Die TalentRocket-Gründerinnen Yacine Coco und Magdalena Enzinger

TalentRocket: Orientierung für Nachwuchsjuristen

Das Jurastudium kostet Zeit und Nerven. Gerade in der Vorbereitungszeit für die entscheidenden Staatsexamina haben Nachwuchsjuristen kaum eine freie Minute, sich um das zu kümmern, was danach folgen soll: Einige wollen einen Job in einer Großkanzlei, die anderen müssen erst noch ein Referendariat machen und wollen möglicherweise für die Wahlstation ins Ausland. Hinzu kommt, dass die Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten für junge Juristen zwar vielfältig, aber unübersichtlich sind.

Das 2012 gegründete Münchner Startup TalentRocket will mit einem Jobportal für junge Juristen nun Klarheit schaffen: Mit einer nach Rechtsgebieten sortierten Übersicht von Kanzleien und detaillierten Informationen zu vielen Arbeitgebern will TalentRocket den verstaubten Career Centern an den Universitäten Konkurrenz machen. Im Interview sprechen die Gründerinnen Magdalena Enzinger (30) und Yacine Coco (30) über ihre Idee, überforderte Nachwuchsjuristen und intransparente Großkanzleien.

Magdalena, Du hast selbst Jura studiert. Ist die Jobsuche für Juristen so schwierig?

Enzinger: Aus meiner eigenen Studienzeit weiß ich, dass das Career Center an den Universitäten meistens eine verstaubte Besenkammer ist – vollgestellt mit Leitz-Ordnern, in denen sich Adressen von Firmen befinden. Wir wollten es Nachwuchsjuristen einfach machen, einen Überblick über den Arbeitsmarkt zu bekommen. Außerdem hinkt der juristische Arbeitsmarkt im Online-Bereich noch hinterher.

Wieso? Auch Jobs für Juristen werden doch auf den großen Job-Portalen ausgeschrieben.

Enzinger: Es gibt schon Ausschreibungen online, aber wir wollen mit TalentRocket Informationen über das reine Jobangebot hinaus geben. Gerade in der Examensvorbereitung haben Juristen kaum Zeit, deswegen sammeln wir detaillierte Informationen für den Jobeinstieg und stellen die so übersichtlich wie möglich zusammen. In einer wissenschaftlichen Studie haben wir dafür insgesamt 1.200 Nachwuchsjuristen befragt, was sie von einer Kanzlei oder eine Rechtsabteilung wissen möchten, bevor sie sich für ein Praktikum, eine Referendarstation oder den Berufseinstieg bewerben.

Ist der Arbeitsmarkt so unübersichtlich?

Coco: Es gibt für junge Juristen verschiedene Typen von Arbeitgebern: Das sind zum einen Großkanzleien, die sehr schwer voneinander zu unterscheiden sind. Es ist beispielsweise nicht transparent, wie sich Großkanzleien wie Freshfields und Hengeler Mueller voneinander unterscheiden. Zum anderen gibt es viele mittelständische Kanzleien und Boutique-Kanzleien, die nur ein oder wenige Rechtsgebiete bearbeiten. Die sind bei den Nachwuchsjuristen sehr oft völlig unbekannt. Auch über die Karrieremöglichkeiten in den Rechtsabteilungen von Unternehmen wissen junge Juristen häufig kaum etwas.

Wie genau erklärt ihr die Unterschiede zwischen den Kanzleien?

Enzinger: Einzigartig an TalentRocket ist, dass Bewerber ihren gewünschten Fachbereich eingeben können und die passenden Arbeitgeber dann gefiltert nach Städten angezeigt bekommen. Außerdem beschreiben wir auf unserer Seite auch einen ganzen Arbeitstag in einer bestimmten Kanzlei oder Rechtsabteilung – quasi als eine Art Stundenplan. So wissen die Berufseinsteiger, was sie bei ihrem Arbeitgeber erwartet. Und wir führen Interviews mit Mitarbeitern des Arbeitgebers, damit unsere Nutzer einen Eindruck von der Teamkultur bekommen und einschätzen können, ob sie dort hineinpassen. Darüber hinaus erhält man auch Auskunft über die härteren Faktoren wie Gehalt, Einstellungsvoraussetzungen und so weiter.

Wie habt ihr die Kanzleien am Anfang auf eure Seite aufmerksam gemacht?

Coco: Am Anfang sind wir einfach auf einige Kanzleien und Unternehmen zugegangen, bei denen wir wussten, dass sie Interesse daran haben, auch online aufzutauchen und sich so als moderne zeitgemäße Arbeitgeber zu präsentieren. Heute kommen neue Arbeitgeber meistens über die Empfehlung von schon teilnehmenden zu uns. Wir haben mittlerweile eine sehr große Reichweite bei jungen Juristen – juristische Arbeitgeber müssen bei uns Präsenz zeigen müssen, um bei den Bewerbern im Gespräch zu bleiben.

Wie verdient TalentRocket Geld?

Coco: Wir haben über 2.000 Arbeitgeber auf unserer Seite. Kanzleien, die mit einem detaillierten Arbeitgeberprofil bei uns vertreten sind, bezahlen dafür einen festen Beitrag.

Ihr wurdet am Anfang von dem LMU Entrepreneurship unterstützt, habt aber bisher keine weiteren Investoren, weil ihr euch von Beginn an aus dem Cashflow finanziert habt. Wie ging das?

Enzinger: Wir haben von Anfang an sehr streng mit Kosten kalkuliert und versucht, relevanten Umsatz zu machen. Das ist uns glücklicherweise gut gelungen. In der jetzigen Phase freuen wir uns umso mehr, immer noch alle Entscheidungen allein treffen zu können.

Seit 2012 seid ihr nun am Markt. Was habt ihr in der Zeit gelernt? Welche Tipps könnt ihr anderen Gründern geben?

Enzinger: Wir empfehlen jedem jungen Gründer, seine Idee zu verfolgen und zu verwirklichen. Eine Gründung erfordert viel Geduld und Durchhaltevermögen, aber die Erfahrungen die man dadurch macht, wiegen jedes Problem mehr als auf. Insbesondere wenn man ein cooles Team zusammengestellt hat, macht die Arbeit einfach auch extrem viel Spaß.

Bild: TalentRocket