Unter echten Musikliebhabern haben Streamingdienste wie Spotify, Deezer, Beats oder Amazon Prime einen schlechten Ruf. Die häufigsten Kritikpunkte sind der flache Sound und die fehlende Verpackung mit den Extrainformationen zu Songtexten oder beteiligten Musikern. Unter Musikern ist der Ruf sogar noch schlechter, denn sie verdienen mit ihrer gestreamten Musik nur einen Bruchteil vom Erlös einer verkauften CD. Musiker wie Taylor Swift oder die deutsche Band Erdmöbel haben sich sogar von den Plattformen zurückgezogen, so weit das geht.

Doch für die große Masse der Hörer, ist ein Dienst wie Spotify ziemlich praktisch. Man konsumiert die Musik sowieso über die schlechten Smartphonelautsprecher oder Kopfhörer in der U-Bahn oder im Bus. Da kommt es auf die Feinheiten des Klangs nicht so an. Auf Knopfdruck stehen mehr als 25 Millionen Songs zur Verfügung. Wenn man sein Abo bezahlt, auch offline. Das sind ziemlich gute Argumente.

Der 45-jährige Rapper Jay Z aus New York will jetzt zumindest das erste Argument gegen Musikstreaming mit seiner Plattform entkräften. Auf Tidal gibt es ab heute um 23 Uhr auch in Deutschland die Musik im sogenannten Lossless-Format zu hören. Das bedeutet, dass hier nichts von der ursprünglichen Klanginformation weggerechnet wird, damit die Datei kleiner und damit einfacher zu streamen ist. Denn genau so funktioniert das schlanke mp3-Format, dass sich mit Erfindung des iPods durchsetzte. 56 Millionen US-Dollar hat Jay Z für Tidal gezahlt.

Außerdem soll es auf Tidal jede Menge Hintergrundinformationen zu Künstlern und Songs geben. Jay Z und seine Firma versprechen, dass eine Redaktion aus „erfahrenen Musikredakteuren“ Zusatzinformationen liefert und hochwertige Playlisten kuratieren wird. Offenbar sollen Menschen angesprochen werden, für die Musik mehr ist als eine beliebige Hintergrundberieselung.

Den selben Service gab es in Deutschland bereits von Wimp. Hinter Wimp steckt das schwedische Unternehmen Aspiro, das Jay Z vor einigen Monaten übernommen hat. Für Wimp-Kunden wird sich also wenig ändern. Sie sind ja schon bereit, für den besseren Sound fast 20 Euro im Monat zu bezahlen. 10 Euro mehr als Spotify verlangt.

Jay Z hat jedenfalls eine Menge prominenter Musiker hinter sich versammelt, denen es natürlich am Herzen liegt, dass man ihre Musik so hört, wie sie in ihren aufwändigen Produktionen hergestellt wurde. Da sind zum Beispiel Madonna, Kanye West, Beyonce, die ja mit Jay Z verheiratet ist,  Rihanna und Coldplay. Sie haben dafür zum Tag des Launches ihre Profilseiten auf Twitter Türkis eingefärbt, um etwas pathetisch Werbung für Tidal zu machen. Als ob es darum ginge, die Musik zu retten. Ihre und einige andere Alben soll man in Zukunft auf Tidal früher hören können als auf anderen Plattformen.

Ohne den Premiumsound kostet der Dienst von Tidal knapp 10 Euro, mit Luxussound 20 Euro, es gibt einen Webplayer für den PC und iOS- und Android-Apps für mobile Geräte. Für den Anfang kann man 30 Tage lang gratis hören.

Seinen Musikerkollegen hat Jay Z also nicht geholfen. Es sind jedenfalls keine Pläne bekannt, ihnen für einen auf Tidal gestreamten Song mehr Geld zu zahlen als bei der Konkurrenz.

Foto: NamensnennungWeitergabe unter gleichen Bedingungen Bestimmte Rechte vorbehalten von Daniele Dalledonne