KolumneSonntag

Der Traum vom Fliegen. Oft sind es nicht die ganz großen Ideen, die uns begeistern. Es kann etwas Übersichtliches sein. Oder ein Produkt, das uns auf wundersame Weise in unsere Kindheit zurückversetzt. Ein Gründer aus Israel baut kleine Elektromotoren für Papierflugzeuge. Ursprünglich wollte er ein paar Tausend Dollar einsammeln, um ein kleines Geschäft für die Weihnachtszeit daraus zu machen. Doch nach kurzer Zeit haben sich schon 780.000 Dollar per Crowdfunding angehäuft. Ein Papierflieger mit einem kleinen Motor, der sich per App bedienen lässt. Das lässt offenbar sehr viele Herzen in aller Welt höher schlagen. Es muss nicht immer die ganz große Idee sein. Zur Weihnachtszeit sollen die ersten Prototypen ausgeliefert werden. Viel Glück!

Mit dem Flugtaxi ins Büro

Immer häufiger schreiben wir von sogenannten Flugtaxis und regelmäßig ernten die Artikel ungläubige Kommentare. Das sei alles noch Zukunftsmusik und wir würden noch Jahre warten müssen, bis es durch die Lüfte in das Büro in der Stadt ginge. Jetzt hat das Startup Volocopter sein Fluggerät in Dubai getestet. Die Tests seien gut verlaufen, heißt es. Ein Lufttaxi war demnach rund fünf Minuten lang in der Luft. Allerdings sei noch kein Passagier an Bord gewesen. Mit dem Projekt verfolgt die Regierung in Dubai einen ehrgeizigen Plan: In den nächsten fünf Jahren wollen die dortigen Behörden testen, wie ein öffentlicher Nahverkehr in der Luft aussehen könnte. Hier in Berlin kann man von solchen Planungen nur träumen. Man lässt lieber den einen Flughafen verrotten, auf dem anderen lässt man Drachen steigen und der neue wird einfach nicht fertig.

Was soll ich bloß in 280 Zeichen twittern?

Von meinem Twitter-Traum muss ich mich in Raten verabschieden. Seit Jahren versucht das Netzwerk sich neu zu erfinden – und verwässert so seine ursprüngliche Idee. Was habe ich gepredigt. Gegen alle Widerstände, gegen alle Vorwürfe, in 140 Zeichen könne man doch nichts erzählen. Doch. Kann man doch, habe ich argumentiert. Verlinkt doch einfach eure langen, klugen Essays und schickt sie per Twitter in die Öffentlichkeit. 140 Zeichen sind dafür mehr als ausreichend. Lange Diskussionen sollte man woanders führen.

Jetzt fällt mir Twitter in den Rücken und macht mich nachträglich bei allen unglaubwürdig, denen ich diese Geschichte über Jahre erzählt habe. 280 Zeichen sollen vielleicht bald erlaubt sein. Aber was soll das besser machen? Was ist der Nutzen? Nein, wenn ihr mich fragt, wird der Markenkern von Twitter nachhaltig beschädigt. Eine ausführliche Diskussion kann ich auch in 280 Zeichen nicht führen. Dafür gehe ich nach wie vor woanders hin. Sorry.

Der größte unbekannte, deutsche Popstar

Dafür bin ich einem meiner Musik-Helden ziemlich nahe gekommen. Der deutsche Produzent Conny Plank hat die Grundlagen für die heutige Clubmusik gelegt. Mit seinen unzähligen Krautrock-Produktionen in den 70er-Jahren. Die deutschen Bands sollten seiner Meinung nach ihren eigenen Sound, ihre eigene Identität finden. Bands wie Neu!, Cluster, Harmonia oder Roedelius experimentierten Dauphin mit repetitiven Rhythmen, kalten Maschinensounds und Songstrukturen jenseits von Strophe und Refrains. Das kann man sich noch heute sehr gut anhören. Plank verstarb vor 30 Jahren an einer schweren Krankheit. Sein Sohn Stephan, der das Startup Re2you mitbegründet hat, hat mit seinem Co-Regisseur Reto einen Film über seinen Vater gedreht. Herausgekommen ist das Porträt über einen Mann, der von Musik besessen war und ohne den wir heute andere Musik hören würden.

Wo steht die SPD in Sachen Digitalisierung?

In der vergangenen Woche haben wir uns viel mit Politik beschäftigt. Kein Wunder, so kurz nach der Wahl. In ihrer ersten Einlassung nach ihrer Wahl zur neuen Fraktionsvorsitzenden der SPD betonte Andrea Nahles, dass man in Zukunft gegen die kapitalistischen Auswüchse der Digitalisierung kämpfen wolle. Das passte auch sehr gut zu ihrer Ankündigung, dass das linke Profil der Partei wieder geschärft werden solle. In meinem viel gelesenen Kommentar habe ich bedauert, dass sie ausgerechnet diesen Aspekt in den Mittelpunkt gestellt hat und so die aus meiner Sicht falsche Programmatik für die vier kommenden Oppositionsjahre ausgegeben hat. Dabei hat sie zuvor gezeigt, dass sie die neue Arbeitswelt flexibler gestalten möchte und sie durchaus die Vorteile der Digitalisierung sieht. Unsere Interview-Anfrage läuft. Hoffentlich können wir bald direkt fragen, wie sie das gemeint hat.

Heute genießen wir aber erst mal den wunderbaren Frühherbst, ziehen uns in eine Gaststätte unserer Wahl zurück und hören Musik der durchgedrehten Band The Lemon Twins. Die beiden Jungspunde haben ihre Lektion in Popgeschichte gelernt und überzeugen trotzdem durch Frische und Kompromisslosigkeit:

Foto: Lemon Twins / Screenshot / Vevo