Katrin ten Eikelder in ihrem Showroom in der Berliner Torstraße

Im August steigt Katrin ten Eikelder mit ihrem Vater den Flieger Richtung Iran. Das Ziel: Eine Teppichmesse in der Hauptstadt Teheran. Die Berliner Gründerin benötigt neue Ware für ihr Startup The Knots, über das sie gebleichte und bunt eingefärbte Orientteppiche verkauft. Auf der Messe angekommen ist sie die einzige Frau, einige der Verkäufer sprechen kaum Englisch.

Mit Händen und Füßen verhandelt ten Eikelder über Preise und Qualität der Vintage-Teppiche. Sie bestellt insgesamt 40 Stück bei mehreren Händlern und kontaktiert ein Logistikunternehmen, das die Teppiche mit dem Lastwagen nach Berlin bringen soll. Vereinbarte Lieferzeit: vier Wochen. Es kommt anders. Erst drei Monate später kann ten Eikelder ihre Ware in Berlin in Empfang nehmen.

„Man lernt in meinem Bereich sehr schnell, dass in anderen Kulturen andere Sitten herrschen“, erzählt die Gründerin. „Bei der Bestellung im Sommer hat sich der Fahrer einfach Zeit gelassen und einen Urlaub in der Türkei eingeschoben.“ Ten Eikelder bezieht alle Teppiche, die sie online vertreibt, aus der Türkei und Iran.

Das Besondere: Die gebrauchten Orientteppiche werden mit knalligen Farben umgefärbt – in gelb, blau, türkis, pink, rot. Dafür werden sie zwei Wochen in der Sonne – teilweise mit Hilfe von Zitrone oder Joghurt – gebleicht, anschließend geschoren und eingefärbt. Nach etwa drei Monaten ist ein Teppich fertig. Die Mitarbeiter der Produzenten in den iranischen Städten Täbris, Teheran oder der türkischen Region Anatolien sind fair bezahlt und lassen keine Kinder bei sich arbeiten. Das ist der Gründerin wichtig.

12.000 Euro investiert die Gründerin zum Start in The Knots

Die Idee für The Knots kam Katrin ten Eikelder, die BWL in Köln und Mailand studierte, bei einem Aufenthalt in New York für ihren alten Arbeitgeber Hugo Boss im Jahr 2013. In Cafés, Bars und auf Flohmärkten bemerkte sie, dass Orientteppiche dort wieder hip waren. Ihr kam die Idee für The Knots. Ihr Vater, der das in Köln bekannte Teppichgeschäft ten Eikelder besitzt, stellte den ersten Kontakt zu einem Händler in der Türkei her. Er half seiner Tochter dabei, die Qualität der Textilien und ihren Preis zu beurteilen.

Katrin ten Eikelder im Iran

12.000 Euro ihres Ersparten steckte die 31-Jährige dann zum Start in The Knots. Mit dem Geld konnte sie eine UG anmelden und die ersten Teppiche bestellen. Im Oktober 2014 ging der Shop live. Seither finanziert sich die Gründerin aus dem Cashflow – und das, obwohl sie durch die teuren Teppiche, die sie den Produzenten abkauft, eine hohe Kapitalbindung hat. „Das Schwierigste an meinem Konzept ist die Komplexität des Produkts, weil alles Unikate sind, die häufig an die 20 Kilo wiegen“, sagt sie. Hinzu komme, dass Kunden einen Teppich ungern online bestellen – sie würden den Stoff fühlen, die Farbe in verschiedenen Lichtverhältnissen sehen wollen.

Katrin ten Eikelder versucht deswegen, es ihren Kunden so einfach wie möglich zu machen: Auf Vorkasse dürfen sie die Teppiche bestellen und bei sich zuhause testen. Sieht der Teppich auf dem heimischen Boden doch nicht so schön aus, wird er kostenfrei beim Kunden wieder abgeholt. Interessenten aus Berlin kommen häufig vorab im The-Knots-Showroom in einer Altbauwohnung auf der Torstraße vorbei. Über das Familien-Geschäft in Köln werden die Unikate ebenfalls verkauft.

„Natürlich verkaufe ich ein totales Nischenprodukt“

Neben den klassischen Vintage-Teppichen hat die Gründerin neuerdings weiche Berberteppiche und Hanf-Teppiche in ihr Sortiment aufgenommen. Die Hanf-Teppiche werden aus traditionellen Hanf-Decken gefertigt, die früher in der Türkei zum Trocknen von Obst und Gemüse verwendet wurden. Zwischen 650 und 2.500 Euro kostet ein Teppich. 15 bis 20 davon verkauft die Gründerin im Monat – und macht so monatlich 20.000 bis 25.000 Euro Umsatz. Besonders hoch sei ihre Marge dabei nicht, gibt ten Eikelder zu. Gute Teppiche seien im Einkauf eben teuer. „Natürlich verkaufe ich ein totales Nischenprodukt“, sagt sie. „Aber ich glaube, Kunsthandwerk und handgefertigte Gegenstände werden von den Menschen in Deutschland wieder stark wertgeschätzt.“

Bisher kümmert sich die Gründerin ganz alleine um The Knots. Marketing macht sie ausschließlich über Instagram und Facebook. Ansonsten haben ihr Interviews in Wohn- oder Frauenzeitschriften sowie Empfehlungen von Freundinnen weitergeholfen. Aktuell überlegt sie, jemanden einzustellen. „Es ist schon eine große Herausforderung, das alles allein zu machen“, sagt sie. „Manchmal wünsche ich mir einen Kollegen als Sparringspartner, mit dem mich über strategische Fragestellungen, neue Produktlinien oder auch einfach die Farbauswahl für neue Teppiche austauschen kann.“

Das Gründen sei eine Achterbahnfahrt, findet Katrin ten Eikelder. Und trotzdem sei sie nie zuvor mit einem Job so glücklich gewesen: „Ich liebe die Freiheit, die Flexibilität und alles, was ich jeden Tag dazulerne. Das würde ich nie wieder gegen einen normalen Job tauschen wollen.“

Bilder: Hannah Loeffler / Gründerszene; The Knots