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bitcoin mycoin Bis zu 300 Prozent Rendite: Damit warb die Börse Mycoin und lockte zahlreiche Anleger. Nun ist die Börse geschlossen, 340 Millionen Euro in der virtuellen Währung Bitcoin sind verloren.

Mycoin schließt überraschend die Pforten

Der krisengeschüttelten Digitalwährung Bitcoin droht der nächste Schlag: Betrüger in Hongkong haben augenscheinlich über Monate hinweg Anleger mit dem Stichwort „Bitcoin“ und hohen Renditeversprechen gelockt, nur um nun mit dem investierten Kapital zu verschwinden.

Die Täter betrieben die virtuelle Börse Mycoin, die gestern überraschend die Pforten schloss. Die Nutzer können keine Überweisungen mehr tätigen, haben keinen Zugriff mehr auf ihr angelegtes Geld. Es sei zu befürchten, dass rund drei Milliarden Hongkong-Dollar (342 Millionen Euro) verloren seien, sagte der örtliche Abgeordnete Leung Yiu-chung.

Bei seinem Büro hätten sich Dutzende besorgte Anleger gemeldet – allein in den vergangenen zwei Tagen seien mehr als 30 Fälle zusammengekommen. „Wir schätzen, dass mehr als 3.000 Menschen betroffen sind.“

Ein ausgeklügeltes Schneeballsystem

Wie hoch der Schaden tatsächlich ist, lässt sich noch nicht absehen – die Schätzung von drei Milliarden Hongkong-Dollar basiert augenscheinlich auf der Eigenwerbung in Internet von Mycoin, dass bislang 3.000 Kunden jeweils eine Million Hongkong-Dollar angelegt hätten. Da aktuell weltweit nur etwa 2,8 Milliarden Euro in Bitcoin angelegt sind, ist es aber relativ unwahrscheinlich, dass Mycoin tatsächlich so viel Kapital verwaltet hat.

Die Werbung diente vor allem dazu, weitere Anleger anzulocken und in Sicherheit zu wiegen, in Wirklichkeit dürfte die insgesamt von Mycoin veruntreute Summe deutlich niedriger liegen. Erste Untersuchungen der lokalen Behörden zeigen zudem, dass die Täter das ihnen anvertraute Geld nie in Bitcoins investiert haben.

Laut Recherchen von lokalen Medien hatten die Täter mit Mycoin über Monate hinweg ein ausgeklügeltes Schneeballsystem angelegt. Eines der Opfer erklärte gegenüber der South China Morning Post, die Täter hätten ihre Kunden dazu aufgefordert, weitere Investoren zum Einstieg zu überreden, um ihr Geld zurückzubekommen, auch seien Sachpreise wie ein Mercedes-Neuwagen versprochen worden.

Die Täter warben zudem mit atemberaubenden und völlig unrealistischen Gewinnerwartungen von über zweihundert Prozent Rendite: Die Investoren sollten je 400.000 Hongkong-Dollar in einen Bitcoin-Fonds stecken, der innerhalb von vier Monaten eine Auszahlung von einer Millionen Dollar pro Investor bringen sollte.

Börsengang angekündigt

Dafür warben die Täter auf Verkaufsveranstaltungen in lokalen Fünfsternehotels und woben ein elaboriertes Täuschungssystem: Sogar ein Börsengang an der Hong Kong Stock Exchange wurde angekündigt und nie umgesetzt, zudem betrieben die Täter ein lokales Büro mit einem angeblichen Bitcoin-Geldautomaten.

Erst als das Büro vor einigen Tagen überraschend für „Renovierungen“ geschlossen wurde, schöpften die ersten Opfer Verdacht. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Geschäftsführer von Mycoin bereits seit über einem Monat abgesetzt, die nun eingetragene Firmenchefin ist eine Chinesin, die laut South China Morning Post noch 167 weitere Briefkastenfirmen leiten soll.

Die jüngste Kursentwicklung ist ohnehin nicht dazu angetan, Vertrauen in Bitcoin als Geld zu schaffen. In den letzten zwei Jahren war die digitale Währung vor allem ein Spekulationsobjekt. Notierte der Bitcoin Anfang 2013 noch bei knapp über zehn Euro, so schienen die Notierungen zwischenzeitlich Richtung 1.000 Euro zu streben. Noch vor gut einem Jahr wurde ein Bitcoin für mehr als 700 Euro gehandelt.

Bitcoins werden in Sekundenschnelle weggetauscht

Doch seither geht es unter starken Schwankungen bergab. In Euro gerechnet verlor das Kryptogeld 2014 mehr als 50 Prozent an Wert. Dieses Jahr ging es weitere 26 Prozent bergab.

Der Kursverlust straft die Apologeten Lügen, die darauf spekulierten, dass der Bitcoin mit steigender Verbreitung immer weiter an Wert gewinnen würde. Zwar spricht der Zahlungsdienstleister BitPay von weltweit nun mehr als 50.000 Akzeptanzstellen für die frühere Hackerwährung. Das sind mehr als doppelt so viele wie vor einem Jahr.

Doch mit der zunehmenden Verbreitung steigt keineswegs die Neigung, den Bitcoin für längere Zeit zu halten. Vielmehr nehmen die meisten Geschäfte den Bitcoin jetzt deshalb so bereitwillig an, weil sie eine Software haben, die ihn in Sekundenschnelle in Euro, Dollar, Pfund oder ein anderes gesetzliches Zahlungsmittel tauscht.

In wenigen Augenblicken weggetauschte Bitcoins erzeugen an den Handelsplätzen aber keine zusätzliche Nachfrage nach der digitalen Währung, die nötig wäre, um die Notierungen nach oben zu treiben. Da das Angebot über Mining leicht wächst, gerät der Kurs unter Druck.

Ökonomisch gesehen fehlen dem Bitcoin zwei wichtige Geldfunktionen: die der Wertaufbewahrung und die der Recheneinheit. Skandale wie jetzt in Hongkong tun ein Übriges, den Ruf des Bitcoin als Währung zu unterminieren.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Welt.

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