Hinter Kaia Health steht der einstige Foodora-Mitgründer Konstantin Mehl.
Hinter Kaia Health steht der einstige Foodora-Mitgründer Konstantin Mehl.

Auf den ersten Blick liest sich die E-Mail, die das Münchner Startup Kaia Health am Montag dieser Woche an seine App-Nutzer verschickt, wie ein normales Werberundschreiben. „Durch den Support treuer Kunden wie dich, konnten wir ein Produkt entwickeln, das bereits vielen Nutzern geholfen hat, ihre Rückenschmerzen zu überwinden. Dafür möchten wir uns bedanken!“.

Wer als Nutzer mit einem großzügigen Rabattcode rechnete, wurde jedoch enttäuscht. Stattdessen kündigte Kaia eine deftige Preiserhöhung an: „Um auch in Zukunft ein großartiges Produkt bieten zu können, werden wir unsere Preise für die App ab 1. März 2020 auf monatlich 99 Euro anpassen“, heißt es in der E-Mail, die Gründerszene vorliegt. 99 Euro im Monat – das entspricht einer Verzwölffachung des Preises. Bislang zahlen Nutzer monatlich rund acht Euro, um Video-Übungen gegen Rückenschmerzen gezeigt zu bekommen.

Nutzer wüten im App-Store

Zwar versicherte Kaia in der E-Mail, dass Bestandskunden nicht von der Preiserhöhung betroffen seien. So müssten diese auch weiterhin nur den gewohnten Monatspreis zahlen. Dies gelte allerdings nur, solange sie ihr Abo nicht kündigen. Wer also schmerzfrei ist und das Training deshalb für einige Monate pausiert, kommt künftig nicht um die 99 Euro pro Monat herum, will er zu einem späteren Zeitpunkt wieder einsteigen. 

Dies veranlasste erste Nutzer dazu, ihrem Ärger öffentlich Luft zu machen: „99 Euro pro Monat…Das ist die Krönung der Geldgier“, schreibt etwa ein User im App-Store von Apple. „Wucher!“, ein anderer. Ein weiterer drückt es sachlicher aus: „Neues Jahr, neue Ziele, Kaia-App installiert. Ich fand die App und die Idee zunächst wirklich gut. 5 Sterne“, schreibt er in seiner Rezension. Doch dann habe er von der Preiserhöhung erfahren. „Das lässt mich fassungslos erstarren. Ich vermutete einen Schreibfehler, aber dem ist nicht so. […] Lasse ich mich von der App auch nur drei Jahre begleiten, würde das 3.600 Euro kosten“, rechnet er vor.

Tatsächlich kann der Preis für eine Smartphone-Anwendung dieser Art durchaus hinterfragt werden. Immerhin hat sich Kaia Health selbst zum Ziel gesetzt, Rückenschmerzen als Volkskrankheit zu bekämpfen. Studien zufolge hat jeder vierte Deutsche ihretwegen schon einmal einen Arzt aufgesucht. Auch der einstige Foodora-Mitgründer Konstantin Mehl war betroffen – und gründete 2016 das Startup Kaia, um sich selbst und anderen Schmerzgeplagten zu helfen. Doch wie glaubwürdig ist dieses Vorhaben angesichts der neuen Preispolitik noch?

Kaia verteidigt Preiserhöhung

Auf Nachfrage von Gründerszene bestätigte das Startup am Mittwoch die umstrittene Preiserhöhung. „Anders als viele Fitness- oder Yoga-Apps im App-Store ist Kaia ein zertifiziertes Medizinprodukt, das mehr Kosten verursacht als üblich“, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Dazu gehörten neben der Patent- und Qualitätssicherung etwa auch die Finanzierung von Studien, um die Wirksamkeit der App zu beweisen. Zudem sei der neue Monatspreis vergleichbar mit anderen alltäglichen Medizinanwendungen: Wer etwa eine Massage oder Physiotherapiestunde in Anspruch nehme, zahle pro Einheit „zwischen 20 und 40 Euro.“ „Bei vier Sitzungen sind das auch circa 100 Euro, bei Massagen sogar mit einem nur wenige Tage andauernden Effekt“, erklärte das Startup.

An der Preispolitik will Kaia deshalb trotz anhaltender Kritik festhalten. Zwar werde man die Entwicklung beobachten, letztlich sei der Preis aber auch ein Beitrag zur Finanzierung des Unternehmens. Angaben zu Umsatz und Nutzerzahlen machte das Startup auf Nachfrage nicht.

Laut Schätzungen von Priori Data wurde die Kaia-App seit dem Start geräteübergreifend rund 580.000 Mal weltweit heruntergeladen. Nach einem siebentägigen Testkurs müssen Nutzer zahlen. Immerhin: Einige Krankenkassen in Deutschland, die ungefähr die Hälfte aller Versicherten vertreten, finden Kaia so spannend, dass sie den Jahresbeitrag für das Programm erstatten. Für Selbstzahler wird es künftig allerdings teuer. Womöglich zu teuer.

Bild: Kaia Health