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Influencerin Bianca (Bibi) Heinicke (rechts) bei einer Filmpremiere in Berlin.

Ein Beitrag von Martin Gerecke, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS.

Der Einfluss von Influencern ist hoch. Für die Verbreitung von Marken sind die Instagrammer, YouTuber und Blogger zum Teil wichtiger geworden als die klassische Anzeigen- oder Bannerwerbung. Denn: Influencer wirken authentischer. Zahlreiche Blogger verdienen mittlerweile viel Geld mit ihren Empfehlungen. Mit steigender Follower-Zahl und Professionalität muss aber auch eine wachsende Verantwortung einhergehen.

Bei vielen Influencern herrscht allerdings Unsicherheit darüber, wie werbliche Beiträge auf Social-Media-Kanälen wie YouTube oder Instagram richtig gekennzeichnet werden müssen. Wie wichtig das Thema ist, hat zuletzt der Fall von „Flying Uwe“ gezeigt. Der YouTuber musste eine hohe Geldbuße zahlen, mit der ihn die Landesmedienanstalt belegt hat. Grund: eine nicht gekennzeichnete Dauerwerbung. Auch Verbraucherverbände mahnen nun vermehrt Influencer ab. Unternehmen, die Blogger beauftragen, haften ebenfalls für die fehlende oder falsche Kennzeichnung.

Was ist also bei der Markierung wichtig?

Das sagt das Gesetz

Kennzeichnungspflichten können sich neben dem Telemediengesetz (§ 6) sowohl aus dem Rundfunkstaatsvertrag (§ 58 RStV) als auch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Nr. 11 d. Anh. zu § 3 Abs. 3 UWG, § 5a Abs. 6 UWG) ergeben. Die gesetzlichen Regelungen bestehen nebeneinander. Für die Durchsetzung sind unterschiedliche Institutionen zuständig: Verstöße gegen den Rundfunkstaatsvertrag ahndet die Aufsichtsbehörde (Landesmedienanstalt oder eine staatliche Behörde). Wegen Verletzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb können Mitbewerber, Wettbewerbsverbände oder Verbraucherschutzvereine vorgehen.

Es gibt Konstellationen, in denen die Pflicht zur Kennzeichnung unstreitig besteht: Wenn der Blogger für die werbliche Präsentation des Produktes auf seinem Social-Media-Kanal von einem Unternehmen bezahlt wird, wenn er eine ähnliche Gegenleistung (zum Beispiel ein kostenloses Testprodukt) erlangt – oder wenn er eigene Produkte bewirbt, so wie es „Flying Uwe“ getan hat. All solche Posts müssen als Werbung (oder im Fall von „Flying Uwe“ als Dauerwerbesendung) gekennzeichnet werden.

Ungeklärt ist jedoch bislang der Fall der werblichen Präsentation von selbst gekauften Produkten (Eigenkauf). Häufig wird vertreten, die werbliche Darstellung selbst gekaufter Produkte sei nicht kennzeichnungspflichtig. Auch die Landesmedienanstalten geben in ihren FAQs Entwarnung und verneinen bisher eine Kennzeichnungspflicht nach dem Rundfunkstaatsvertrag (wenn der Blogger eine eigene Meinung zu dem selbstgekauften Produkt äußert).

Doch auch beim Eigenkauf kann es Kennzeichnungspflichten geben.

Was, wenn man ein Produkt selbst kauft?

Hat der Post einen klar werblichen Charakter, der wegen der übermäßig positiven Darstellung keine sachliche Information mehr darstellt, kann Schleichwerbung vorliegen (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 Rundfunkstaatsvertrag). Der Europäische Gerichtshof hat 2011 klargestellt, dass ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung an den Blogger keine Voraussetzung dafür ist, damit Schleichwerbung vorliegen kann. Umso höher der werbliche Charakter des Posts, desto eher wird die werbliche Absicht angenommen. Konsequenterweise muss Schleichwerbung nicht nur in fernsehähnlichen Telemedien wie YouTube, sondern in sämtlichen Telemedien verboten sein, wie beispielsweise Facebook oder Instagram.

