Heute Morgen in unserem Büro. Es gibt sie noch – die Meerkat.

Ja, auch wir bei Gründerszene waren begeistert von Meerkat. Mit einem Klick Live-Videos per Smartphones ins Internet senden? Eine tolle Idee, in die wir uns sehr schnell ein wenig verliebt hatten.

Meerkat-CEO Ben Rubin, 27, war etwas vorsichtiger, traute dem Hype um seine eigene App nicht so richtig über den Weg und sagte gegenüber The Verge: „Wenn es wirklich relevant ist, dann wird es bleiben. Das ist meine Mission mit Meerkat.“ Doch es sollte alles anders kommen, und das ziemlich schnell.

Nur ein paar Tage nach unserem Bericht über Meerkat wurde bekannt, dass Twitter inzwischen den Konkurrenten Periscope gekauft hatte. Der Preis für die App wurde zwischen 50 und 100 Millionen US-Dollar geschätzt. Auch Periscope bietet Live-Übertragungen von Videos per Smartphone. Per direkter Anbindung an Twitter. Rubin bemühte sich nach dem Deal mit der Konkurrenz, nicht allzu besorgt zu klingen: „Wir haben unseren Spaß. Mal schauen, wie es weitergeht.“

Der Spaß ist ihm und seinem Team aus Israel inzwischen vergangen. Laut einer Analyse des Magazins „BGR“ schaffte die Meerkat-App es nie in die Top 100 des Appstores von Apple, ihr bester Chartplatz war Rang 140. Trotz des Hypes. Denn Periscope setzte sich aufgrund der engen Verzahnung mit Twitter und der Vermarktungs-Power des Kurznachrichtendienstes als Live-Video-Plattform ganz schnell durch. Periscope war immerhin „Editor’s Pick“-Empfehlung von Apple und verbesserte schnell die User-Experience. Meerkat sah plötzlich ziemlich alt aus.

Inzwischen hat sich auch Facebook mit Live-Videos in den Wettbewerb begeben. Nach einer Testphase für verifizierte Nutzer sind jetzt alle Facebooker in der Lage, live von ihrem Smartphone zu senden. Live-Übertragungen werden vom Algorithmus bevorzugt behandelt, während sie wirklich „live“ sind. Danach werden sie wie die anderen Videos nach Relevanz beurteilt und im Stream verbreitet. Man sieht, wie ernst Facebook Videos nimmt. Und wahrscheinlich freut sich am Ende des kurzen Konkurrenzkampfes zwischen Meerkat und Perisope der Dritte.

Die neueste Nutzer-Rezension im App-Store von Apple zu Meerkat ist von Juni 2015. Auf der Facebook-Seite des Startups stammt der letzte Eintrag vom 6. Januar 2016. Und während Periscope im US-Appstore zur Zeit immer um den Platz 40 der beliebtesten Apps liegt, ist Meerkat inzwischen auf Platz 400 ins Nirwana abgerutscht. Diese Grafik zeigt zwar lediglich die geschätzten Nutzerzahlen der Website beider Unternehmen. Aber fest steht, dass das Interesse für Meerkat dramatisch abgenommen hat.

Jetzt hat sich Meerkat-CEO Rubin sich endgültig der übermächtigen Konkurrenz gebeugt und aufgegeben. Er will einen neuen Weg einschlagen. In einem offenen Brief an die Investoren und Nutzer schreibt Rubin, dass sein Konzept mit Live-Videos nicht mehr funktioniert. Weiter heißt es, dass Live-Streaming als Service innerhalb einer bestehenden Plattform möglich wäre, aber nicht als eigenständige Plattform. Er und sein Team arbeiten seit Oktober an einem neuen Konzept, dass Live-Videos endgültig zu einem Teil des täglichen Lebens machen soll.

Rubin hat ganz viel richtig gemacht. Mit der richtigen Idee zur richtigen Zeit. Und laut Forbes gehört er immer noch zu den 30 herausragendsten Startup-Unternehmern unter 30 Jahren in Israel. Dumm gelaufen, dass Periscope eine ähnliche Idee hatte, Twitter den Konkurrent gekauft und stark gemacht hat und Facebook auch im Markt mitgemischt hat. „Veränderung ist nie ganz einfach“, schreibt er. „Keep smiling!“ Das Logo von Meerkat finden wir übrigens bis heute cooler. Sorry, Periscope.

Foto: Christina Kyriasoglou