Sophie Chung und Gero Graf leiten Junomedical

Der Companybuilder und Investor Project A wagt sich in fremdes Terrain. Das neueste Startup der Berliner beschäftigt sich mit einem aktuellen Boomthema: Medizintourismus. Denn immer mehr Menschen reisen im Zuge der Globalisierung für ärztliche Behandlungen ins Ausland, um Kosten zu sparen – oder eine bessere Behandlung zu bekommen. Die deutschen Startups Medigo und Caremondo sind bereits in diesem Feld aktiv.

Junomedical heißt nun das Venture von Project A, das die Patienten mit ausgewählten Kliniken weltweit verknüpfen möchte. Project A hat einen siebenstelligen Betrag in das Startup gesteckt, das bereits seit November 2015 mit 18 Mitarbeitern unter dem Radar operiert. Geleitet wird Junomedical von Sophie Chung, Ärztin und Ex-Beraterin von McKinsey, sowie Gero Graf, vormals zuständig für das Deutschland-Geschäft des französischen Carsharing-Startups Drivy. Die beiden sind aktuell auf der Suche nach weiteren Investoren.

Im Interview erklärt Gründerin Chung, was Junomedical anders macht.

Sophie, wie bist du in Kontakt mit Project A gekommen?

Das war ein großer Zufall. Ich war gerade dabei meinen Job bei Zocdoc in New York aufzugeben und etwas Eigenes im Digital-Health-Bereich in Berlin zu machen. Da erfuhr ich über mein Netzwerk, dass Project A sich mit Healthcare befassen möchte und für ein bestimmtes Thema noch einen Gründer sucht. So kamen wir ins Gespräch und haben die Idee diskutiert.

Kurz zusammengefasst: Was macht Junomedical genau?

Wir sind eine digitale Plattform, auf der Patienten die passende medizinische Behandlung im Ausland finden können. Wir sind global tätig und vermitteln aktuell Behandlungen in sechs Ländern: Mexiko, Thailand, Polen, Ungarn, Indien und Türkei. Unsere Partnerkrankenhäuser wählen wir selbst nach Qualitätskriterien aus. Nicht jedes Krankenhaus, das möchte, nehmen wir auf unsere Website – ganz im Gegenteil. Die meisten Krankenhäuser, die wir uns ansehen, lehnen wir ab.

Wieso ausgerechnet diese sechs Länder?

Das sind Länder, die sich durch die hohe Qualität ihrer ärztlichen Behandlungen auszeichnen. Die Krankenhäuser sind alle nach strengen internationalen Qualitätsrichtlinien zertifiziert und können mit dem westlichen Standard mithalten – und sind teilweise sogar besser. Außerdem sind diese Länder logistisch relativ unkompliziert für Patienten zu erreichen. 

Woher stammen die Patienten?

Unser Ziel ist es, unser Angebot für alle Patienten weltweit nutzbar zu machen. Aktuell kommen die meisten Patienten aber aus dem englischsprachigen Raum, also USA, Großbritannien und Australien.

Weil das Gesundheitssystem dort so schlecht ist?

Das ist unterschiedlich. In den USA sind die Behandlungen häufig viel zu teuer, in UK sind die Wartezeiten sehr lang. Patienten warten dort oft 18 Wochen oder länger auf einen Termin. Australien hat eigentlich kein großes Problem mit seinem Gesundheitssystem, aber die Menschen dort reisen häufig für zahnmedizinische Behandlungen, aber auch Brustvergrößerungen oder Nasen-OPs nach Asien, weil sie dort sehr hohe Qualität zu deutlich niedrigeren Kosten vorfinden.

Gehören Deutsche auch zur Zielgruppe?

Generell schon, aber mit Deutschland beschäftigen wir uns in der zweiten Phase. Das Gesundheitssystem ist hier im Vergleich sehr, sehr gut. Aber auch die Deutschen reisen teilweise schon ins Ausland für bestimmte Behandlungen. Beispielsweise für Zahn-OPs nach Polen.

Wie finden die Patienten Euch?

Im ersten Schritt kommen die Patienten über Online-Marketing zu uns, beispielsweise über Facebook oder Google. Danach empfehlen diese Patienten uns häufig an ihre Freunde oder Familien weiter.

Wie verdient Junomedical Geld?

Für Patienten ist unser Service vollkommen kostenlos. Unseren Umsatz generieren wir über die direkte Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern.

Organisiert Junomedical auch die Fahrt in die Länder oder den Aufenthalt vor Ort?

Das wollen wir langfristig gerne machen, aber noch sind wir nicht so weit. Wir organisieren die Reise schon in Teilen, zum Beispiel die Fahrt vom Flughafen zum Krankenhaus oder den Kontakt zu Partnerhotels der Krankenhäuser. Außerdem bekommen unsere Kunden ein Infoblatt mit nötigen Kontaktdaten, beispielsweise für die zuständige Botschaft vor Ort.

Medizintourismus hat keinen guten Ruf, das sei Abzocke, heißt es häufig. Es gibt viele Kritiker. Wie geht ihr dagegen vor?

Das Abzock-Image, das Medizintourismus hat, ist nicht unbegründet. Viele Anbieter in diesen Bereichen arbeiten mit Dumping-Preisen oder Rabatten. Hinzu kommt, dass sich viele unserer Wettbewerber ausschließlich auf die Zielgruppe fokussieren, die einfach Geld sparen möchte. Aus meiner Zeit als Ärztin und Beraterin weiß ich aber, dass es viele Menschen gibt, die zwar preisbewusst sind, aber vor allem eine gute Behandlung wollen. Diese Menschen haben Geld und sind gut ausgebildet. Für diese Gruppe stehen wir ein. Unsere strengen Auswahlkriterien sowie unsere kontinuierliche Checks bei unseren Partnerkrankenhäusern verhindern dabei, dass Patienten abgezockt werden.

Vielen Dank für das Gespräch, Sophie.

Bild: Junomedical