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Das Jobkraftwerk-Team Oliver Queck, Benedikt Frings und Tom Lawson (von links)

Sprachbarrieren, komplizierte Verfahren, fehlende Qualifikationen: Für Geflüchtete ist es nicht leicht, hierzulande eine Arbeit zu finden. Dabei sind 77 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland im erwerbsfähigen Alter. 

Das Startup Jobkraftwerk aus Berlin will dabei nun helfen. Gemeinsam mit seinen Mitgründern hat Oliver Queck eine Software gebaut, mit der es Landkreisen und Städten leichter fallen soll, Geflüchtete in den regionalen Arbeitsmarkt zu integrieren. Auf dem Portal können sie ihre beruflichen Qualifikationen auflisten und Lebensläufe erstellen. Behörden haben wiederum einen einfachen Zugang auf diese Daten und können so etwa Weiterbildungen organisieren. Und Unternehmen können passende Mitarbeiter in ihrer Region finden.

Mit der Plattform wollen die Gründer Arbeitskräfte dort vermitteln, wo Bedarf herrscht. Das ist laut Queck vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen der Fall, die in ländlichen Regionen angesiedelt sind. Nach eigenen Angaben laufen Projekte bisher in den Landkreisen Reutlingen, Bodenseekreis und Ravensburg, ab August jedoch auch in Hamburg. 2.500 Geflüchtete und 120 Unternehmen seien bisher registriert. Im Interview erklärt Queck, der das Startup vor rund einem Jahr gründete, das Konzept.

Oliver, was unterscheidet Euch von anderen Plattformen wie Workeer?

Uns unterscheidet, dass wir keine pure Jobvermittlung sind und keine Arbeitsanzeigen posten. Wir begleiten den Prozess der Arbeitsvermittlung von Anfang bis Ende. Die Besonderheit ist, dass die Behörden Zugriff auf unsere Daten haben. Das heißt: die öffentliche Verwaltung, Jobcenter, Bundesagentur für Arbeit oder der Sozialarbeiter. Damit unterstützen wir die Arbeit in der Vermittlung.

Wie macht Ihr das?

Wir erfassen die Kompetenzen der Geflüchteten, die sie auf Arabisch, Farsi oder Englisch eingeben können. Das sind etwa arbeitsmarktrelevante Stärketests wie zur Konzentrationsfähigkeit oder Algebra bis hin zur Standortbestimmung. Daraus generiert sich dann – egal in welcher Sprache man es eingibt – ein deutscher Lebenslauf, der dann als PDF zur freien Verfügung steht. Er ist natürlich angereichert mit Daten für Geflüchtete, also Fluchtzeitraum oder Aufenthaltsstatus.

Ihr arbeitet aber auch mit den Unternehmen zusammen. Wie sieht das aus?

Unternehmen können in unserer Datenbank gezielt nach qualifizierten Kandidaten suchen und mit ihnen in Kontakt treten. Jemand, der eine Personalabteilung hat, kann mit Initiativbewerbungen umgehen. Aber so ein kleiner Handwerker, der 80 Prozent der Zeit auf der Baustelle steht, hat keine Lust, sich damit zu beschäftigen. Deswegen kann er bei uns ganz gezielt nach Qualifikationen der Geflüchteten suchen und kann dann anonymisierte Lebensläufe anschauen. Wir sind nicht fokussiert auf Städte, sondern auf Flächenlandkreise.

Und wenn ein Unternehmen passende Kandidaten gefunden hat?

Unternehmen können für ihre Kandidaten die notwendigen Anträge direkt online auf Jobkraftwerk erstellen und diese werden dann digital an die zuständige Behörde übermittelt. Wir haben also auch den Prozess der Beantragung einer Arbeitsgenehmigung digitalisiert.

Wie sieht die Arbeit aus, die vermittelt wird?

Das kommt voll und ganz auf die Bedarfe in den Unternehmen in der Region an. Grundsätzlich können alle Beschäftigungsarten im Fokus sein und bisher war von der Hospitation über Praktika und Ausbildungen bis zur Vermittlung von Facharbeitern alles dabei. In der Regel erfolgt der Einstieg in den Arbeitsmarkt aber über Praktika. Die Unternehmen müssen die Situation, genau wie die Geflüchteten, erst mal kennen lernen.

Was müssen die Behörden für die Nutzung der Software zahlen?

Das kommt auf die Größe an. Eine Gemeinde oder Stadt fängt bei 10.000 Euro pro Jahr an, ein Landkreis bei 25.000 und eine Großstadt bei 50.000 bis 100.000.

Wie hoch ist die Marge für Euch?

Wir sind ein Social-Startup und nicht auch Profit sondern auf den Impact fokussiert. Aber unsere Marge bewegt sich im üblichen Rahmen einer Digitalplattform.

Danke für das Gespräch, Oliver!

Bild: Jobkraftwerk