Die Jackfrucht an einem Stand

Es ist beliebt geworden, dem Fleisch abzuschwören. In Deutschland gibt es mittlerweile zwischen sechs und acht Millionen Menschen, die sich entweder vegetarisch ernähren oder nahezu ganz auf Fleisch verzichten. Für sie entwickelt sich eine lebhafte Fleischersatz-Industrie: Tofu-Steaks oder vegane Schnitzel gibt es in vielen Supermärkten zu kaufen, Startups wie Beyond Meat entwickeln veganes Fleisch aus Erbsenproteinen.

Als eine weitere Alternative für Menschen, die kein Fleisch essen, wird auch die Jackfrucht gehandelt. Mit einem Gewicht von bis zu 35 Kilogramm zählt sie zu den größten Fruchtarten der Welt und wächst in tropischen Ländern, insbesondere in Südostasien. Wenn sie vollständig gereift ist, schmeckt die Jackfrucht süß. Sie kann jedoch auch unreif geerntet und verarbeitet werden, um dann aufgrund ihrer faserigen Konsistenz als Fleischersatz zu dienen. Das unreife Fruchtfleisch soll einen kaum merklichen Eigengeschmack haben und daher stattdessen nur nach den Gewürzen schmecken, mit denen es zubereitet wird. So kann die Jackfrucht zu Gulasch oder einem Burger verarbeitet werden.

Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren taucht die Jackfrucht immer wieder in den Medien auf, es gibt Schlagzeilen wie: „Diese Frucht ist dein Fleischersatz, der wie Hühnchen schmeckt“, „Der Exot revolutioniert die vegane Küche“ oder „Die Jackfruit schmeckt wie Fleisch, ist aber viel besser und gesünder!“ Doch ein Erfolg der Frucht scheint trotz Medienrummel bisher ausgeblieben zu sein. So haben die Supermarktketten Edeka, Lidl und Penny das Obst gar nicht im Onlinesortiment, während Konkurrenz Rewe nur eine Jackfrucht-Mischung des Bio-Herstellers Govinda führt. Was steckt also hinter der Frucht?

Kleine Unternehmen mit riesigen Früchten

Anders als die großen Einzelhandelsketten sind ein paar junge Unternehmen auf die Jackfrucht-Welle aufgesprungen. So vertreiben die Studenten Julian Baas und Melissa Perk die Jackfrucht über den Onlineshop Who’s Jack. Die beiden Gründer aus dem nordrhein-westfälischen Willich starteten den Import der Riesenfrucht aus Sri Lanka im Oktober 2017. „Es gibt zwar bereits viele Produkte auf dem Markt, die Fleisch ersetzen sollen, aber die Konsistenz überzeugt nicht“, begründet Gründerin Perk die Entscheidung zum Import der Frucht im Gespräch mit NGIN Food.

Jackfrucht-Tacos in einem Restaurant in Los Angeles

Perk und ihr Mitgründer essen zwar auch Fleischalternativen wie Tofu, doch „in der Zubereitung und im Geschmack überzeugt uns die Jackfrucht.“ Tofu sei sehr weich und erinnere kaum an Fleisch. Seit dem Start hätten sie 800 Gläser mit in Salzlake eingelegter Jackfrucht online verkauft, von denen eine Portion mit 350 Gramm Fruchtfleisch knapp sechs Euro kostet. Dazu kommt noch eine Liefergebühr von fast fünf Euro. Geringe Stückzahlen und hohe Eigenkosten seien der Grund für den Preis, sagt Baas. Zudem wolle man den Bauern in Sri Lanka einen vernünftigen Preis für ihr Bio-Produkt bieten. Wie viel das ist, wollen sie jedoch nicht sagen, „wegen der Konkurrenz.“

Zu dieser gehört auch Julia Huthmann von Jacky F. Sie bietet die Jackfrucht online, aber auch in 400 Offline-Verkaufsstellen wie etwa Bio-Märkten an. Huthmann war Referentin für Nachhaltigkeit in verschiedenen Unternehmen der Bio-Branche und begann die Einfuhr der tropischen Frucht 2016, nachdem sie drei Jahre lang in Sri Lanka lebte. „Ich habe sie in einem Curry mit Fleisch verwechselt und erst die Köchin hat mich aufgeklärt“, erinnert sich die Gründerin aus Niedersachsen. Auch sie denkt: „Viele Leute sind auf der Suche nach guten Alternativen für vegetarische Gerichte, Menschen wollen weg von hochverarbeiteten Produkten“ wie vegetarischen Fertigschnitzeln.

 

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Auch ihr Produkt kostet rund vier Euro für 225 Gramm Fruchtfleisch. „Für ein innovatives Bio-Produkt ist der Preis relativ normal. Wir liegen damit preislich zwischen Bio-Tofu und Bio-Fleisch“, sagt die Gründerin. Der Preis müsse kostendeckend sein. Wie viele Gläser sie seit dem Start verkauft hat, will sie nicht sagen. Auch den Preis, den sie dem Obsthändler zahlt, behält sie für sich. So viel verrät sie dann doch: „2016 haben noch 95 Prozent der Leute, die ich gefragt habe, ob sie die Frucht kennen, das verneint. Heute gibt es eine wachsende Nachfrage.“

Die Gründer von Who’s Jack sehen zwar ebenfalls vermehrtes Interesse. Doch Bass glaubt: „Das Hauptproblem ist, dass die Jackfrucht hierzulande noch unbekannt ist. Die Frucht wurde von Medien gehypt, die großen Unternehmen sind aber nicht aufgesprungen.“ Er vergleicht die Zukunft der Jackfrucht mit Tofu: Erst habe es einen Hype gegeben, der zwar wieder abflaute. Doch dann habe sich dieser doch langsam etabliert. 

Was ist dran am Fake-Fleisch?

Obwohl die Bekanntheit steigt, hat die Jackfrucht als Fleischersatz einen Nachteil. Denn im Vergleich zu proteinreichen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Tofu oder Hülsenfrüchte, die verstärkt als Eiweiß-Lieferanten für vegan-vegetarische Menschen dienen, weist die Jackfrucht einen sehr geringen Eiweißbestand auf. Sie enthält allerdings andere wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamin C oder Folsäure. Die Frucht kann also eine Alternative für zwischendurch sein, die gemeinsam mit anderen Nahrungsmitteln in die Ernährung eingebaut wird. Darauf angesprochen stimmen die Gründer zu. „Uns geht es grundsätzlich darum, den Weg in die fleischlose Ernährung zu erleichtern“, sagt Baas.

Bis die Jackfrucht in Deutschland auf den Tellern landet, muss sie einen langen Transportweg aus den tropischen Heimatländern zurücklegen. Beide Unternehmen lassen die Frucht bereits vor Ort verarbeiten und importieren sie eingelegt in Salzlake in Dosen oder Gläsern. Dadurch könne man auf eine ansonsten benötigte Kühlkette und den Flugtransport verzichten, was besser für die Umwelt sei, begründet Perk. Alle drei Gründer importieren ihre Ware stattdessen mit dem Schiff. Bis Menschen in Deutschland verstanden hätten, dass nicht jedes Gericht Fleisch enthalten müsse, sei die Jackfrucht noch ein „Zwischenprodukt mit einer besseren ökologischen Bilanz als Fleisch“, findet auch ihr Mitgründer.

Bilder: Gettyimages/simonlong,  Gettyimages/The Washington Post/Kontributor