LUCIAN_SCHOENEFELDER_KKR_10192_RTCH_KM
Die Private-Equity-Firma KKR ist für seine großen Investments bekannt. Vor einigen Jahren stieg das Unternehmen etwa mit einem dreistelligen Millionen-Betrag bei der Stockphoto-Börse Fotolia ein – und verkaufte es wenige Jahre später für 800 Millionen an Adobe.

Seit einer Weile bereits hat es der Geldgeber nun auch auf deutsche Tech-Unternehmen abgesehen. Ende des vergangenen Jahres verkündete KKR einen Tech-Fonds mit 711 Millionen Dollar, bei dem deutschen Unternehmen GetYourGuide ist KKR bereits eingestiegen.

Lucian Schönefelder leitet das sogenannte Growth-Equity-Geschäft von KKR und die Investitionen in Internet-Unternehmen in Europa. Im Interview mit Gründerszene erklärt er, wie sich der bekannte Investor von anderen VCs absetzen will und was von den Hype-Themen Künstliche Intelligenz und Fintech hält.

Lucian, KKR ist bekannt für große Investitionen, sogenannte Private-Equity-Geschäfte. Seit einigen Jahren investiert Ihr nun auch in jüngere Digital-Unternehmen. Wieso?

Anfang der 2010er Jahre haben wir angefangen, uns mit Internet-Investments auseinander zu setzen. Wir sind zum Beispiel bei Fotolia eingestiegen und haben das Unternehmen dann später an Adobe verkauft. Nach mehreren Transaktionen ist uns aufgefallen, dass es einen Bedarf für kleinere Investments gibt. Die meisten unserer vorherigen Beteiligungen waren 150 Millionen US-Dollar und mehr. Bei Fotolia wären wir gerne eine Runde früher eingestiegen, als wir die Firma noch zu einem Drittel des Preises hätten bekommen können. Vergangenes Jahr sind wir dann mit unserem Technology-Growth-Fonds gestartet. Mit diesem zielen wir auf Beteiligungen von bis zu 100 Millionen US-Dollar.

Ihr arbeitet nicht wie ein klassischer Startup-Investor, Ihr wollt kein „Tech-Risiko“ eingehen. Was bedeutet das?

Bei unseren Wachstums-Investitionen achten wir grundsätzlich auf ein etabliertes, funktionierendes Produkt, das bereits an Kunden in einem großen Markt verkauft wird und entsprechend starke Umsätze erzielt. Durch diesen Fokus ist das Ausfallrisiko bei unseren Beteiligungen viel geringer als im VC-Bereich. Daneben legen wir sehr viel Wert auf ein erstklassiges Team, das das jeweilige Produkt international skalieren kann.

Wie lässt sich das in Zahlen ausdrücken?

Die interessanten Unternehmen machen typischerweise mindestens 15 Millionen Dollar Umsatz, Profitabilität ist zum Zeitpunkt unseres Einstiegs noch nicht nötig. Wir schauen eher darauf, wie sich die Unit Economics entwickeln, wenn die Unternehmen mehr in Marketing oder Sales investieren.

Ihr habt in das Berliner Startup GetYourGuide investiert. Im Markt für Reise-Aktivitäten ist längst nicht ausgemacht, wer der dominante Player im Markt ist.

Das verstehen wir nicht als Tech-Risiko. Die tatsächliche Umsetzung ist entscheidend, Wettbewerb gibt es immer. Wir stellen uns vielmehr die Frage: Funktioniert die Skalierung von 20 auf 100 Millionen US-Dollar Umsatz?

Mit ein paar Jahren Erfahrung seid Ihr relativ neu unter den Wachstums-Investoren. Wie schwer ist es, an gute Deals heranzukommen?

Als wir 2014 Firmen wie GetYourGuide angesprochen haben, kannten die uns natürlich. KKR hat einen sehr guten Namen, wenn wir auch eher für große Finanzierungen bekannt sind. Die Gründer sehen, dass wir ein starkes Skillset und globales Netzwerk mit an den Tisch bringen. Das kann ihnen kein VC bieten, mit dem sie arbeiten.

Was bietet Ihr genau?

