Die Gründer von Kiwi.ki: Peter Dietrich (links), Claudia Nagel und Christian Bogatu

Kiwi.ki will den Schlüssel abschaffen

Die Berliner Kiwi.ki GmbH entwickelt und vertreibt das schlüssellose Zugangssystem „Kiwi“ für Haustüren. Ein kleiner Transponder entriegelt die Tür automatisch aus einer Entfernung von einem bis drei Metern. Außerdem lässt sich die Haustür auch über eine Smartphone-App öffnen, beispielsweise wenn man auf dem Sofa sitzt und Freunde hereinlassen will. Gründerszene hat mit Kiwi.ki-Mitgründer Christian Bogatu über Funktionalität und Sicherheit des Systems gesprochen – und darüber, welche Pläne das Unternehmen für die Zukunft hat.

Wie ist die Idee zu Kiwi.ki entstanden?

Die Idee kommt von unserer Mitgründerin Claudia Nagel. Sie ist dreifache Mutter und hatte sich – bepackt mit Kindern und Einkaufstüten – schon 2007 gewundert, warum in der heutigen Zeit immer noch Metallschlüssel aus der Handtasche herausgekramt werden müssen, obwohl man das Ganze doch auch intelligenter lösen könnte.

Und wie kam es dann zur Gründung zu viert? Wie habt ihr euch zusammengefunden?

Claudia hatte mir Ende 2011 von ihrer Idee erzählt. Über Nacht haben wir Peter Dietrich als dritten Mitgründer begeistern und Andreas Dulger als Gründungsinvestor überzeugen können. Im Februar 2012 haben wir dann zu viert die Firma gegründet.

Claudia und ich haben uns bei McKinsey kennengelernt. Vor McKinsey habe ich in Kalifornien eine Container-Sicherheitsfirma, Kirsen Global Security, gegründet. Bei der wiederum war Peter Investor und wir wollten immer gerne gemeinsam etwas machen. Andreas war ebenfalls bei meiner Firma Investor und war auch sehr schnell begeistert von der Idee zu Kiwi.

Profiteure des Kiwi-Zugangssystems sind ja vor allem die Bewohner von Mehrfamilienhäusern. Aber einbauen müssen es die Hausverwalter und -besitzer. Wie bekommt ihr die dazu?

Eigentlich haben wir drei Kundengruppen, die alle Kiwi nutzen wollen und sollen. Einmal die privaten Hausbewohner, die haben den Komfortgewinn. Dann gibt es die Hausverwalter und -besitzer, die uns den Einbau erlauben müssen. Die profitieren durch eine höhere Effizienz und geringere Kosten in der Schlüsselverwaltung und können beispielsweise ihre Handwerker und Hausmeister mit Kiwi in die Häuser lassen und dadurch erhebliche Kosten sparen.

Und dann gibt es eine dritte Gruppe, die eine zentrale Rolle in unserem Geschäftsmodell spielt, weil sie uns ermöglicht, Kiwi zu einem erschwinglichen Preis anzubieten: Dienstleister, die ein berechtigtes Interesse haben, Zutritt zu einem Mehrfamilienhaus zu bekommen. Das sind zum Beispiel die Deutsche Post oder Unternehmen für die Müllentsorgung, mit denen wir auch schon kooperieren.

Ist das Konzept dann nur für Mehrfamilienhäuser gedacht? Oder wollt ihr die Technologie auch auf andere Bereiche ausweiten?

Der Zutrittskontrollbereich ist alleine in Deutschland ein Milliardenmarkt. Die großen Hersteller in diesem Bereich fokussieren sich aber momentan eher auf den Geschäftsbereich, die findet man also in großen Bürogebäuden und Hotels. Wir hingegen konzentrieren uns auf Wohnhäuser – und jetzt am Anfang auf die Haustüren von Mehrfamilienhäusern.

Natürlich ist es aber unser Ziel, auch die Wohnungstüren mit Kiwi auszustatten, das ist aber ungleich schwieriger, weil es so viele unterschiedliche Türen mit unterschiedlichen Designs und Abmessungen gibt. Wir entwickeln gerade eine Lösung und arbeiten dabei auch mit großen Zutrittskontrollfirmen zusammen, sprechen aber natürlich auch mit Startups wie Lockitron oder Goji aus den USA. Denn die bauen Systeme für die Wohnungstür – und wenn die ein gutes System haben, integrieren wir das in Kiwi.

