Für jeden Case die richtige Finanzierung

Hat man erstmal eine Idee und vielleicht auch eine Vorstellung zum Geschäftsmodell, sollte man berücksichtigen, dass die eigene Planung den Liquiditätsbedarf mitbestimmt. So kostet es zunächst Zeit, externes Kapital aufzunehmen. Zusätzlich mag fremdes Geld die Freiheitsgrade des Unternehmers praktisch erweitern, formal und juristisch aber schränkt es diese ein. Von Anbeginn einen hohen Kapitalbedarf zu planen,  kann also  den Nachteil haben, gar nicht erst anfangen oder eigenständig weitermachen zu können.

Auch gilt, dass die Renditeerwartungen des Investors umso höher sind, je ausgeprägter sein Risiko ausfällt. Eigenkapital-Investoren rangieren am oberen Ende der Skala, Fremdkapitalgeber am unteren. Insbesondere kann es schwierig sein, VC-Investoren, welche einen Fond managen mit einem Case anzusprechen, dessen Markt in Deutschland weniger als eine Milliarde Euro beträgt und dessen Umsatzerwartung nach einigen Jahren nicht deutlich mehr ausmacht, als ein Prozent dieses Marktes.

Auch weniger aggressive Projekte können sich aber als ausgezeichnete, nachhaltige Investitionen erweisen, denen man sich als Unternehmer unbedingt widmen sollte und für die es Kapitalgeber gibt. Ohne an dieser Stelle auf Crowdinvesting-Plattformen einzugehen, seien nachfolgend einige wichtige Frühphasen-Optionen genannt.

Bootstrapping – Möglichst weit auf eigenen Beinen

Eine Reihe von Veranstaltungen im Gründerumfeld drehen sich darum, Unternehmen mit geringen Ressourcen so weit wie möglich aufzubauen. Welche Finanzierungsform später auch immer zur Diskussion steht, der Gedanke, Kapital so effizient wie möglich einzusetzen, wird jedem Eigenkapitalinvestor und Fremdkapitalgeber sehr sympathisch sein.

Möchte der Unternehmer niemandem außer sich selbst, abgesehen natürlich von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten Rechenschaft ablegen und vollständige Kontrolle über sein Unternehmen behalten, so ist Bootstrapping die erste Wahl. Die Frage, ob wirklich externe Finanzierung benötigt wird, sollte man sich mehrmals stellen.

Welche Ressourcen sind für das erste verkaufbare Produkt oder der Dienstleistung nötig, wie sind die ersten zahlenden Kunden zu erreichen, ist es möglich, Kundenzahlungsfristen kurz zu halten und mit Zulieferern über längere Fristen zu reden?

Fördermittel – das Einmaleins für Startups

  Denkt man von Anbeginn „lean“, kann man mit relativ geringen öffentlichen Fördermitteln mehr anfangen. Jeder Unternehmer sollte mit den grundlegenden Förder-Instrumenten vertraut sein. Für Berlin gibt es ein umfangreiches Dokument – die „Förderfibel“ der Investititionsbank Berlin (IBB), welche im Netz zur freien Verfügung steht. Auskunftsbereite und freundliche Mitarbeiter der IBB sind nur einen Anruf weit entfernt. Ähnliche Institutionen gibt es in anderen Bundesländern.

Allerdings ist ein gewisser Verwaltungsaufwand nicht vermeidbar und Zuschüsse – also quasi „geschenktes Geld“ – sind Darlehen grundlegend vorzuziehen, da bei letzterem Sicherheiten eingefordert werden und der Unternehmer haftet. Auch möchte der Fördermittelgeber im Nachhinein gerne wissen, ob die Mittel den Anträgen gemäß eingesetzt wurden.

Freunde und Familie – Das eigene Netzwerk prüfen

Gerade Teams von Gründern sollten über ihr Netzwerk systematisch nachdenken, und dabei nicht nur direkte Bekannte, sondern auch solche über zwei Ecken berücksichtigen. Dafür empfiehlt es sich, eine Liste anzulegen und konsequent abzuarbeiten. Unter Ausschluss wirklich vertraulicher Themen kann ein Kurz-Dokument in Umlauf gebracht werden, das das eigene Vorhaben möglichst präzise schildert. Hier bietet sich vielleicht sogar eine Kombination aus einem nüchternen Executive Summary und einer kurzen Präsentation an.

Sofern sich jemand interessiert zeigt, gilt es, die Unternehmensbewertung und die Beteiligungsform zu verhandeln. Aus Platzgründen kann hier nicht auf Details eingegangen werden, aber „Stille Beteiligungen“ sind eine „mezzanine“ Finanzierungsform, die eine Zwischenstellung zwischen Eigen – und Fremdkapital aufweist (siehe dazu §230 ff HGB oder viele übersichtliche Fachartikel  im Netz – zum Beispiel auf  Wikipedia). Stille Gesellschafter erhalten grundsätzlich keine Mitsprache-, wohl aber Kontrollrechte. Die genauen Konditionen und Rechte sind flexibel verhandelbar.

