Was für ein Jahr: 3.000, 5.000, 10.000 Dollar – jeder neuer Kurs-Rekord brachte dem Bitcoin mehr Aufmerksamkeit, mehr Investoren, mehr Kapital. Die Kryptowährung hat das Jahr 2017 gerockt wie kein anderes Tech-Phänomen. Der Bitcoin ging „to the moon“ wie man in der Szene sagt. Zwischenzeitlich verzwanzigfachte sich sein Wert von knapp 1.000 Dollar im Januar auf 20.000 Dollar im Dezember. Insgesamt sind rund 200 Milliarden US-Dollar in den Bitcoin geflossen, fast genau so viel noch einmal in die Aberhunderten anderen Kryptowährungen.

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Und all das trotz so vieler schlechter Nachrichten. Denn je größer der Bitcoin wurde, desto größer wurden auch die Widerstände. Erst zerstritt sich die Bitcoin-Gemeinde, sodass sich die Währung im August spaltete, dann verbot China, eines der wichtigsten Länder für die Bitcoin-Community, erst ICOs und dann den Handel mit der Digital-Währung. Andere Länder folgten. Auch in Deutschland warnte die Finanzaufsicht vor dem Totalverlust bei Investments. Andere fanden noch drastischere Worte: „Bitcoin ist Betrug“, wetterte JP-Morgan-Chef Jamie Dimon im September und drohte Mitarbeitern mit der Kündigung, falls diese mit Bitcoins handelten.

Das Bitcoin-Jahr im Rückblick


Zwar gibt es auch Stimmen, die dem Bitcoin eine goldene Zukunft bescheinigen. In den Medien überwiegen aber die Mahner, Blasen-Propheten und Krypto-Kritiker. Nicht wenige sahen sich zuletzt bestätigt, als vor wenigen Tagen der Bitcoin-Kurs in die Tiefe rauschte. Doch das ist eher die Regel als eine Ausnahme. Tatsächlich brach der Bitcoin 2017 ganze sechs Mal ein. Im Januar, November und Dezember ging es jeweils um rund 25 Prozent abwärts. Im Februar, Juli und September stürzten die Preise um über 30 Prozent in die Tiefe.

Dass der Bitcoin mit Widerständen zu kämpfen hat, ist allerdings nicht neu. Neu ist, dass die breite Öffentlichkeit es wahrnimmt. Da der Bitcoin Mittelmänner wie Zentralbanken oder private Geldinstitute überflüssig machen will, greift er ein zentrales Element der globalen Finanzarchitektur an. Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Überall auf der Welt überlegen Zentral- und Notenbanken meist lautstark und von Pressemitteilungen begleitet, wie sie mit dem neuen Geld umgehen sollen. Vor allem die Finanzierung von kriminellen und terroristischen Geldgeschäften bereiten den Aufsichtsbehörden Sorgen. Auch in Deutschland ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht derzeit damit beschäftigt, den Bitcoin und seine Technologie zu durchleuchten und entsprechende juristische Rahmenbedingungen zu entwickeln. Viele Länder haben angekündigt, bald Regularien zu veröffentlichen, wie der Bitcoin zu bewerten ist. In Staaten wie China kommt zudem die Sorge vor unkontrollierbaren Kapitalmarktflüssen hinzu. Denn China kämpft einem immensen Schwund von Kapital in Richtung anderer Länder, den die autoritäre Regierung am liebsten komplett unterbinden würde.

In welchen Ländern ist der Bitcoin-Handel erlaubt?

Deswegen ging China, als eines der wichtigsten Kryptowährungsländer, im September hart gegen den Bitcoin vor. Zwar ist der Besitz nicht untersagt, der kommerzielle Handel aber verboten. Als die chinesischen Zentralbanker gegen den Bitcoin schossen, bekam die Kryptowährung kurzzeitig einen Schluckauf und rutschte um fast ein Drittel ab. Nach einer Woche hatte der Kurs den alten Stand allerdings wieder aufgeholt.

Andere Länder wie Russland haben sich ebenfalls ablehnend positioniert. Allerdings will das Land unter Präsident Wladimir Putin mit dem Krypto-Rubel eine eigene digitale Währung auflegen, die vom Staat kontrolliert werden soll. So will die russische Zentralbank die Kontrolle über den Kapitalmarkt behalten. Und damit ist Russland nicht alleine. Auch Saudi-Arabien, Estland und sogar die USA denken über Staatscoins nach.