Ihr wollt also langfristig den Schlüssel für die Haus- und Wohnungstür abschaffen – der symbolisch eigentlich für Sicherheit steht. Wie sieht es denn bei Kiwi in puncto Sicherheit aus?

Der Schlüssel stünde für Sicherheit – das ist eine der größten Fehlinterpretationen. Wenn ich in der heutigen Zeit meinen Schlüssel auch nur hervorhole und jemand macht ein Foto davon, dann kann er in einem 3D-Drucker meinen Schlüssel nachbauen. Den Schlüssel aus der Hand zu geben, ist von jeher sehr unsicher, man kann so einfach einen Abdruck davon machen. Wenn ich einen Schlüssel verliere, bleibt mir eigentlich nur übrig, das Schloss auszutauschen, was dann relativ teuer werden kann.

Das Thema Sicherheit und Datenschutz ist – neben dem Komfortgewinn, den wir erreichen wollen – von Anfang an in das Design von Kiwi eingebaut gewesen. Wenn ich einen Transponder verliere, kann ich ihn beispielsweise in Echtzeit sperren lassen oder per App selber sperren.

Im Falle von Verlust und Diebstahl sicherlich eine Lösung. Aber kein System ist wirklich perfekt. Wie schützt ihr euch vor Hackern?

Wir haben unser System sogar zusammen mit Hackern entwickelt. Natürlich ist kein System absolut sicher – das ist technisch unmöglich. Deshalb legen wir unsere sicherheitsrelevanten Algorithmen offen und zeigen sie allen Experten und Hackern der Welt und sagen denen: „Vesucht bitte, uns zu hacken, damit wir unser System kontinuierlich weiterentwickeln können.“ Die bekommen sogar einen Preis, falls sie es hinbekommen. Dadurch wollen wir einen Anreiz schaffen, dass sie auf uns zukommen und uns helfen, die Schwachstelle wieder zu schließen, statt sie kriminell zu nutzen.

Und angenommen, eine Produktionsreihe hätte einen Bug. Wie sichert ihr euch ab?

Bei uns verlässt kein Produkt die Produktionsstätte, wenn es nicht allen Qualitätskriterien entspricht, da gibt es sehr strenge Kontrollen. Sollte es trotzdem zu Fehlern kommen, ist es natürlich vorteilhaft, dass wir die Systeme selbst in die Türen einbauen. Außerdem lassen wir lokal in Berlin produzieren, wo Kiwi.ki auch seinen Sitz hat. Das hat den Vorteil, dass man sich nicht in den Flieger setzen und zum Beispiel nach China fliegen muss, wenn es mal irgendein Problem gibt.

Bei einem Software-Problem könnten wir über die Funkschnittstelle die Software erneuern. Wenn es ein Hardware-Bug wäre, müssten wir natürlich in den sauren Apfel beißen und die betroffenen eingebauten Installationen erneuern.

Nun mal zum Thema Geld. Wie finanziert ihr euch zur Zeit? Und wie wollt ihr zukünftig Geld verdienen?

Wir haben vor einigen Monaten eine siebenstellige Seed-Finanzierungsrunde aufgenommen. Und unser Geschäftsmodell sieht eine monatliche Pauschale vor, die wir von privaten Bewohnern und auch den mit uns kooperierenden Dienstleistern bekommen, dafür, dass sie Kiwi nutzen können. Die Dienstleister bezahlen darüber hinaus teilweise sogar die Installationskosten unserer Hardware.

Bisher haben wir vor allem von eurem Geschäft in Deutschland gesprochen. Gibt es denn Expansionspläne?

Absolut! Das System ist von Anfang an so designed, dass es weltweit einsetzbar ist und wir sehr schnell skalieren können. Es ist also unser Ziel, Kiwi so schnell wie möglich auch international anzubieten.

Das klingt nach großen Zielen. Welchen Herausforderungen habt ihr euch bei Kiwi.ki bisher gestellt? Und welche werden noch auf euch zukommen?

Herausforderungen beim Aufbau einer Firma gibt es ja zuhauf. Eine riesige Herausforderung bei Kiwi.ki war und ist sicherlich die Überzeugungsarbeit, die wir leisten müssen – sowohl in Bezug auf Sicherheitsfragen als auch den Komfortgewinn von Kiwi, den Leuten also einen „Schlüsselmoment ohne Schlüssel“ zu vermitteln.

Bild: Kiwi.ki