iPhone X von Apple

Die kalifornische Chipschmiede Qualcomm eröffnete am Donnerstag in München die nächste Schlacht in ihrem Patentkrieg mit iPhone-Hersteller Apple. Das Landgericht München soll darüber entscheiden, ob die aktuellen iPhone-Modelle Chiptechnologiepatente von Qualcomm verletzen.

Sollte Qualcomms Vorwurf vom Gericht bestätigt werden, könnten die Chipdesigner ein für Apple teures Einfuhrverbot für iPhones in Deutschland durchsetzen. Umgekehrt hat Apple Qualcomm in den USA verklagt, überhöhte Gebühren für Patentlizenzen zu verlangen.

Ähnliche Patentverfahren hat Qualcomm bereits 2016 in Kalifornien gestartet – doch da deutsche Gerichte als entscheidungsfreudiger gelten und das deutsche Patentrecht Einfuhrverbote bereits nach einem Verfahren erlaubt, versucht es Qualcomm auch hierzulande gleich doppelt.

Eine weitere Klage gegen Apple soll ab Juni in Mannheim verhandelt werden. Urteile sind frühestens ab Herbst zu erwarten, auch weil Apple gegen ein im August vergangenen Jahres veröffentlichtes Qualcomm-Patent aktuell noch auf EU-Ebene vorgeht.

Apple lässt sich von zehn Anwälten vertreten

Beim Termin am Donnerstag traten beide Parteien mit großer Besetzung an. Apple hatte gleich zehn Anwälte mehrerer Kanzleien mitgebracht, Qualcomm ließ sich von fünf Anwälten vertreten. Beide Parteien versuchen mit Sachverständigengutachten, das Gericht in ihrem Sinne durch einen Dschungel von Patenten rund um Smartphone-Modemchips zu lotsen.

Konkret geht es darum, wie genau Modemchips von Qualcomm und Apple-Zulieferer Qorvo Energiesparfunktionen einsetzen, um die Lebensdauer der Smartphone-Akkus zu verlängern. „Wir bewegen uns hier in einem dunklen Wald mit einer kleinen Taschenlampe“, kommentierte der Vorsitzende Richter und verlangte einen Folgetermin im November.

Noch vor wenigen Jahren waren Apple und Qualcomm in einer Zweckehe verbandelt: Apple verwendete Qualcomm-Modemchips für seine iPhones und iPads und hatte mit Qualcomm Lizenzabkommen zur Verwendung von Funktechnologiepatenten abgeschlossen. Diese Lizenzabkommen halfen Apple sogar, sich in anderen Patentverfahren gegen Hersteller aus dem Android-Lager zu wehren.

Doch Qualcomms Patente sind nicht billig. Die Chipschmiede hat über 130.000 Patente angesammelt und verlangt von Smartphone-Herstellern bis zu fünf Prozent des Verkaufspreises pro Gerät für deren Verwendung. Apple hatte Rabatte verhandelt, die Qualcomm jedoch laut Apple nicht ausgezahlt hat. Nun verlangt der iPhone-Bauer vor US-Gerichten eine Milliarde Dollar von Qualcomm.

Apple will künftig auf Modemchips von Intel setzen

Mit den Klagen in Deutschland erhöht Qualcomm nun den Druck auf Apple, sich in der Heimat zu einigen. Apples Antwort erfolgte prompt: Aktuell versucht der iPhone-Hersteller, sich technologisch komplett unabhängig von Qualcomm zu machen. Bereits in der aktuellen iPhone-Generation verbaut Apple in den Modellen für den europäischen Markt Modemchips von Qualcomm-Konkurrent Intel.

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Laut einem aktuellen Bericht des renommierten Apple-Analysten Ming-Chi Kuo von der asiatischen Investmentbank KGI Securities plant Apple, in der kommenden iPhone-Generation ab Herbst 2018 komplett auf Intel zu setzen und keine Qualcomm-Chips mehr zu verbauen. Qualcomm wirft Apple deswegen in einem weiteren Gerichtsverfahren in den USA vor, proprietäre Qualcomm-Software zur Steuerung der Modemchips mit dem neuen Partner Intel geteilt zu haben.

Qualcomm ist Ziel eines feindlichen Übernahmeversuchs

Qualcomm könnte der Krieg mit Apple langfristig mehr Umsatz kosten, als selbst ein Schadensersatzverfahren in den USA einbringen kann. Auch deswegen ist wahrscheinlich, dass sich die Streithähne noch vor einem Urteil einigen. Fraglich ist zudem, ob Qualcomm selbst seine Lizenzforderungen aufrechterhält.

Denn die Chipschmiede ist aktuell Ziel einer feindlichen Übernahme durch den US-Konkurrenten Broadcom. Der hat Anfang der Woche den Qualcomm-Aktionären das höchste Angebot gemacht, das jemals für eine Techfirma aufgeboten wurde.

121 Milliarden Dollar will Broadcom für Qualcomm ausgeben. Sollte Qualcomm das Angebot annehmen, würden die neuen Eigner die Verfahren mit Apple vermutlich zu einem schnellen und gütlichen Ende bringen: Broadcom ist einer der wichtigsten Zulieferer von Apple.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Justin Sullivan / Getty Images