IMG_8819
Gisbert Rühl ist CEO des Stahlhändlers Klöckner

Der Stahlhändler Klöckner hat sich einen harten Digitalisierungskurs verordnet. Das Projekt von CEO Gisbert Rühl liegt im Plan: Eine Milliarde Euro Umsatz macht er bereits im Internet.

Das vor mehr als 110 Jahren gegründete Handelshaus will zum „Amazon des Stahlhandels“ werden, wie der Vorstandsvorsitzende es ausdrückt. Ein ambitioniertes Ziel in einer Branche, in der das Faxgerät noch heute ein zentrales Arbeitsmittel ist. Der CEO erklärt knapp zwei Jahre nach seiner Ankündigung gegenüber Gründerszene, welche Etappenziele sein Unternehmen dabei bereits erreicht hat.

„Wir machen bereits 17 Prozent unseres Umsatzes online“, sagte Rühl. Das summiere sich auf einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro. „Bis zum Jahr 2020 wollen wir mehr als die Hälfte unseres Umsatzes online abwickeln.“ Alle Produkte, die das Unternehmen physisch vertreibt, kann man auch online kaufen.

Neue Konzepte vom Kunden her denken

Klöckner geht noch zwei Schritte weiter. Zum einen hat das Unternehmen seine Plattform für andere Anbieter und Produkte geöffnet, die der Händler nicht selbst im Programm hat – zum Beispiel Kupferrohre. „Zusätzlich haben wir eine neutrale Industrieplattform gelauncht“, sagt Rühl. Dort bieten Klöckner und seine Wettbewerber ihre Produkte an. An dieser Plattform halte das Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung.

Für den Duisburger Stahlhändler war dieser Schritt unausweichlich. Man sei sich der Gefahr bewusst gewesen, dass man damit seinen Mitbewerbern eine Bühne geben würde, räumte Rühl ein. Doch der Markt fordere eine solche Plattform. „Wenn wir es nicht machen, macht es jemand anderes“, sagte Rühl einmal. Man müsse solche Angebote vom Kunden her denken.

Strategische Investments in Startups

Der digitale Wandel eines Traditionsunternehmens funktioniert nicht ohne Reibungsverluste. Insbesondere Vertriebsleute fürchten um ihre Arbeitsplätze, weil Onlineshops gewöhnlich effizienter sind als der analoge Handel. „Die Transformation klappt nur, wenn man den Mitarbeitern eine Zukunft in der Onlinewelt gibt“, sagt Rühl. Sie müssten verstehen, dass sie damit mehr Zeit für den Kunden und für neue Kunden gewinnen.

Der Stahlhändler investiert auch in Startups – indirekt über drei Wagniskapitalfonds, an denen er beteiligt ist. Die erste Beteiligung an dem Online-Werkzeughändler Contorion war ein schneller Erfolg. Wie Gründerszene berichtete, wurde das Berliner Startup im Juni 2017 für mehr als 100 Millionen Euro verkauft. „Wir investieren nur um unsere Stahlhandelsplattform herum“, erläutert Rühl die Strategie bei den Beteiligungen. Es würden auch nur kleine Anteile investiert.

3D-Druck als Zukunftstechnologie

Das zweite strategische Investment ist in den Berliner 3D-Druck-Pionier BigRep geflossen, der gerade die Serienproduktion seiner großen Drucker mit einem Arbeitsvolumen von mehr als einem Kubikmeter begonnen hat. BigRep kooperiert hier mit dem Druckmaschinenhersteller Heidelberg. In seinem Berliner Digitalhab „kloeckner.i“ sucht der Stahlhändler nach Ideen, wie sich diese Technologie in das angestammte Geschäftsmodell integrieren lässt.

Bild: Jürgen Stüber