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Ein Beitrag von Timon Schinke, Co-Founder der Kreativ- und Innovationsagentur Berliner Ideenlabor. Im ersten Beitrag der Reihe beschäftigte sich sein Kollege mit der Frage, wie menschliche Kreativität in Mitarbeitern gefördert wird. Dieser Artikel dreht sich darum, welche Umgebung Kreativität braucht.

Die drei Aspekte kreativitätsfördernder Umgebung

Der Einfluss von Umgebung auf unser Verhalten und Denken, sogar auf unser Fühlen und Wahrnehmen, ist enorm. Die Umgebung, in der wir arbeiten und leben, kann dabei in drei Punkte unterschieden werden. Zum einen gibt es die physische Umgebung: Gebäude, Räume, Einrichtungen. Die physische Umgebung gibt den Rahmen unseres Handelns vor, aber sie steht immer in starker Verbindung zur soziokulturellen Umgebung: Regeln, Werte, Normen. Anders gesagt, zur Unternehmenskultur. Hinzu kommt die organisationale Umgebung, wie Arbeitsprozesse, Strukturen, Abläufe. Alle drei Aspekte – physische, soziokulturelle und organisationale Umgebung – können gezielt beeinflusst werden.

Physische Umgebung

Die physische Umgebung kann für Kreativität eine große Hürde oder eine große Hilfe sein. Beides entscheidet sich daran, ob einige grundlegende Prinzipien beachtet werden. Flexibles Denken braucht zum Beispiel eine flexible Umgebung. Das bedeutet mobiles Mobiliar mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Die Umgebung sollte leicht den kreativen Bedürfnissen angepasst werden können – und nicht andersherum. Außerdem ist es hilfreich, wenn Ideen schnell und einfach festgehalten und weiterentwickelt werden können.

Mehr Innovationsfähigkeit durch physische Umgebung: Mobilität, Austausch, Inspiration.

  1. Schafft eine flexible Umgebung. Sorgt dafür, dass Teams die Umgebung entsprechend ihrer Arbeitsbedürfnisse anpassen können: Recherche, Konzentration, Brainstorming, Austausch, Präsentation und so weiter – was immer gerade nötig ist.
  2. Erleichtert den Austausch. Schafft soziale Kontaktzonen. Vielleicht der obligatorische Kicker. Denkt auch an nicht-synchronen Austausch, beispielsweise auf Türen, Whiteboards und so weiter.
  3. Sorgt für Inspiration. Dazu reicht es oft, diese zu ermöglichen. Bietet bewusst Freiflächen und Spielwiesen, auf denen die Mitarbeiter ihre Spuren hinterlassen.

Übung:

  • Welche Botschaft senden die Büroräume meines Unternehmens? Senden sie Ordnung oder Chaos, Kontrolle oder Freiheit? Sagen sie „Aufbruch!“, oder „Das haben wir schon immer so gemacht?“
  • Wenn Ihr in Eurem Büro nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen müsstet – was würdet Ihr ändern?
  • Nehmen wir an, Ihr wollt Euer Büro komplett umbauen – wie lange würde das dauern? Wie häufig ist das bisher schon vorgekommen?
  • Wenn Euer Unternehmen ein Kindergarten wäre – welche Eltern würden ihre Kinder zu Euch schicken? Warum?

Soziokulturelle Umgebung

Die soziokulturelle Umgebung beschreibt das menschliche Miteinander. Ein wichtiges Merkmal dieses Miteinanders ist, dass es so alltäglich und selbstverständlich ist, dass der Großteil davon unbewusst geschieht. In der Summe bildet das Miteinander die Unternehmenskultur, die ein wesentlicher Faktor der Innovationsfähigkeit eines Unternehmens ist. Physische Umgebung kann diese Kultur wiederspiegeln und repräsentieren, sie allein reicht aber nie aus.

Für eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur braucht es ein stabiles Set an Werten und Normen, Handlungsprinzipien und Spielregeln. Feedback-Kultur, Umgang mit Fehlern, Wertschätzung und Augenhöhe sind entscheidend für eine soziokulturelle Umgebung, die Innovation ermöglicht, indem sie Mut, Experimentierfreude und Entdeckergeist fördert.