Auch nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist Schleichwerbung als unlautere Handlung beim Eigenkauf möglich (§ 5a Abs. 6). Es kommt dabei ebenfalls nicht darauf an, ob der Blogger ein Entgelt oder ein Testprodukt erhalten hat. Denn laut Gesetz handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht – sofern sich der Zweck nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.

Die übermäßig positive Erwähnung oder Darstellung von selbst gekauften Produkten auf Social-Media-Kanälen ist eine geschäftliche Handlung zur Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens, auch wenn der Blogger nicht im Namen oder im Auftrag des Unternehmers handelt.

Nicht immer wird der kommerzielle Zweck der Produkterwähnung dem Verbraucher unmissverständlich deutlich. Häufig wird der Verbraucher zunächst einmal von einer privaten Meinungsäußerung des Bloggers ausgehen. Getarnte Werbung, also die mangelnde Kennzeichnung des tatsächlichen kommerziellen Zwecks, ist dann stets geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung – dem Kauf – zu veranlassen und damit unlauter. Es ist dabei unerheblich, was der Blogger tatsächlich beabsichtigt. Es kommt auf die objektive Wahrnehmung des Verbrauchers an. Er soll in seiner Entscheidungsfreiheit vor einer unzulässigen Verschleierung des Werbecharakters geschützt werden. Dabei ist nicht entscheidend, wer das Produkt gekauft hat, sondern ob die Botschaft, die der Blogger übermittelt, getarnte Werbung darstellt.

Verkürzt gesagt: Entscheidend ist nicht die Herkunft des Produkts, sondern ob am Ende versteckte Werbung steht.

Meinung versus Werbung

Natürlich stellt nicht jede Erwähnung eines selbstgekauften Produktes Werbung dar. Kennzeichnungspflichten nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb bestehen nur bei geschäftlichen Handlungen. Rein private (werbliche) Empfehlungen an Freunde (auf dem privaten Blog) sind nicht kennzeichnungspflichtig. Für die professionelle Bloggerszene und die dahinter stehenden Unternehmen ist das Influencer Marketing allerdings längst ein Business, auch wenn (oder gerade weil) es nicht danach aussieht.

Wann die Grenze von der Meinung zur Werbung überschritten wird, ist nicht immer leicht zu beurteilen. Schleichwerbung kann nur angenommen werden, wenn der Beitrag klar werblich ist und sich von einer sachlichen Berichterstattung und der bloßen Meinungsäußerung abhebt. Indizien für eine getarnte Werbung sind eine reklamehafte Sprache, die Übernahme von Bildmaterial des Produktherstellers, die Beschreibung der Ware im reklamehaften Stil, Kaufempfehlungen oder die Übernahme von Produkt- und Markenslogans. Entscheidend ist das „Wie“ der Darstellung. Der unabhängige und neutrale Produkttest muss im Rahmen des Bloggens kennzeichnungsfrei bleiben. Gleiches gilt natürlich dann, wenn ein Produkt negativ bewertet wird. Insgesamt besteht ein nicht leicht zu durchdringendes Spannungsfeld zwischen der freien Meinungsäußerung und dem Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Einflussnahme durch verschleierte Werbung.

Die derzeitige Rechtslage ist in Teilen unübersichtlich und deshalb insbesondere für die Blogger unbefriedigend, die Gefahr laufen, abgemahnt zu werden. Risiken bestehen vor allem beim Eigenkauf. Dies zeigen bereits die Abmahnungen der Verbraucherverbände in diesem Bereich. Die Influencer-Szene changiert aktuell zwischen Unkenntnis und pauschaler Kennzeichnung aller Posts, egal ob Werbung oder Meinung. Es mangelt bisher an Rechtsprechung, die dringend notwendig wäre für die weitere Rechtsfortbildung.

Bild: Getty/Matthias Nareyek