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Sängerin Lena Meyer-Landrut wirbt für den Matratzenhersteller Emma

Freitags gibt es in den nächsten Wochen ein kostenloses Frühstück im Berliner Luxus-Kaufhaus KaDeWe. „Im Bett mit… Frühstück“, heißt die entsprechende Aktion im Shopping-Tempel im Herzen der Hauptstadt. Immer zwischen zehn und elf Uhr vormittags werden im zweiten Stock Croissants und Orangensaft ausgegeben – und zwar an all diejenigen Kunden, die eine ganz bestimmte Matratze ausprobieren wollen: die sogenannte Casper.

Denn Initiator des Verwöhn-Angebots ist das gleichnamige Startup aus New York. „Wir wollen die Kunden auch mal auf einer anderen Ebene abholen und begeistern“, erklärt eine Sprecherin des Matratzenhändlers, der seine Produkte eigentlich nur online verkauft und mit seinem Geschäftsmodell gerade erst auf einer Liste der weltweit 50 innovativsten Firmen gelandet ist, zusammen mit unter anderem Amazon, Google, Netflix, Spotify oder Uber.

Doch die Deutschen sind offenbar anders als der Rest der Welt und erkennen nicht die Logik des Geschäfts. Jedenfalls wollen 80 Prozent der Bundesbürger eine Matratze testen, ehe sie mehrere Hundert Euro dafür bezahlen. Das jedenfalls haben Umfragen gezeigt. Probeliegen funktioniert aber nur im Laden und nicht beim Online-Shopping. Also muss Casper einen Schritt auf Deutschlands Verbraucher zugehen. Der Startschuss dafür fällt diese Woche mit einem sogenannten Pop-up-Store im KaDeWe in Berlin, also mit einem Laden, der nur für einen bestimmten Zeitraum aufgebaut wird. Danach folgen zeitnah das Oberpollinger in München und ab Anfang September das Alsterhaus in Hamburg, die zum gleichen Warenhausunternehmen gehören wie das KaDeWe.

Dieser Versuch, auch über den klassischen Handel auf sich aufmerksam zu machen und damit Fuß zu fassen, ist für Casper strategisch von großer Bedeutung. Denn die Konkurrenz im Online-Handel mit Matratzen ist riesig. Bald ein Dutzend Firmen wirbt alleine in Deutschland um Kundschaft, angefangen bei Emma und Bruno über Eve und Hongi bis hin zu Muun und Smood. Sie alle eint die Idee, die sogenannte One-Fits-All-Matratze zu verkaufen, also ein einheitliches Produkt für jeden Verbraucher, egal ob Mann oder Frau, groß oder klein, dick oder dünn.

Aus Gegenspielern werden wieder Partner

Nun scheint das Geschäftsmodell an Grenzen zu stoßen. Also werden die Unternehmen aktiv. Casper arbeitet mit der KaDeWe Group zusammen, Konkurrent Emma wiederum hat das noch größere Los gezogen und eine Kooperation mit Matratzen Concord geschlossen. Ab Mitte September verkauft Europas größer Fach-Discounter in bundesweit gut 1.000 Läden die Emma-Matratze. Damit werden aus Gegenspielern in dem von den Startups aufgemischten Matratzenmarkt plötzlich Partner. Und das ist für Marcus Diekmann ein logischer Schritt.

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„Die Startups haben der Branche gezeigt, wie man gutes Marketing macht und erfolgreich eine Marke aufbaut“, sagt der für E-Commerce und Omnichannel zuständige Direktor Digital bei Concord. „Auf Dauer werden sie es ohne Partner aber schwer haben.“ Diekmann begründet diese Einschätzung mit dem Produkt selbst. „Die Deutschen kaufen sich nur alle acht Jahre eine neue Matratze. Die Zahl der Kunden ist daher begrenzt. Und weil jeder Neukundengewinn extrem teuer ist, können die Online-Händler ihr Geschäftsmodell nicht lange durchhalten“, sagt der Experte, der mit weiteren Kooperationen zwischen der Online- und Offline-Welt rechnet.

Tatsächlich liegen die Marketing-Kosten pro Vertragsabschluss bei locker 20 bis 30 Prozent des Verkaufswertes, heißt es im Markt. In manchen Fällen sei es sogar noch deutlich mehr gewesen. Damit bleibt aber nicht mehr viel übrig für die Marge und damit fürs Überleben der Firma. „Ein Unternehmen wie Zalando konnte einen solchen Aufwand zum Start betreiben“, erklärt Diekmann. „Denn dort wechselt das Sortiment rasend schnell, also kommen die Kunden immer wieder auf die Homepage und kaufen dort ein.“ Bei einer Matratze dagegen sei das nicht möglich. „Die braucht man schlicht nur alle paar Jahre.“ Diekmann rechnet daher damit, dass Casper, Bruno und Co. in den kommenden Monaten ihre Sortimente aus- oder umbauen.

Ein Produkt aus dem firmeneigenen Schlaflabor

Die erste Ankündigung gibt es auch bereits. Eve Sleep baut seine Produktwelt rund um das Thema Schlaf signifikant aus, heißt es in einer Ankündigung der jüngst an die Börse gegangenen Firma. Ab September verkauft Eve auch Betten, erhältlich in drei Größen und zwei Varianten. Zudem bringt das Unternehmen eine Modekollektion fürs Schlafzimmer auf den Markt, angefangen bei Pyjamas über Shirts und Socken bis hin zu Bettwäsche. Eve kooperiert dafür mit dem britischen Casual-Label Folk Clothing.

Casper wiederum wagt sich an sein Kernsortiment: mit einer zusätzlichen Matratze. „Casper Wave“ heißt das Modell, das laut Unternehmen eine Weiterentwicklung der bestehenden Matratze ist und sich noch besser an den Körper des Nutzers anschmiegen soll. Derzeit ist das Produkt, das im Schlaflabor in San Francisco entwickelt wurde, lediglich in den USA verfügbar. „In welcher Form und zu welchem Zeitpunkt wir eine Erweiterung der Matratze in Europa anbieten werden, können wir zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sagen“, sagt nun eine Sprecherin.

Die Wahrscheinlichkeit dürfte aber hoch sein. Zumal der Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung offenbar in Deutschland liegt. „Die deutschen Kunden bevorzugen eine deutlich festere Matratze, also mussten wir einiges anders machen“, wird Mitgründer und Chefentwickler Jeff Chapin auf der Nachrichtenseite „Quartz Media“ zitiert. „Wenn man also für diesen Markt ein Produkt designed, ist man dazu gezwungen, in einer Art und Weise auf Ergonomie zu achten, wie es in den USA nicht nötig ist.“

Bild: Emma; Grafik: Die Welt; Bild bei Facebook: Florian Grill für Emma

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.