Ein Beitrag von Jörg Binnenbrücker, Managing Partner von Capnamic Ventures.

Immer noch kommt es vor, dass Startups ihre Pitch-Decks dem potentiellen Geldgeber nur dann vorlegen wollen, wenn dieser ein Non-Disclosure Agreement (NDA), also eine Vertraulichkeitsvereinbarung, unterzeichnet.

Das ist für uns – und auch für die meisten anderen Venture-Capital-Unternehmen – ein klares No-Go. Fünf Gründe, warum wir uns weigern, ein solches Papier zu unterschreiben:

1. Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche

Nur mal angenommen, wir würden NDAs unterzeichnen. Dann müsste jede einzelne Vereinbarung von unserem Anwalt geprüft und redigiert werden. Und das Ganze vielleicht sogar in mehreren Abstimmungsschleifen. Das wäre ein erheblicher Aufwand.

Wir erhalten jedes Jahr über tausend Finanzierungsanfragen. Die NDAs würden somit nicht nur unglaublich viel Zeit verschlingen, sie würden auch enorme Kosten verursachen – und das nicht nur auf unserer Seite. Um es deutlich zu sagen: NDAs sind nicht wirtschaftlich und lenken vom Wesentlichen ab. Unsere Zeit und unser Geld stecken wir lieber in junge Unternehmen als in eine Anwaltskanzlei.

2. VCs sind Partner und keine Konkurrenten

Natürlich kann jedes Unternehmen frei entscheiden, wie viele Informationen es preisgeben will. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass wir für Startups ein Partner und nicht der Konkurrent werden wollen. Ohne Vertrauen funktioniert das nicht.

Es ist unser Job als Wagniskapitalgeber, zwischen Startups und Investoren zu vermitteln und in gute Ideen zu investieren. Es liegt uns fern, Geschäftsideen darüber hinaus für uns zu nutzen. Wer seinem potentiellen Geldgeber einen NDA vorlegt, kann also leicht den Eindruck erwecken, die Branche nicht richtig verstanden zu haben.

3. Wir leben von unserer Reputation

Unser Ruf ist unser Kapital. Finanzierungsanfragen sind die Grundlage für unser Geschäftsmodell. Schwarze Schafe, die den Vertrauensvorschuss von Startups missbrauchen, werden schnell abgestraft.

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Denn unsere Branche lebt von guten Netzwerken, in denen Fehlverhalten nicht einfach untergeht, geschweige denn vergessen wird. Anstatt also auf einem NDA zu beharren, zahlt es sich für Gründer aus, auf der Suche nach dem passenden Investor gründlich zu recherchieren.

4. Wir investieren in Persönlichkeit

Wer auf einem NDA beharrt, verkennt, worauf es am Ende ankommt: Eine gute Startup-Idee reicht bei weitem nicht aus. Gerade wir als Frühphasen-Kapitalgeber investieren vor allem in Persönlichkeiten. Das Gründerteam steht im Vordergrund. Nur wenn dieses den nötigen Drive, die Passion und den Durchhaltewillen hat, kommen wir mit an Bord. Gute Teams wissen auch, dass ihre Idee ohne sie nichts wert ist.

5. Eine gute Idee fürchtet keine Konkurrenz

Startups suchen den perfekten Investor – wir suchen das beste Startup. Selbstverständlich führen wir dabei Gespräche mit vielen jungen Unternehmen. Und nicht selten kommt es vor, dass gleichzeitig mehrere Startups an derselben Idee arbeiten. Durch einen NDA würde dieser Bewerbungsprozess praktisch zum Erliegen kommen. Die Suche nach dem besten Partner wäre zwangsläufig für beide Seiten schnell beendet.

Wer eine gute Geschäftsidee hat und weiß, wie er aus dieser Idee ein intelligentes Geschäftsmodell macht, braucht sich vor Konkurrenz nicht zu fürchten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des VCs Capnamic Ventures.

Bild: Gettyimages / Michael Goldman