Die Gründer Frank Willems, Paul Bandi und Thomas Prokopp (v.l.)
Die Gründer Frank Willems, Paul Bandi und Thomas Prokopp (v.l.)

Urintests sind bei vielen Arztbesuchen fester Untersuchungsbestandteil. Den Plastikbecher mit warmer, gelber Flüssigkeit von der Toilette an Wartezimmer und Sprechstundenhilfen vorbei tragen zu müssen, empfinden viele Patienten jedoch als unangenehm. Das nordrhein-westfälische Startup Medipee möchte den Testprozess angenehmer machen: Die Gründer Thomas Prokopp, Frank Willems und Paul Bandi haben ein Gerät gebaut, mit dem jeder seinen Urin zu Hause analysieren kann – direkt in der Toilette und ohne, dass Patient oder Arzt damit in Berührung kommen.

Etwa ein Jahr Arbeit haben die Gründer bereits investiert, um ihr Produkt zu entwickeln. Am Toilettenrand angebracht, kann es Urin jederzeit analysieren. Dazu senkt sich während des Wasserlassens ein dünner Stab aus dem Gerät herab. „Er fährt wie eine Chamäleonzunge ganz schnell in die Toilette herunter. An seinem Ende ist ein Testblättchen angebracht, worüber der Urin fließt. Innerhalb von Sekunden wird die Auswertung gemacht“, erläutert Prokopp.

Von der Toilette in die Patientenakte

Per Bluetooth werden die Daten auf das Handy des Anwenders übertragen. Das vermeide die Berührung der Nutzer mit dem Teststreifen, zudem würden Übertragungsfehler vermieden, sagt Willems. Das mache Medipee auch für Arztpraxen interessant: Die Gründer planen ein B2B-Gerät, das an Toiletten der Ärzte angebracht ist. Die Messdaten würden dann vom Gerät direkt in die digitale Patientenakte übermittelt werden.  

Bringt man den Urintester aus wasserabweisendem Material an der heimischen Toilette an, sei eine Messung an zwei Tagen pro Woche sinnvoll, erklärt Prokopp. In einer App, mit der man die Messung starten kann, können Nutzer dann sehen, wie sich die gemessenen Werte im Laufe der Zeit entwickeln. „Viele medizinische Informationen, zum Beispiel Blut im Urin, Nitrit oder Zucker lassen sich aus dem menschlichem Urin ablesen“, sagt Prokopp. Anhand der gemessen Werte könne man beispielsweise erkennen, ob man zu wenig trinkt oder eine Blasenentzündung hat. Diagnosen gibt Medipee allerdings nicht heraus: „Der User entscheidet selber, was er mit diesen Daten macht. Wir wollen keine Hypochonder heranzüchten“, so Willems. Wenn etwa Blut im Urin gemessen würde, bekäme der Nutzer aber einen Hinweis, dass ein Arztbesuch ratsam wäre.

Noch über ein Jahr bis zum Markteintritt

Die Idee, den Urintest aus der Arztpraxis zu holen, ist nicht neu. Das japanische Unternehmen Toto hat bereits eine intelligente Toilette entwickelt, die während des Urinierens nicht nur die Ausscheidungen untersucht, sondern auch Blutdruck, Körpertemperatur und Gewicht misst. Zudem gibt es Anbieter, die Teststreifen für Zuhause anbieten. Diese müssen jedoch vom Tester angefasst werden.

Bis Medipee mit den Wettbewerbern konkurriert, dauert es noch. Denn der Markteintritt ist erst für Anfang 2019 geplant, für 250 Euro soll das Produkt dann im Onlineshop, bei Amazon und in Apotheken erhältlich sein. Ein Jahr Garantie geben die Gründer dem Gerät. Im Juni hat das Team in einer ersten Angel-Runde einen sechsstelligen Betrag eingesammelt, derzeit läuft eine Crowdfunding-Kampagne, die weitere 350.000 Euro einbringen soll. Das Kapital solle vor allem in die Produktentwicklung fließen: „Wir müssen noch diverse Tests zu Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Produktqualität machen“, sagt Prokopp. 

Bild: Medipee