Kapitalbeteiligung Mitarbeiterbeteiligung berechnen

Erfolgsbeteiligung und Kapitalbeteiligung

Mitarbeiterbeteiligung (MAB) in deutschen Unternehmen ist ein Sammelbegriff. Im Mittelstand und den großen DAX-Unternehmen kennt man sie in der Regel als Erfolgsbeteiligung. Die Mitarbeiter werden in Form einer Tantieme, eines „13./14. Gehalts“, einer Sonderzahlung oder Bonus am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Eine Kapitalbeteiligung stellt eine weitere Option dar, ist aber im Vergleich zur Erfolgsbeteiligung eher die Ausnahme.

Anders sieht es bei Startup-Unternehmen aus. Hier ist die Kapitalbeteiligung sowohl für die Gründer selbst als auch für die Mitarbeiter des Startups ein wesentliches Instrument. Man könnte es auch als „Standard“ bezeichnen. Um die Unternehmensidee verwirklichen zu können, braucht das Jungunternehmen schnell Top-Leute, jedoch stehen nur begrenzt liquide Mittel zur Deckung dieses Personalbedarfs zu Verfügung. Die Gehälter, die qualifiziertem Personal in etablierten Unternehmen gezahlt werden, können von einem Startup, das am liebsten jeden Euro in die Produktentwicklung stecken würde, nicht gezahlt werden.

Da verspricht die Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter eine charmante Lösung zu sein. Damit kann zum einen das geringere Gehalt durch die Chance auf einen – in der Zukunft – sehr wertvollen – Anteil am Unternehmen ausgeglichen werden und durch den Wandel vom Mit-Arbeiter zum Mit-Unternehmer ist neben dem Gründer auch das Key-Personal auf den Unternehmenserfolg fokussiert, was die Motivation der Mitarbeiter wiederum positiv beeinflusst.

Was für Startups bei der Mitarbeiterbeteiligung zu beachten ist; ein Rechenbeispiel zur Verteilung der Anteile; was Dilution und Vesting bedeutet und über welche Instrumente die Beteiligung in Deutschland am besten gelingt, verraten die folgenden Abschnitte.

Generelle Verteilung

Um zu entscheiden, wer wie stark am Unternehmen beteiligt werden soll, kann man sich einer einfachen Formel bedienen.

Das heißt, man sollte n% des Unternehmens abgeben, wenn der Gegenwert, den man für die Anteile bekommt (in diesem Fall Mitarbeiter), die Erfolgschancen des Startups stark genug erhöht, dass die verbleibenden
 der Gründer am Ende mehr wert sind als das Startup zuvor.

Anders ausgedrückt, wenn i der durchschnittliche Zuwachs an Umsatz, Gewinn oder Nutzerzahlen durch den neuen Mitarbeiter ist, dann hat dieser einen Wert n, sodass

Damit gilt:

Als Beispiel sei an folgendes Startup gedacht. Nehmen wir an, das Startup besteht derzeit aus zwei Gründern mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund. Die Gründer wollen jetzt ihren ersten Mitarbeiter einstellen, der als Ingenieur/IT-Spezialist so gut ist, dass er die Erfolgschancen des Startups um 20 Prozent erhöht.

Somit liegt der „Break-Even“ für die Gründer bei einer Mitarbeiterbeteiligung von 16,7 Prozent. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Unternehmensanteile nicht die einzigen Kosten sind, die für den Mitarbeiter entstehen. Das Gehalt und die Overhead-Kosten müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

Um diese miteinzubeziehen, kann man die jährlichen Kosten pauschal mit 1,5 multiplizieren. Und da Unternehmen an den Mitarbeitern profitieren müssen um zu wachsen, sollte der neue Mitarbeiter lohnenswerter als der Break-Even sein.

Ein Beispiel:

Nehmen wir an, das Startup will einen „Gewinn“ von 50 Prozent an dem neuen Mitarbeiter aus dem obigen Beispiel machen. Die 16,7 Prozent sind sein Bruttopreis (150 Prozent). Davon ziehen wir ein Drittel ab und kommen zu einem Netto-Preis von 11,1 Prozent (100 Prozent). Nehmen wir weiter an, der MA kostet 70.000 Euro an Gehalt und Overhead, mal 1,5 = 105.000 Euro insgesamt. Wenn das Startup zu dem Zeitpunkt zwei Millionen Euro wert ist, sind
und
Das Startup sollte dem neuen Mitarbeiter also 5,85 Prozent der Unternehmensanteile anbieten.

