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170A6833-2 Der Mampe-Geschäftsführer Tom Inden-Lohmar.

Die Kunden der Spirituosenfabrik Mampe sind in der Regel über 70 Jahre alt, sie haben einen großen Teil ihres Lebens in Berlin verbracht. Und wenn es früher dort etwas zu feiern gab, dann wurde schonmal eine Flasche eines braunen Gebräus auf den Tisch oder die Theke gestellt – einen Bitterlikör namens Mampe Halb und Halb.

Tom Inden-Lohmar ist 54 Jahre alt, in Berlin ist er nicht aufgewachsen, sondern in Köln. Und dass es so etwas wie Mampe gab, erfuhr er, als er vor fünf Jahren von einer Werbefirma nach Berlin geholt wurde. Eigentlich sollte er dort eine Marketing-Kampagne für die Alkohol-Firma Berentzen leiten. Aber seine Liebe zur Werbung sei damals schon erloschen gewesen, sagt er: „Es hat mich echt nicht mehr gekickt.“

Zu der Zeit hielt Berentzen die Rechte an Mampe. Die beste Zeit der Marke waren die 20er, 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, Anfang der 80er aber musste die Firma Insolvenz anmelden. Seitdem geriet die Marke in Vergessenheit und Berentzen wollte sie eigentlich einstampfen, als Inden-Lohmar darauf aufmerksam wurde.

Er überzeugte seinen Geschäftspartner Frank Zächel, die Marke mit ihm zu kaufen und im April 2012 gründeten die beiden eine eigene Firma: die Mampe Spirituosen GmbH.

Die Berliner täten wenig für den Erhalt ihrer Tradition, sagt der Kölner Inden-Lohmar. Da müssten schon Leute von außen kommen und sich darum kümmern: „Das ärgert die Berliner dann, ist aber eben so.“

Auf vier Produkte haben sich die beiden Unternehmer seitdem spezialisiert: den Klassiker Mampe Halb und Halb, einen Wodka, einen Gin und einen Orangen-Aprikosen-Likör, den die Fluglinie AirBerlin im Angebot hat. Auch im Einzelhandel gibt es die Marke mittlerweile – laut dem Gründer in fast allen Berliner Supermärkten, außer bei Rewe. „Viele Einkäufer im Lebensmitteleinzelhandel und die Marktleiter kannten die Marke noch aus alten Zeiten“, sagt Inden-Lohmar. Das habe es ihm erleichtert, die Flaschen bei ihnen ins Regal zu bekommen.

Dabei hat der Werber den Preis für eine Flasche im Vergleich zu früher fast verdoppelt. Seine Begründung: „Von irgendetwas müssen wir ja unsere Betriebskosten bestreiten.“ Einige Einkäufer seien deshalb schockiert gewesen, sie glaubten nicht, dass sich der Alkohol auch dann noch verkaufen lasse, erzählt er. Doch das Geschäft sei gut angelaufen. „Für Gin beispielsweise würden die Kunden auch noch mehr zahlen“, ist Inden-Lohmar überzeugt.

Zielgruppe: Golden Ager mit Schnapsdurst

Firmensitz ist in einer alten Brauerei in Berlin Kreuzberg, produzieren lässt Inden-Lohmar allerdings in der Kleinstadt Zahna-Elster in Brandenburg. Sie liegt 50 Kilometer außerhalb Berlins, aber nah genug an der Hauptstadt, um die Produkte noch als regional bezeichnen zu können. „Regional ist ja das neue Bio“, sagt Inden-Lohmar. Die Menschen wollen eher sehen, dass ein Produkt aus der Region komme, als zu wissen wie es genau hergestellt werde.

Inden-Lohmar will viel anders machen als die Konkurrenz: Die anderen versuchen möglichst jung über dem Einstiegsalter die Zielgruppe festzulegen, erzählt er. Mampe bediene zuerst die vorhandene, wichtigste Zielgruppe, die älter als 70 Jahre sei, und erst danach jüngere Generationen. „Wenn mich jemand fragt, ob ich lieber am Fête de la Musique mit Mampe vertreten wäre oder beim Fest der 1000 Chöre in der Zitatelle Spandau, dann würde ich das Letztere nehmen“, sagt er.

Und in noch einer anderen Sache unterscheidet sich Mampe von Wettbewerbern: Geht es nach dem Gründer braucht die Marke nicht außerhalb Berlins bekannt zu werden. Bei Spirituosen müsse man sich entscheiden, ob man eine nationale oder eine lokale Marke aufziehen wolle, ist sich der Unternehmer sicher. Gerade bei Likören oder Kräuterschnaps greife man oft zu dem aus der Heimat. „Niemand in der Welt wartet auf irgendeinen neuen Bitterlikör“, sagt Inden-Lohmar und fügt hinzu: „Wir sind in Berlin, um Berlin zu erobern.“

Eine Manufaktur für die Crowd

Finanziert haben die beiden Unternehmer ihre Firma bisher mit ihrem eigenen Geld. Außerdem nahmen sie einen Kredit auf, um einen Teil der alten Brauerei zu einer kleinen Manufaktur-Brennerei umzubauen. In Zukunft sollen dort ausgewählte Produkte von Hand gebrannt werden – mit einem praktischen Nebeneffekt. Denn Inden-Lohmar hofft, dann auch Touristengruppen für Brauereibesichtigungen gewinnen zu können. „Die Erfahrung zeigt, dass jeder zweite, der eine solche Tour mitmacht, auch was kauft“, sagt er. In einer Crowdfunding-Kampagne, die heute startet, will er nun Geld für seine Manufaktur-Brennerei einsammeln.

Dass er sein Unternehmen mal verkaufen wird, kann sich Inden-Lohmar nicht vorstellen. „Sicher, wenn mal einer vor mir stehen sollte und mir ein unmoralisches Angebot machen würde, würde ich schon darüber nachdenken – meiner Familie zuliebe“, sagt er. Aber es gebe keine Strategie dafür.

Bild: Mampe