Business Angels – die richtige Ansprache entscheidet

Sofern Business Angels über den erweiterten Bekanntenkreis nicht bereits angesprochen wurden, sollte man recherchieren, welche erfolgreichen Unternehmer die Branche bereits hervorgebracht hat. Diese sind nicht notwendig auf Networking- und Pitching-Events zu finden, könnten aber über das eigene Unternehmen oder auch Unternehmen, in denen Aufsichtsratsmandate gehalten werden, kontaktiert werden.

Das eigene Anliegen in zehn kohärenten Sätzen schildern zu können und eine solide und interessante Unterlage zur Verfügung zu haben, hilft. Auch Business Angels sind Stillen Beteiligungen gegenüber aufgeschlossen, ziehen diese vielleicht sogar vor, da die Mitspracherechte einer offenen Beteiligung auch eine Verpflichtung darstellen, die möglicherweise nicht gewollt ist.

Venture Capital-Investoren

Diese stellen tatsächlich nur die „Spitze des Eisbergs“ dar, auch wenn große Gesellschaften, welche in Deutschland Fonds in zwei oder sogar dreistelliger Millionenhöhe verwalten, die Gründungsbranche und das Image von deren Finanzierung wesentlich mitprägen.

Selbst größeren Fonds stehen aber nur begrenzt Manpower und Mittel für die Auswahl, Investition und Verwaltung von Portfoliounternehmen zur Verfügung. Das ist umso nachvollziehbarer, wenn man bedenkt, dass nicht bloß die Erstinvestition Geld verschlingt, sondern eine Reserve gehalten werden muss, um die erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens weiter voranzutreiben und eine Verwässerung zu vermeiden.

Anders als bei allen bisher genannten Finanzierungspartnern, wird man bei diesen Fonds keinen Fuß in die Tür bekommen, wenn der Case das eingangs erwähnte Potential vermissen lässt. Man kann aber Punkte sammeln, wenn der Kapitalbedarf stufenweise ansteigt und die eigene Excel nicht schon im ersten Jahr einen Liquiditätsbedarf in Millionenhöhe ausweist. Das erlaubt dem VC – genauso wie dem Unternehmer, der sein eigenes Kapital investiert – die Validität des Cases mit einer kleineren Investition zu testen, oder aber das Termsheet so aufzusetzen, dass eine größere Summe erst investiert wird, sobald bestimmte, zu vereinbarende Milestones erreicht wurden.

Vor- und Nachteile einer Venture Capital-Finanzierung

Gibt es Investitionen, die für die großen Venture Capital-Gesellschaften zu klein sind? Natürlich. Ist aber der Case wirklich interessant, sieht auch die große VC-Gesellschaft die Chance, früh und zu einer geringeren Bewertung zu investieren. Inkubatoren und Gründer, die nach erfolgreichen Exits beginnen selbst Startups zu finanzieren, sind ohnehin Anhänger dieses Modells.

Von Anbeginn ressourcenbewusst zu agieren und den Kapitalbedarf stufenweise zu planen ist demnach für Unternehmer außerordentlich wichtig. So zahlt sich diese Planung nicht nur aus, wenn die Idee aus eigenen Mitteln vorangetrieben werden soll, sondern auch dann, wenn eine VC-Investition den „Kick“ geben soll.

Der Unternehmer sollte sich aber bewusst sein, dass die – in der Regel – „offene“ Beteiligung des VC Investors, bei welcher Anteile am Stamm- oder Grundkapital erworben werden, mit einer Reihe von Klauseln einhergeht. Dessen Entscheidungsbefugnis wird somit weit über die eines Minderheitsgesellschafters angehoben.

Das mag in Anbetracht der Risiken, die die Venture Capital-Gesellschaft eingeht und in Anbetracht ihrer Verantwortung gegenüber den eigenen Investoren fair sein. Zusätzlich erweitert die Investition den unternehmerischen Spielraum des Entrepreneurs natürlich trotzdem außerordentlich. Es lohnt sich aber, beim Thema Unternehmensfinanzierung von vornherein in verschiedene Richtungen zu denken.

Das Gründerszene Unternehmensbewertungs-Seminar

Peter Guggi ist ebenfalls als Referent im Rahmen der Gründerszene-Seminare tätig. In seinem Seminar „Unternehmensbewertung – Startups richtig bewerten, finanzieren und verkaufen“ gibt er einen Einblick in die wichtigsten Frameworks der Bewertung von Startups. Bevor es in die Winterpause bei den Gründerszene-Seminaren geht, ist dies die letzte Chance ein Ticket für dieses Seminar zu erwerben.

Als kleines nachträgliches Nikolaus-Geschenk gibt es ein Ticket für das Seminar am kommenden Montag zu gewinnen!  Um an dem Gewinnspiel teilzunehmen, genügt einfach eine kurze Mail an seminare@gruenderszene.de mit dem Betreff „Gewinnspiel Unternehmensbewertung“. Der Teilnahmeschluss ist der 07. Dezember 2012 17 Uhr und der Gewinner wird via Mail benachrichtigt. Es gelten die Gründerszene-AGB zur Teilnahme an Gewinnspielen.

Unternehmensbewertung – Startups richtig bewerten, finanzieren und verkaufen
Datum: 10. Dezember, 9 bis 13 Uhr

Foto: Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM)  / pixelio.de