Über unser Netzwerk an Software-Unternehmen im Portfolio können wir zum Beispiel auch operative Hilfe leisten. Hat jemand Probleme mit dem Online-Marketing, finden wir einen Interim-CMO und verbinden das Startup mit den richtigen Headhuntern. Wir haben operative Teams zu ganz verschiedenen Themen, etwa für das Pricing. Oder wir stellen relevante Kontakte her, wenn es um die Expansion in die USA oder Asien geht, wo wir lokale Teams haben.

Mit Trainline und GetYourGuide habt Ihr in zwei Travel-Unternehmen investiert. Was macht den Markt interessant für Euch?

Bei beiden Firmen gibt es Milliarden-Märkte. Der globale Markt für Reiseaktivitäten von GetYourGuide ist ungefähr 100 Milliarden US-Dollar groß und der Markt für die Bahn- und Busticket-Buchungsplattform Trainline umfasst global 220 Milliarden US-Dollar. In Europa sind es allein 80 Milliarden US-Dollar. Vergleicht man beide Märkte mit dem Markt für Flüge und Hotels, zeigt sich, dass sie bezüglich der Online-Penetration noch sehr viel mehr Potential haben.

Welche Perspektive bietet GetYourGuide abseits eines großen Marktes?

Schon bei unserem Einstieg hatte das Startup viele Anbieter tief in der Plattform integriert, beispielsweise in den Ticket-Systemen von Museen. GetYourGuide ist ein Two-Sided-Marketplace in einem sehr fragmentierten Markt und ist bei weitem der größte Player in Europa.

Zu Euren Investment-Themen zählt auch Künstliche Intelligenz (AI). Sind diese Startups in Europa nicht in einem zu frühen Stadium, um dort groß einzusteigen?

Es gibt unglaublich viele Firmen, die sich jetzt Artificial Intelligence auf die Fahnen schreiben. In Wirklichkeit ist oft wenig AI drin. Wir haben mit Arago in Frankfurt bereits ein Investment im AI-Bereich getätigt. Arago-Gründer Chris Boos setzt sich seit langer Zeit damit auseinander, wie sich Unternehmensprozesse – insbesondere in der IT – durch AI automatisieren lassen.

Wie wird sich dieses Hype-Thema weiterentwickeln?

Es wird bald in allen Branchen eine Rolle spielen, zum Beispiel auch in der Versicherungs- oder Gesundheitsbranche. Wir arbeiten ja auch mit Bertelsmann, ProSieben, Siemens und Bosch zusammen und haben eine Beobachtung gemacht: Diese Firmen haben viele Daten, die sie aber oft nicht wertmaximierend auswerten. Startups haben zwar oft die bessere Technologie, aber ihnen fehlen wiederum Daten und die Kundenbasis. Wir glauben, dass es interessante Möglichkeiten an dieser Schnittstelle zwischen Startups und größeren Firmen gibt, und wir versuchen hier Brücken zu schlagen, da wir ja in beide Bereiche investieren.

Und wie funktioniert das konkret?

Indem wir in entsprechende Technologieunternehmen investieren und dann größeren Firmen bei ihrer Transformation helfen. Eine weitere Möglichkeit ist es, dass wir mit den großen Playern gemeinsam ein neues Geschäft gründen. Es wird unterschätzt, was die größeren Firmen an tiefem Wissen besitzen. Das ist unglaublich schwierig zu replizieren – und dieses Wissen liegt zum Teil zu sehr brach. Da genau hilft unser Growth-Fonds. Denn: Man muss die Welt der Gründer, der neuen Technologien verstehen, aber auch die der großen Unternehmen. Das können wir.

Auch das Thema Fintech gehörte zu den Hype-Themen der vergangenen Jahre. Wie siehst Du diesen schwierigen Markt?

Ich glaube schon, dass es da zahlreiche Anwendungen gibt, bei denen sich neue Software-Player etablieren werden. Das ganze Thema Peer-2-Peer-Lending schätzen wir hingegen eher schwierig ein. Was interessanter ist: Wie können Startups über Software großen Finanzinstitutionen helfen, effizienter zu arbeiten? Wenn es um den Handel von Anleihen geht, wird teilweise noch zum Telefonhörer gegriffen. Das lässt sich deutlich effizienter gestalten.

Bild: KKR