Fahren mit einer mobilen Ladesäule durch Berlin: Christian Lang, Paul Stuke und Philipp Anders (v.l.)

Wenn ein E-Auto mal liegen bleibt, kann das teuer werden. Schließlich lässt es sich nicht, wie das Verbrennerfahrzeug, mit einem Spritkanister innerhalb von Minuten wieder betanken. Stattdessen muss Strom her, der Ladevorgang dauert in der Regel mehrere Stunden. Was also tun? Abschleppen? Ein Notstromaggregat herankarren?

Muss nicht sein, finden drei Berliner Gründer – und haben eine Art mobile Ladesäule entwickelt, die zum E-Auto gefahren werden kann. Nicht mit dem Auto, sondern per Fahrradkurier, so die Idee von Christian Lang (CEO), Philipp Anders (COO) und Paul Stuke (CTO). Gemeinsam hat das Trio in diesem Herbst in Berlin Chargery gegründet. Ihre Idee: eine mobile Ladesäule in Form eines Fahrradanhängers. In einem silbernen Kasten, etwa so groß wie eine Umzugskiste, sind 12 Batteriepacks mit einer Gesamtkapazität von 24 Kilowattstunden der Berliner Firma Greenpack versteckt.

DriveNow ist der erste Kunde

Insgesamt speichern die Batterien, die an der Steckdose geladen werden können, genug Strom, um einen BMW i3 mit etwa 160 Kilometern Reichweite innerhalb von rund vier Stunden wieder voll aufzuladen, sagt Christian Lang im Gespräch mit NGIN Mobility (Video). Fünf mobile Ladestationen besitzt das Trio derzeit. Weil es sich dabei um Prototypen handelt, sind die noch sehr teuer, wie viel genau, wollen die drei Gründer nicht verraten.

Zu den ersten Kunden von Chargery zählt das Carsharing-Unternehmen DriveNow, hinter dem BMW und die Autovermietung Sixt stehen. Etwa 150 E-Autos gehören in Berlin zur DriveNow-Flotte. Täglich lädt Chargery drei bis fünf davon mit einer der mobilen Ladesäulen wieder auf, derzeit steigen die drei Gründer für jeden Auftrag selbst aufs Rad. Wie viel Geld das Startup pro Ladevorgang kassiert, verrät CEO Lang nicht. Nur so viel: Die Stromkosten belaufen sich pro Anhänger auf etwa sechs Euro – zuzüglich der Kosten für den Fahrer. Wenn DriveNow selbst für das Laden aufkäme, würden inklusive Strom und Personal laut Chargery Kosten in Höhe von bis zu 40 Euro fällig. Der Preis für eine Ladung durch das Startup liege „irgendwo in der Mitte“.

Finanziert hat sich Chargery bisher überwiegend durch das Geld eines Business Angels; eine niedrige sechsstellige Summe sei geflossen, heißt es. Im nächsten Jahr hofft das Startup auf frisches Kapital – um die Expansion in andere Städte finanzieren zu können. Geplant ist außerdem, bald die ersten professionellen Fahrer einzustellen.

Außerdem will Chargery in Zukunft Privatkunden für sich gewinnen. Per App sollen E-Autofahrer dann den Service rufen können, innerhalb von 30 Minuten werde ein Akku-Anhänger vor Ort sein, lautet das Versprechen des Unternehmens.

Für autonome Autos: induktive Laderoboter

Noch ist die Zahl der E-Autos gering, der Markt für Chargery also klein. Doch die Gründer sind zuversichtlich, immer mehr Menschen kaufen hierzulande einen Stromer. Knapp 35.000 E-Autos sind derzeit nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes in Deutschland zugelassen. Auf der anderen Seite hinkt der Ausbau der Infrastruktur hinterher. Insbesondere in der Stadt, wo E-Autofahrer auf öffentliche Lade-Infrastruktur angewiesen sind, fehlt es an freien und funktionierenden Säulen. Deutschlandweit gibt es nach Angaben des Branchenverbandes BDEW rund 11.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte.

Chargery ist nicht das einzige Unternehmen, das mobile Ladesäulen entwickelt. Auch beispielsweise Nomadic Power verfolgt die Idee. Allerdings handelt es sich bei den sogenannten Mobats um Autoanhänger, die auch als eine Art Hilfsbatterie fungieren und dadurch die Reichweite eines Elektroautos verlängern sollen. Von solchen Konzepten wollen sich die Berliner Gründer klar abheben. Chargery richte sich an die Menschen in der Stadt, der Dienst per Rad soll ein schnelles Durchkommen garantieren und dem privaten E-Autofahrer irgendwann den kompletten Ladevorgang abnehmen.


Für die Zukunft mit autonomen Autos hat das Startup auch eine Idee parat: Irgendwann einmal könnte eine Lade-Roboter durch die Straßen fahren und die elektrischen Fahrzeuge induktiv laden. Bis dahin dürfte es aber noch eine ganze Weile dauern.

Bild: Jana Kugoth für NGIN Mobility / Gründerszene
Video: Marco Weimer / Jana Kugoth