Vinted_JustasJanauskas_MildaMitkute
Vinted_JustasJanauskas_MildaMitkute Die Gründer der Mutterfirma von Kleiderkreisel Justas Janauskas und Milda Mitkute.

Für so manchen Vintage-Fan dürfte es heute ein schöner Tag sein: Die Klamotten-Tauschbörse Kleiderkreisel soll in Zukunft kostenfrei werden. Das verkündete das Unternehmen vor ein paar Stunden auf seiner Webseite.

Ab sofort sind damit alle Verkäufe bei Kleiderkreisel gebührenfrei, die per Banküberweisung bezahlt werden. Außerdem soll es deutlich günstiger werden, mit Kreditkarte, Sofortüberweisung oder PayPal zu zahlen. In Zukunft fällt nur noch eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von fünf Prozent auf den Verkaufspreis des Artikels an – und die soll zehn Euro nicht übersteigen.

Ende 2014 hatte das Unternehmen die Gebühren eingeführt. Damals begründete der Gründer der Kleiderkreisel-Mutterfirma Vinted Justas Janauskas den Schritt gegenüber Gründerszene mit diesen Worten: „Wir kommen bis jetzt mit unseren Werbeträgern für nur 20 Prozent der Gesamtkosten des Unternehmens auf. So können wir als internationales Unternehmen nicht weitermachen – denn die restlichen 80 Prozent werden bis jetzt von externen Investitionen getragen. Auch deshalb haben wir uns für die Gebühren entschieden.“

Jetzt rudert das Unternehmen offenbar zurück und ändert seine Monetarisierungsstrategie. Ab sofort ist die Plattform kostenlos, verkündet Kleiderkreisel auf seiner Webseite. „Der Wunsch nach einer Möglichkeit, kostenlos zu verkaufen, war so groß, dass wir dem nachkommen wollten“, schreibt eine Sprecherin von Kleiderkreisel auf Anfrage von Gründerszene. Finanzieren werde sich das Unternehmen in Zukunft über optionale Zusatzleistungen, wie zum Beispiel der Kauf einer Versicherung, um Transaktionen sicherer zu machen.

Warnstreiks, Petitionen und Austrittsdrohungen

Tatsächlich stand Kleiderkreisel seit der Einführung der Gebühren heftig in der Kritik. Nutzer organisierten Warnstreiks, es gab Online-Petitionen und massenweise Austrittsdrohungen. Auf Facebook bildete sich zum Beispiel eine Gruppe namens Willkürkreisel, in denen sich enttäuschte Kreisler – wie sich die Vielnutzer der Seite selbst bezeichnen – über manche Unternehmensrichtlinien beschweren.

Neben den vielfach beklagten Gebühren gibt es zwei weitere große Kritikpunkte: Zum einen bemängeln die Kreisler den fehlenden Service der Plattform. „Der Käuferschutz ist ein Witz“, sagt eine Userin aus Hannover, die namentlich nicht genannt werden will, gegenüber Gründerszene. Während es früher für Beschwerden noch eine Email und Telefonnummer auf der Seite gab, werde man heute bei Nachfragen lediglich auf das Hilfeformular verwiesen. Dort bekomme man dann die immer selben Textbausteine zugeschickt: „Manchmal kommt es mir so vor, als ob die Mitarbeiter die Anmerkungen gar nicht mehr richtig lesen“, so die Frau.

Anzügliche Bilder im Forum

Zum anderen beschweren sich Mitglieder immer wieder über Zensur im Kleiderkreisel-Forum. Die Gründer haben die Second-Hand-Tauschbörse als Alternative gegen Konsumwahn etabliert – dementsprechend sozial und ökologisch interessiert sind die Mitglieder. In dem Forum debattieren sie nicht nur über Klamotten und Beauty, sondern auch über aktuelle gesellschaftliche Themen. Allerdings scheint nicht jeder Diskussionsbeitrag bei den ehrenamtlichen Moderatoren des Forums gut anzukommen. Die Nutzerin aus Hannover sperrten sie zwei Wochen lang wegen dieses Satzes: „Ich werde mich stets gegen Faschismus aussprechen und wer pro Erdogan ist, ist ein fucking Faschist.“

Eine Nutzerin mit dem Profilnamen Kreiselicious traf es noch schlimmer. Kleiderkreisel blockierte ihr Profil bis zum Jahr 2286  – mehr als 250 Jahre lang. Zuvor hatte sie im Forum darauf hingewiesen, wie schlecht Kleiderkreisel auf Trustpilot bewertet ist: mit 0,7 von 10 möglichen Punkten.

Auf die Sperrungen angesprochen, schreibt die Kleiderkreisel-Sprecherin: „Wir tolerieren kein beleidigendes Verhalten in unserem Forum, weder gegenüber anderen Mitgliedern noch gegenüber unserem Team.“ Jedes Mitglied, das gegen Forenrichtlinien verstoße, werde mehrfach verwarnt und erst dann gesperrt, wenn keine Besserung dieses Verhaltens eingetreten sei.

Außerdem betont die Sprecherin, dass die Nutzerin Kreiselicious dauerhaft blockiert sei, weil sie zwei Accounts gehabt habe – und nicht aufgrund ihrer Äußerungen im Forum.

Für anzügliche Bilder scheinen die strengen Regeln allerdings nicht zu gelten. „Fast täglich posten Männer Penisbilder im Forum“, erzählt die Nutzerin aus Hannover. Solche Fotos rühre Kleiderkreisel nicht immer an, auch wenn sich Mitglieder darüber beschwerten.

Dass Kleiderkreisel nun die Gebühren gesenkt habe, sei ein wichtiger Schritt, um wieder das Vertrauen der Mitglieder zu gewinnen, findet die Userin. Allerdings müsse nun auch der Service nachziehen, damit sie die Seite weiter nutze. In den letzten Tagen hat sie bereits eine Alternative für Kleiderkreisel gesucht: einen Second-Hand-Laden in ihrer Nachbarschaft.

Bild: Vinted / Hinweis: Der Text wurde aktualisiert.