Schon einmal hat Angela Merkel das Wort „Brückentechnologie“ benutzt. Vor der Katastrophe von Fukushima bezeichnete sie die Atomenergie mit diesem Begriff. Bekanntlich war diese Brücke nicht allzu lang – und mündete 2011 im Atomausstieg.

Nun hat die Kanzlerin das Wort erneut hervorgeholt – und die Länge der Brücke diesmal auch auf eine stattliche Zahl taxiert. Im ZDF-Sommerinterview am Wochenende bezeichnete sie den Diesel als „Brückentechnologie, die wir nicht Jahre brauchen, sondern Jahrzehnte“. 

Bei ihrer Sommerpressekonferenz am Dienstag bestärkte sie diese Einschätzung und betonte die Wichtigkeit des Verbrennungsmotors, der noch „auf Jahrzehnte“ eine zentrale Rolle spielen werde. Zudem rechtfertigte sie, dass viele Politiker sich hinter den Diesel stellen. „Wir haben als Politiker dafür geworben, dass Dieselautos gekauft werden, weil Dieselautos für den Klimaschutz besser sind, weniger CO2-Emissionen haben“, sagte die Kanzlerin.

Merkel bekennt sich damit zu einer Technologie, die kaum eine Zukunft hat. In vielen deutschen Städten drohen wegen zu hoher Emissionen Fahrverbote für Dieselautos, Großbritannien und Schweden haben bereits Verbote beschlossen. Der Diesel-Skandal sollte die Branche hierzulande zu Neuerungen eigentlich förmlich zwingen. Doch so ein Bekenntnis der Bundeskanzlerin nimmt da natürlich Innovationsdruck.

Früher hörte sich die Kanzlerin noch anders an

Dabei hatte sie zuvor schon mehrmals deutlich gezeigt, dass aus ihrer Sicht nur innovative Technologien die Autoindustrie in Deutschland retten können. Erst im Juni sagte sie: Es sei klar, dass die Automobilbranche in ihrer heutigen Form nicht überleben könne. Auch im Wahlprogramm der CDU werden „Elektromobilität und die Entwicklung autonomer Fahrzeuge zur Marktreife“ als Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit der Automobilindustrie genannt.

Dass die Bundeskanzlerin durchaus sensibilisiert ist für die nötigen Innovationen der Automobilbranche, hatte sie auch in einer Rede vor der Jungen Gruppe der Unionsfraktion im Bundestag im Frühjahr 2016 gezeigt. „Man wird einfach nicht mehr vom Verkehrsträger aus denken, sondern wieder vom Individuum aus“, beschrieb sie damals ihre Gedanken zur Mobilität der Zukunft und bekannte, sich auf das autonome Fahren zu freuen: „Mensch, wenn du jetzt älter wirst, ist es vielleicht für dich eine Option, länger Auto zu fahren!“ Sie schloss mit dem Appell: „Ich wünsche mir inzwischen eigentlich einen schnelleren technischen Fortschritt.“

Mit ihrer jüngsten Aussage stärkt sie indes einer Antriebsform den Rücken, die sie selbst erst vor zwei Wochen zuvor totgesagt hatte. Im Interview mit der „Super-Illu“ hatte sie mit Blick auf das geplante Diesel- und Benzinerverbot in Großbritannien gesagt: „Der Ansatz ist richtig.“

Im Sommerinterview war davon kein Wort mehr zu hören. Stattdessen sagte die Kanzlerin: „Wir brauchen umweltfreundliche Dieselautos.“ Aber vielleicht ergeht es dem Diesel irgendwann ja doch so wie dieser anderen Brückentechnologie, von der Merkel mal sprach.

Bild: Sean Gallup / Staff