Wichtig für kreative Leistung ist auch ein herausforderndes, kompetitives Umfeld, angetrieben durch eine Vision und den gemeinsamen Wunsch etwas Großes zu schaffen.

Mehr Innovationsfähigkeit durch soziokulturelle Umgebung: Handlungsprinzipien, Feedback, Fehlerkultur.

  1. Entwickelt gemeinsam mit Euren Mitarbeitern Handlungsprinzipien, denen Ihr als Unternehmen folgt. Das sind einerseits organisationale Prinzipien, andererseits soziale Spielregeln.
  2. Etabliert eine ehrliche und wertschätzende Feedback-Kultur. Dazu gehört auch Feedback „von außen“, beispielsweise durch Kunden und Partner (quantitatives und qualitatives Feedback). Nutzt dieses Feedback für den nächsten Punkt:
  3. Einen guten Umgang mit Fehlern schaffen. Wandelt Scheitern und Frustrationserfahrungen in Lernerfahrungen für Eure Mitarbeiter um.

Übung:

  • Wenn Euer Unternehmen eine Person wäre – mit welchen Adjektiven würde man sie/ihn beschreiben? Wäre es eine sympathische Person?
  • Wenn Ihr auf Knopfdruck drei Dinge in Eurem Unternehmen ändern könntet: Welche drei wären es? Wie viele davon beziehen sich auf Unternehmenskultur?
  • Was für Mitarbeiter zieht Euer Unternehmen an? Wen würdet Ihr am liebsten anziehen?
  • Welche ungeschriebenen Gesetze Eures Unternehmens wären es wert, aufgeschrieben zu werden?

Organisationale Umgebung

Neben physischer und soziokultureller Umgebung ist für die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens die organisationale Umgebung wichtig: Arbeitsprozesse, Strukturen und Abläufe.

Unternehmen wachsen um ihre Aufgaben herum. Diese Aufgaben ändern sich unter Umständen im Laufe der Zeit, die Organisation aber bleibt, wie sie ist. Organisationale Trägheit und Wandelbarrieren sorgen dafür, dass neue Anforderungen – wie gesteigerte Innovationskraft – in überholten Strukturen nicht effektiv umgesetzt werden können. Große Kreativitätspotenziale bleiben auf der Strecke, weil die bestehende organisationale Umgebung sie blockiert.

Mehr Innovationsfähigkeit durch organisationale Umgebung: Ziele haben, Bestehendes überprüfen, Wandelbarrieren abbauen.

1. Innovationsfähigkeit als Ziel definieren. Dazu gehört auch, zu definieren, wie Innovationsfähigkeit gemessen wird und was die Ergebnisse sein sollen. Ebenso müssen entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden.
2. Bestehende Arbeitsprozesse überprüfen. Identifiziert, wo Ideen entstehen, stecken bleiben oder umgesetzt werden.
3. Neue Ideen bedeuten Wandel – deshalb Wandelbarrieren abbauen. Mitarbeiter an der Veränderung von Strukturen beteiligen („Not-invented-here-Syndrom“ vermeiden).

Übung:

  • Was war die größte Veränderung in Eurem Unternehmen in den letzten sechs Monaten? Was hat sich im Vergleich vorher/nachher verändert?
  • Zeichnet ein Organigramm Eures Unternehmens. Wie sähe dieses Organigramm aus, wenn jeder Bereich je nach Macht größer oder kleiner wäre?
  • Eine junge Idee ist wie ein junger Baum: Ein kleines, zartes Pflänzchen. Wer kümmert sich darum, dass kleine Ideen nach und nach zu großen Bäumen weiterentwickelt werden?
  • Inwiefern werden Änderungswünsche und Vorschläge von Mitarbeitern ernst genommen? An welchem Punkten können sie das Unternehmen mitgestalten?

Der dritte und letzte Artikel der Reihe wird sich damit beschäftigen, wie Arbeitsprozesse im Hinblick auf kreative Leistungen strukturiert werden müssen.

Bild: © panthermedia.net / Dmitriy Shironosov