Zeit, weil eben nicht alle Passagiere die gleiche lange Prozedur durchlaufen. Die Technologie wird alles vereinfachen – vom Einchecken bis zur Visakontrolle. Auf dieser Überzeugung bauen wir auch unser Geschäft auf.

Reisenden müssen viele Daten zur Verfügung stellen, damit eine solche Bewertung möglich ist … 

Ja, aber dazu bin als Reisender bereit. Ich beobachte folgendes: Weil Reisen durch die Weitergabe meiner Daten für mich komfortabler, leichter und effizienter wird, stelle ich den Plattformen meine Daten bereit. Das ist keine Verpflichtung, sondern eine freie, persönliche Entscheidung. Wer will heute noch auf Apps wie Uber oder Mytaxi verzichten, die Barzahlung und stundenlanges Warten am Straßenrand überflüssig machen?

Kunden sind also bereit, ihre persönlichen Daten gegen mehr Komfort zu tauschen?

Ja. Und im Endeffekt bekommen die Reiseunternehmer von ihren Kunden mehr Daten, als Regierungen jemals bekommen könnten. Damit kann der Staat seine Ressourcen an den Stellen einsetzen, wo die Probleme noch größer sind.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft, Herr Fogel: Welche Technologien werden künftig in der Reisebranche eine wichtige Rolle spielen?

Künstliche Intelligenz (AI) und maschinelles Lernen, in diese Bereiche investieren wir viel. Ein Beispiel sind Chatbots. Anstatt über Kundenhotlines werden Unterhaltungen künftig über die Bots geführt. Dadurch lassen sich Probleme 24 Stunden am Tag und ohne Zeitverzögerung lösen.

Wo kommen Chatbots bereits zum Einsatz?

Bei Booking-Assist. Und die Online-Reservierungsseite für Restaurants, Opentable, startet bald mit einem Bot im Facebook-Messenger. Bei dieser Entwicklung stehen wir noch ganz am Anfang, aber das ist die Zukunft: In einigen Jahren werden die Kunden fast nur noch über die Bots und Messenger kommunizieren. 

Bild: Priceline