Die Autobauer machen viel Lärm – und verpennen trotzdem den Wandel.

Ein bisschen erinnert die E-Mobilitätskampagne der letzten Jahre an den Berliner Flughafen. Es wird viel darüber geredet, aber es bleibt eine Dauerbaustelle. Die Hersteller stecken zwar gerade Milliardensummen in die neue Technik, Online-Plattformen und vor allem in die Werbung. Doch gleichzeitig sollte man nicht dem Hype verfallen, den die Industrie in diesem Jahr mit ihrer Marketingkeule anzetteln wollte.

Denn das, was da in den nächsten zwei Jahren auf den Markt kommt, sind nur die ersten Gehversuche – und sehr teure noch dazu. Weder der Daimler EQ, noch der Audi e-tron oder der Jaguar i-Pace werden unter 60.000 Euro zu haben sein. Es sind Spielzeuge für reiche Nerds und Leuchttrumprojekte der Hersteller. Sie taugen nicht, um die Revolution im Strassenverkehr anzutreiben.

Richtig los geht es erst, wenn Massenhersteller wie VW, Toyota oder Kia auf den Zug aufspringen und billige E-Autos auf den Markt werfen, die sich jedermann leisten kann. Das wird aber erst passieren, wenn es in Deutschland genug Ladesäulen gibt und die Reichweite der Fahrzeuge gleichzeitig auch im Winter bei mindestens 400 Kilometern liegt. Wenn man den Experten glauben schenken darf, wird das nicht allzu bald passieren.

Tatsächlich rechnen selbst die Hersteller nicht mehr damit, dass vor dem Jahr 2025 mehr als 25 Prozent aller verkauften Autos einen Elektromotor haben werden. Woher auch, die meisten Fahrzeuge kommen erst 2021 auf den Markt. Die eine Million Elektroautos, welche die Bundesregierung anfänglich bis 2020 auf den Straßen sehen wollte, wird man vermutlich nicht vor 2025 wahrnehmen. Wenn überhaupt.

Aber nicht nur die Hersteller sind schuld an der schleppenden Umsetzung der versprochenen Revolution. Es hakt an allen Ecken und Enden. Allein die gesetzlichen Regelungen für das autonome Fahren sind unausgegoren und werden zudem in den Ländern unterschiedlich ausgelegt. Während man in Deutschland seit Juni 2017 autonome Fahrzeuge des Level 3 zugelassen sind, darf man in Österreich damit nicht auf die Straße. Was ein Grund dafür ist, warum zum Beispiel Audi den neuen A8 nicht mit der neusten Technologie auf die Straße schickt. Der Fortschritt wird mal wieder in den Amtsstuben ausgebremst.

Man muss sich also noch auf einen langen Weg einstellen. Wie bei den Herstellern, benötigen die Länder und Kommunen teilweise noch Jahre um die Digitalisierung voran zu bringen. So vermeldete zum Beispiel das Land NRW vor kurzem, dass man bis 2031 für jeden Bürger eine elektronische Akte haben würde. Bis dahin will Elon Musk mehrfach zum Mars fliegen und Tesla zum Großserienhersteller machen. Die Chance, dass Musk sein Vorhaben erfolgreich umsetzt, sind vermutlich größer, als das sich die Bürokratie in Deutschland digitalisiert. Die Revolution in der Mobilität wird kommen. Das steht fest. Es wird halt nur etwas dauern – wie immer in Deutschland.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobil-Branche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

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