Wichtig hervorzuheben ist, dass nach obigem Modell der derzeitige Unternehmenswert und die Bedeutung des Mitarbeiters für das Startup die wesentlichen Treiber zur Bestimmung der Beteiligungsquote sind. Damit ist auch klar, warum die ersten Mitarbeiter noch stärker beteiligt werden als beispielsweise der elfte Mitarbeiter. Der Produktivitätszuwachs von zwei Gründern auf zwei Gründer und einen Mitarbeiter ist wesentlich größer als der Produktivitätszuwachs von zehn auf elf Mitarbeiter.

Nachdem geklärt worden ist, wie viele Anteile ein neuer Mitarbeiter bekommen sollte, können wir uns auf die Auswirkungen auf die Beteiligungsverhältnisse konzentrieren. Hier geht’s zu Seite 2 – „Dilution und Vesting“.

BILD: KATYSPICHAL / PANTHERMEDIA

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Dilution

Das Startup startet mit einem Gründer oder Gründerteam, das 100 Prozent der Anteile hält. Im Laufe der Zeit, nachdem man Mitarbeiter eingestellt und Geld von Business Angels oder Venture-Capital-Gesellschaften aufgenommen hat, werden die Eigentumsverhältnisse verwässert. Man spricht von Dilution. Die erste Reaktion darauf ist oft negativ. Wer will schon freiwillig seine Anteile an einem Unternehmen für spätere Investoren und/oder Mitarbeiter abgeben?

Grundsätzlich werden die Gründer und ersten MA am meisten verwässert, weil sie am Anfang stehen. Doch im Gegensatz zur ersten Reaktion ist Dilution nichts Schlechtes. Es ist ein normaler Bestandteil der Wertgenerierung in Startups. Hier lohnt sich anzumerken, dass selbst wenn der Gründer zuvor 100 Prozent der Anteile, bei einer Bewertung von einer Million Euro, gehalten hat, er nach einigen Finanzierungsrunden und vielen Einstellungen mit einem Anteil von 40 Prozent, bei einer Bewertung von 25 Millionen Euro, zehnmal besser im Vergleich zum Alleineigentümer fährt.

Das folgende Rechenbeispiel soll klar machen, wie Verwässerung in Startups über die Zeit zustande kommt:

1) Gründer starten das Startup als Alleineigentümer und halten 100 Prozent der Anteile.

2) Gründer geben fünf bis zehn Prozent ihrer Anteile an die ersten Mitarbeiter. Nehmen wir für das Beispiel an, dass sie 7,5 Prozent der Anteile abgeben. Damit halten die Gründer noch 92,5 Prozent und die Mitarbeiter 7,5 Prozent.

3) Nachdem das Produkt bei den ersten Kunden gut ankommt und die Gründer überzeugt sind ein Bedarf im Markt zu decken, entscheiden sie sich, eine erste Seed-Finanzierungsrunde mit Business Angels durchzuführen. Diese Frühinvestoren wollen zwischen fünf und 20 Prozent der Anteile am Unternehmen für ihr eingebrachtes Kapital haben. Der Einfachheit halber bekommen die Business Angels in diesem Fall zehn Prozent der Anteile. Damit halten die Gründer noch 83,25 Prozent (92,5 x 0,9) und die ersten Mitarbeiter 6,75 Prozent (7,5 x 0,9) und die Investoren zehn Prozent.

4) Nach dem vielversprechenden Wachstum des Startups benötigt es, um das Wachstum aufrechtzuerhalten, weiteres Geld, um beispielsweise in Marketing und Vertrieb zu investieren. Es sucht weitere Investoren für eine größere Finanzierungsrunde. Die Wagniskapitalgeber konnten die Gründer überzeugen, 20 Prozent der Unternehmensanteile abzugeben und weitere zehn Prozent der Anteile als Anteilspool für neue Mitarbeiter bereitzustellen. Die Verwässerungskette sieht folgendermaßen aus:

Wenn der zehn-prozentige Pool für neue Mitarbeiter aufgesetzt wird, werden alle bisherigen Anteilseigner um 12,5 Prozent verwässert, da der Pool nach der VC-Runde zehn Prozent betragen soll. Damit gehören den Gründern jetzt noch 72,8 Prozent (83,25 x 0,875), den Business Angels 8,75 Prozent (10 x 0,875) und den Mitarbeiten 18,4 Prozent (6,8 x 0,875 plus 12,5 Prozent Pool).