Diese Staaten überlegen, Kryptowährungen zu starten

Bei den Nutzern sind der Bitcoin und seine vielen Altcoins ungeachtet dessen hoch begehrt. Nicht nur fließen immer größere Summen in den Kryptomarkt. Handelsbörsen wie Coinbase werden von neuen Nutzern derart überrannt, dass die Krypto-Trader zeitweise unerreichbar waren, tagelang keine neuen User verifizieren konnten und bei der Berechnung der Währungskurse auch schon mal Tausende Dollar daneben lagen.

Derzeit machen der Kryptowährung aber nicht nur das exorbitante Nutzer-Wachstum und Angriffe von Außen zu schaffen; der Bitcoin droht an seinem eigenen Erfolg zu scheitern. Denn der Quellcode der Währung ist nicht für die stark wachsende Zahl der Überweisungen ausgelegt. Durch seine Beschränkung auf eine Blockgröße von einem Megabyte stauen sich zunehmend Transaktionen. Zeitweise mussten Nutzer tagelang auf die Bestätigung einer Zahlung warten. Auch die Überweisungsgebühren haben sich 2017 vervielfacht. Das ist ein immenses Problem: Denn eigentlich war der schnelle, billige Überweisungsmechanismus einst eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale des Bitcoins.

Im November sollte deswegen das zwischen Entwicklern und Minern lange verhandelte Segwit2x-Update eingeführt werden. Dabei sollte die Bitcoin-Blockgröße verdoppelt und so das Tempo von Überweisungen beschleunigt werden. Doch wenige Tage vor der Aktivierung mussten die Segwit2x-Unterstützer zurückrudern. Zu wenig Miner hatten Unterstützung angekündigt. Damit steht der Bitcoin heute vor einer ungewissen Zukunft. Bereits im August hatten sich Kritiker der Blockgröße unter dem Namen Bitcoin Cash abgespalten. Zum Jahresende stieg der Wert der neuen Währung zwischenzeitlich auf über 3.000 Dollar und macht dem Bitcoin damit zunehmend Druck. Wenn die Bitcoin-Entwickler den Quellcode nicht an die Bedürfnisse die Massen von neuen Nutzern anpassen, droht die Kryptowährung gegenüber ihren technologischen Ablegern, den sogenannten Altcoins, an Boden zu verlieren. In der Szene wird deswegen derzeit hart gekämpft und heftig intregiert.

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Zusammen mit dem Aufstieg des Bitcoin ist 2017 auch die Startup-Finanzierung mit Kryptowährung plötzlich populär geworden. ICOs, die neuen digitalen Börsengänge, sammelten 2017 über drei Milliarden Dollar ein. Zu den größten Initial Coin Offerings zählen die Token-Ausgaben von Filecoin und Tezos, die über 230 Millionen Dollar einbrachten. Außerdem stieg der Wert der bei ICOs eingesammelten Krypto-Coins bei vielen Startups wie dem deutschen Lisk um das Vielfache, weil die Kurse von Bitcoin und Ether in die Höhe schossen.

Allerdings scheint der Trend seit Kurzem gebrochen. Sammelten Startups im September laut Coinschedule noch über 800 Millionen Dollar ein, sank der Wert im Oktober bereits auf 600 Millionen und kollabierte im November auf rund 100 Millionen Dollar. Gründe dafür dürften die immer häufigeren Warnungen vor Betrügern und die Entwicklungen in China sein. Das einst wichtigste Land für ICOs verhängte im September ein Verbot und ließ sogar einige ICOs rückabwickeln. Seitdem ist die Höhe des monatlich eingesammelten Kapitals beträchtlich gesunken. Neben China bereiten auch andere – für ICOs wichtige – Länder wie die Schweiz oder die USA neue Regelwerke vor oder haben bereits Bestimmungen erlassen.

In welchen Ländern sind ICOs erlaubt?

Egal, ob im nächsten Jahr die Kurse steigen oder fallen. Egal, ob sich die Bitcoin-Community auf eine Skalierung des Bitcoins einigen kann. Egal, ob ICOs verboten werden oder langfristig ein Faktor in der Startup-Finanzierung werden: Die Kryptoszene ist im Mainstream angekommen. Die Blockchain und all die auf ihr gründenden Technologien beginnen, ganze Branchen wie die Finanz- oder sogar die Cannabis-Industrie umzukrempeln.

2017 hat sich die Kryptoszene aus ihrer Nische hervorgewagt und ist zum gewichtigen Tech-Phänomen geworden: mit Milliarden-Umsätzen, internen Machtkämpfen, einer Subkultur und Tausenden Meme-Witzen – und sogar einer eigenen Sprache. In diesem Sinne: Hodl on, ihr Noobs und Scammer! Möge 2018 „to the moon“ gehen.

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Bild: Getty / Jordan Mansfield