MyParfum Entlassungen

MyParfum: Team wird halbiert

Manchmal wachsen Startups schneller, als es gut für sie ist. So geschehen bei der auf maßgeschneiderte Duftnoten fokussierten Online-Parfümerie MyParfu(e)m (www.myparfum.de), auf gut 60 Mitarbeiter war das Team zwischenzeitlich angewachsen. Weil parallel die Kosten schneller angestiegen sind als der Umsatz, so erklärt Geschäftsführer Matti Niebelschütz gegenüber Gründerszene, hat das Berliner Jungunternehmen nun die Notbremse gezogen und 13 Mitarbeiter entlassen, mehr als die Hälfte davon festangestellte.

Betroffen sind neben der (Lohn-)Buchhaltung oder einer Duftexpertin dabei insbesondere die Bereiche Marketing und PR. Gut zwei Wochen ist es her, dass die Online-Parfümerie einen Media-Deal mit SevenVentures bekannt gab: Zwölf Prozent der Geschäftsanteile bekam die ProsiebenSat.1-Mediengruppe als Gegenleistung für Werbezeit auf den zugehörigen Sendern.

Mit den bisherigen Streichungen werde nicht Schluss sein. Wie Niebelschütz lobenswert offen darlegt, werde das Kernteam bis Anfang 2013 auf insgesamt 25 zumeist festangestellte Mitarbeiter verkleinert. Neue Entlassungen soll es dazu nicht geben, stattdessen würden befristete Verträge nicht verlängert.

In den betroffenen Bereichen setzt MyParfum künftig auf extern eingekaufte Dienstleistungen, womit man nicht zuletzt dem stark saisonbedingten Geschäft Rechnung tragen will. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, dass die Aktivitäten im Parfüm-Geschäft besondern im Vorfeld von Weihnachten, Valentinstag oder Muttertag ein Hoch erleben, während sie im Sommer eher brach liegen – entsprechend schlagen fixe Kosten auf die Ertragslage durch.

Keine bevorstehende Insolvenz

Zuvor an Gründerszene herangetragene Vorwürfe wie verspätete oder sogar bereits länger ausstehende Gehalts- oder Bonizahlen weist Niebelschütz derweil von sich. Auch stehe MyParfum nicht vor einer möglichen Insolvenz, wie es gerüchteweise hieß. Lieferungen an Kunden würden ebenfalls pünktlich erfüllt. Zu den Umständen des Weggangs des erst Ende September 2011 zu MyParfum gekommenen CMO Pierre-Paul Frey, der das Unternehmen bereits im Sommer dieses Jahres wieder verlassen hatte, wollte sich Niebelschütz nicht detailliert äußern. Man habe unterschiedliche Ansichten bei der zukünftigen Strategie gehabt, hieß es knapp.

Erst im Oktober hatte Mitgründer Niebelschütz durch eine ungewöhnliche Aktion auf sich aufmerksam gemacht: Er kündigte an, zehn Prozent seiner Anteile an die 137 aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmen auszuzahlen – allerdings ohne Mitspracherecht oder Möglichkeit, sie vor einem Exit zu veräußern.

Zwischen 0,01 und einem halben Prozent gab es für die Mitarbeiter, je nach Zeit beim Startup. Die Anteilspakete hätten einen Wert zwischen Tausend und einigen zehntausend Euro, grob gerechnet entspricht dies einer Bewertung des Unternehmens von mehreren Millionen Euro. Ein ebenfalls interessantes Detail in diesem Zusammenhang: MyParfum schreibe schwarze Zahlen, hatte Niebelschütz sich von der Wirtschaftswoche zitieren lassen.

Unverändertes Geschäftsmodell

Dass MyParfum sich nun von einem beträchtlichen Teil der Mitarbeiter trennen muss, bezeichnet Niebelschütz als bedauerlich – gleichwohl sei der Schritt angesichts des explodierenden Kostenapparats unvermeidbar gewesen. Auch wenn er sich zum Ergebnis des laufenden Jahres erst in einigen Wochen äußern will, für 2011 Jahr hatte das Unternehmen noch einen Jahresüberschuss ausgewiesen.

Dies steht zumindest zu einem gewissen Grad weiteren Gerüchten entgegen, dass das Unternehmen bereits nach dem Aus des Kosmetik-Ablegers Choice of Nature im September 2011 knapp vor einer Insolvenz gestanden habe. Mit recht offenen Worten hatte Niebelschütz damals das „grandiose Scheitern“ kommentiert.

Auch nach der gegenwärtigen Schrumpfkur soll sich am grundlegenden Geschäftsmodell des 2008 ursprünglich von Niebelschütz, seinem Bruder Yannis und Patrick-André Wilhelm gegründeten Startups – die beiden letzteren hatten sich schon bald zu neuen Wegen aufgemacht – nichts ändern. Im kommenden Jahr sei nach dem bereits erfolgten Österreich-Start eine weitere Internationalisierung angepeilt, und auch an der Webseite sollen Änderungen vorgenommen werden – welche genau, wollte Niebelschütz aber nicht verraten. Dabei baut das Jungunternehmen auf nun wieder kürzere Prozesswege und mehr Flexibilität.

Bildmaterial: sjon / Flickr