Nach Abschluss der VC-Runde werden nochmal alle vorherigen Eigentümer um 20 Prozent verwässert. Die Gründer besitzen noch 58,3 Prozent (72,8 x 0,8), die Business Angels sieben Prozent (8,75 x 0,8), die Mitarbeiter 14,7 Prozent (18,4 x 0,8) und die VCs 20 Prozent. Innerhalb der 14,7 Prozent der Mitarbeiter ist der Pool-Anteil nun zehn Prozent.

5) Zuletzt wollen die Gründer eine weitere Finanzierungsrunde durchführen. Das Produkt funktioniert auf dem Heimatmarkt so gut, dass sie international expandieren wollen. In der Runde bekommen die neuen VCs 25 Prozent der Anteile und der Pool für Mitarbeiter wird „aufgefüllt“, sodass er nach der Runde wieder bei zehn Prozent liegt. Die Auswirkungen dieser Runde, ebenso wie die der vorherigen, sind in untenstehender Tabelle nachzusehen.


Nachdem eine Methode zur Berechnung der Mitarbeiteranteile und der Effekt der Verwässerung erklärt worden ist, kommen wir zum letzten wichtigen Teil, den man bei der Beteiligung von Mitarbeitern am Startup wissen sollte: Vesting.

Vesting

Vesting beschreibt den Prozess, bei dem Mitarbeiter sich ihre Unternehmensanteile über die Zeit verdienen, das heißt, man sichert dem Mitarbeiter zwar bei Einstellung beispielsweise fünf Prozent des Unternehmens zu, jedoch bekommt er diese fünf Prozent Stück für Stück im Laufe der Unternehmenszugehörigkeit.

Typischerweise lässt man Mitarbeiteranteile über vier Jahre vesten. Damit erhält der Mitarbeiter pro Jahr 25 Prozent der Anrechte auf seinen Unternehmensanteil. In den vier Jahren ist häufig noch eine sogenanntes Cliff Vesting im ersten Jahr eingebaut. Damit sammelt man solange keine Anteile, bis man eine einjährige Firmenzugehörigkeit hat. Nach einem Jahr bekommt man die 25 Prozent auf einmal und danach kann monatlich oder quartalsweise gesammelt werden.

Mit Vesting und insbesondere dem Cliff Vesting zu Beginn der Beschäftigung schützt das Startup sich vor Fehleinstellungen. Wenn sich herausstellt, dass einer der ersten Mitarbeiter (die in der Regel noch einen vergleichsweise hohen Anteil am Unternehmen bekommen) nicht zur Unternehmenskultur passt, oder nicht den erhofften Mehrwert bringt, kann man noch früh gegensteuern und hat keine wertvollen Anteile verloren.

Die Beispiele zur Bestimmung der Anteilshöhe für Mitarbeiter und zur Vesting-Struktur sind bewusst anschaulich und einfach gestaltet. In Wirklichkeit nimmt der Komplexitätsgrad schnell zu, unter anderem durch vorrangige Liquidationsrechte der Kapitalgeber, und den Wunsch, Key-Mitarbeiter langfristig (lies: länger als die Vesting-Periode) ans Unternehmen zu binden. Daher lohnt es sich bei Themen der Mitarbeiterbeteiligung immer, sich Unterstützung durch Berater mit Erfahrung in solchen Strukturen zu holen.

Gleichzeitig zu den Überlegungen, wen man am Unternehmen beteiligen und in welcher Höhe man dies tun möchte, müssen sich die Gründer überlegen, auf welche Art und Weise dies am geschicktesten umgesetzt werden kann. Mit der Rechtsform der AG ist die Beteiligung über Belegschaftsaktien am einfachsten zu realisieren. Die meisten deutschen Startups firmieren jedoch als GmbH. Hier können die Mitarbeiterbeteiligungs-KG und Virtual Stock Options als sinnvolle Beteiligungsstrukturen genannt werden. Zu beiden Themen finden sich auch auf Gründerszene detaillierte Informationen.

BILD: KATYSPICHAL / PANTHERMEDIA